19388 KILOMETER lang wäre die Strecke aller aneinandergereihten Seismogramme, die die Erdbebenstation der Universität zu Köln seit 1975 aufgezeichnet hat. Das entspricht fast dem halben Erdumfang. Ein Ende der Papierflut ist noch lange nicht in Sicht, denn jede Woche kommt ein neuer Bogen mit 610 Metern hinzu.
Die Erdbebenstation in Bensberg wurde gegründet, nachdem im März 1951 ein Beben in der Nähe von Euskirchen erhebliche Sachschäden anrichtete und elf Menschen verletzte. Damals stellte man fest, dass es im ganzen Rheinland keine Erdbebenstation gab, die Seismogramme für eine wissenschaftliche Bearbeitung hätte liefern können. Seitdem messen Seismologen der Universität zu Köln deshalb vor allem die Bebenaktivität in der Niederrheinischen Bucht – ein Gebiet, das zu den erdbebengefährdetsten Regionen Deutschlands zählt.
Für die ersten Seismogramme verwendeten sie noch aufwendig hergestelltes Rußpapier. Später zeichneten sie die Erdbebenwellen dann mit Fotopapier auf, das ab 1975 durch große Papierstreifen und Tintenregistrierung abgelöst wurde. Seit Ende der 90er Jahre erfolgt zudem die digitale Verarbeitung der Messdaten.
Doch trotz der modernen Computeraufzeichnung verwenden die Seismologen auch heute noch zusätzlich das altbewährte Papier. Das hat nicht allein nostalgische Gründe: Auf dem Computer sehen die Wissenschaftler zwar viele Details, doch ähnlich wie bei einem Navi für das Auto immer nur einen kleinen Ausschnitt. Wollen sie aber schnell feststellen, ob sich an einem bestimmten Tag und Ort ein Beben ereignet hat, so bietet das Papierseismogramm ganz einfach den besseren Überblick.