Möchte als Lehrer mehr anbieten können als Englisch und SoWi-Unterricht
Raffael Misakian
"Die Förderung ist für einen Studenten ohne Einkommen wie mich natürlich ein finanzieller Segen. Ich erhoffe mir von dieser zusätzlichen Geldquelle mehr Zeit, die ich direkt in mein Studium „reinvestieren“ kann."Foto: privat
Was studieren Sie? Sind Sie zufrieden mit Ihrer Wahl?
Ich studiere Englisch und Sozialwissenschaften auf Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen. Noch befinde ich mich im 5. Semester im Bachelorstudium.
Mit meiner Wahl bin ich mittlerweile sehr zufrieden. Bei meinen beiden Fächern hatte ich nie die Sorge, dass sie für mich uninteressant oder vielleicht sogar zu schwierig werden könnten. Als Lehramtsstudent hat man gerade zu Studienbeginn noch Zweifel, ob man denn wirklich als Pädagoge taugt. Man studiert schließlich zwei Fächer mit dem Ziel, diese auch unterrichten zu können. Nach Praxisphasen und Auslandserfahrungen bin ich mittlerweile insgesamt deutlich sicherer geworden und freue mich schon aus den Tag, an dem ich eingestellt bin und vor Klassen unterrichte.
Seit wann erhalten Sie die Förderung durch das Deutschlandstipendium?
Ich werde seit Oktober 2020 durch das Deutschlandstipendium gefördert.
Was hat sich dadurch für Sie verändert bzw. welche Chancen versprechen Sie sich durch das Deutschlandstipendium?
Die Förderung ist für einen Studenten ohne Einkommen wie mich natürlich ein finanzieller Segen. Ich erhoffe mir von dieser zusätzlichen Geldquelle mehr Zeit, die ich direkt in mein Studium „reinvestieren“ kann. Dies möchte ich mit Beginn des neuen Semesters direkt in die Tat umsetzen, indem ich extracurriculare Kurse in Bereichen, die mich besonders interessieren, besuche. So kam im Zuge der Diskussionen um das Unterrichtsfach Sozialwissenschaften vermehrt die Forderung auf, den Wirtschaftsanteil zu erhöhen. Da ich ohnehin nicht vom Thema Wirtschaft abgeneigt bin, möchte ich mich hier noch über die innerhalb meines Studiengangs angebotenen Möglichkeiten hinaus weiterbilden – auch privat.
Welche Pläne haben Sie für Ihre berufliche und private Zukunft?
Gerne würde ich im Verlaufe (evtl. auch zum Ende) meines Studiums erneut eine Auslandserfahrung machen, diesmal aber in Verbindung mit einer pädagogischen Tätigkeit. Ich erhoffe mir, weitere pädagogische Erfahrungen im Umgang mit Schüler*innen zu sammeln zu können, um besser auf das spätere Berufsleben vorbereitet zu sein. Meine künftige Vorbildfunktion als Lehrer nehme ich besonders ernst. Mir wäre es insofern besonders wichtig, von den Schüler*innen als erfahren, kompetent und durchsetzungsfähig wahrgenommen zu werden.
Ich würde aber gerne mehr anbieten können als Englisch oder SoWi-Unterricht. Ich würde gerne meine Begeisterung für das Fitnessboxen im Rahmen einer AG außerhalb des Unterrichts weitergeben können. Ich sehe im Fitnessboxen einen idealen Ausgleich zum Lernen und zum Alltagsstress.
Möglich wäre aber auch so etwas wie ein „Debattierclub“ als AG. In meinem Auslandsstudium in England habe ich, wenn auch nur kurz, die englische Leidenschaft für das Debattieren kennenlernen dürfen. An Universitäten zeigt sich dies an regelmäßigen Zusammenkünften sogenannter „Unions“ und Gastvorträgen einflussreicher Politiker, Schriftsteller, Soziologen etc. Ich würde mir wünschen, dass auch hier eine stärkere Debattenkultur verankert werden könnte – die Grundlagen hierfür müsste man bereits in der Schule setzen.
Neben Gedankenspielen zu Arbeitsgemeinschaften ist aber auch die Idee, ein Drittfach zu unterrichten, präsent. Ich würde dies aber zu einem späteren Zeitpunkt angehen wollen.
Haben Sie neben dem Studium Zeit für andere Aktivitäten (freiwilliges Engagement, Hobbies)?
Neben meinem Studium mache ich gerne Sport. Ich bin in einem Boxverein aktiv (aufgrund der Hygienemaßnahmen seit November 2020 wohl eher inaktiv), jogge regelmäßig gerne und spiele bei gutem Wetter Basketball. Daneben finde ich auch Zeit für meinen Mitbewohner, mit dem ich, seit ich 6 bin, immer schon ein Zimmer geteilt habe: mein Klavier. Wenngleich ich durch das Studium eher seltener zum Spielen komme, merke ich vor allen Dingen in Klausurphasen und in den Semesterferien, wie wichtig mir das Klavier ist als Ausgleich, aber auch als eine Art Ideengeber.
Unter Corona hat leider auch mein parteipolitisches Engagement gelitten. Politik ist und bleibt mein Spezialgebiet. Dennoch ist für mich Politik über Zoom nicht mit der Politik von Angesicht zu Angesicht zu vergleichen. Aktuell belasse ich es weitestgehend bei politischer Bildung und lese politische bzw. politikwissenschaftliche Bücher.
Was hat sich in Ihrem Studienalltag durch die Corona-Pandemie verändert? Was waren und sind die größten Herausforderungen?
Dass die Umstellungen durch Corona gewaltig waren, ist kaum erwähnenswert. Ich sehe bisher vor allen Dingen die Chancen. Um nicht zynisch zu klingen sei vorab gesagt: Viele Menschen haben in den vergangenen Monaten unter den vielen Einschränkungen gelitten. Natürlich darf man das nicht vergessen. Für jemanden wie mich, der – und dafür bin ich sehr dankbar – keine schweren persönlichen oder finanziellen Verluste hinnehmen musste, ist diese Zeit des „Zuhausebleibens“ aber auch eine Chance, um beispielsweise neues Wissen aufzubauen.
Endlich mal das Buch, das seit 2 Jahren im Bücherregal verstaubt, lesen. Endlich mal alle Hausarbeiten schaffen und nicht am Tag der Deadline einreichen. Da es abgesehen von einem Spaziergang draußen eh nichts zu tun gibt und man keinen Freunden absagen muss (– das vieldiskutierte Phänomen „Fear Of Missing Out“ lässt grüßen), ist es gleich viel leichter am Schreibtisch zu bleiben.
Nichtsdestotrotz fehlt der persönliche Kontakt an der Universität, ob zu Freundinnen und Freunden oder Dozentinnen und Dozenten. Für Lehrämtler kann die jetzige Situation ohnehin kein Dauerzustand bleiben. In dem Projekt „Weichenstellung“, bei dem ich als Mentor mitwirke und Viertklässler fördere, ist das am besten sichtbar: Man kann zwar Förderstunden auch online gestalten, aber es fehlt der direkte Austausch und es fehlt das pädagogische Experimentieren. Ein Kamerabild allein reicht nun mal nicht aus, um beim Gegenüber Emotionen richtig erkennen und deuten zu können.