Ein neues DFG-Langzeitvorhaben der Papyrologie an der Universität zu Köln (Prof.in Charikleia Armoni, Prof. Jürgen Hammerstaedt) und des Instituts für Altertumswissenschaften (Alte Geschichte) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) untersucht die Organisation herrschaftlicher Verwaltung im multikulturellen Ägypten hellenistischer Zeit (330–30 v. Chr.). Ziel ist es, in den kommenden zwölf Jahren erstmals ein Gesamtpanorama der Administration eines hochorganisierten vormodernen Königreiches zu erstellen. Das ist vor der frühen Neuzeit ausschließlich für den geographischen Raum Ägypten möglich, da sich nur hier aufgrund des trockenen Wüstenklimas tausende Verwaltungsdokumente aller Verwaltungsebenen auf Papyrus erhalten haben. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert mit dem Langfristprogramm Forschungsvorhaben in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die einer kontinuierlichen Förderung von mindestens sieben Jahren Dauer bedürfen und bei denen aufgrund ihrer zentralen wissenschaftlichen Bedeutung, ihrer gründlichen Vorbereitung und durchdachten Planung sowie ihrer professionellen Leitung die DFG eine längerfristige Förderung für begründet hält.
Seit der Zeit Alexander des Großen befand sich Ägypten unter griechischer Fremdherrschaft. Unter den fremden Pharaonen erlebte das Land am Nil eine nie dagewesene und andauernde Immigration aus dem nordöstlichen Mittelmeerraum. Diese ,Neue Welt‘ der Antike befand sich in einem steten Prozess der Transformation. Wie in einer Laborsituation lässt sich hier die Entstehung und Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft beobachten, denn Forscher*innen verfügen allein aus Ägypten über einen Quellenreichtum, der für alle anderen Regionen der vormodernen Welt bis einschließlich ins Hochmittelalter fast gänzlich fehlt. Maßgeblich liegt das an den abertausenden auf Papyrus und Tonscherben (Ostraka) überlieferten Gebrauchstexten aus dem antiken Alltag. Auch das Institut für Altertumskunde der Universität zu Köln verfügt über eine der weltweit größten und bedeutendsten Universitätssammlungen dieser Art, die mehrere Tausende Originalobjekte beherbergt. Derartige Texte liefern einen unverfälschten Einblick in die verwaltungsmäßige und rechtliche Organisation dieser antiken Gesellschaft in ihrer Gesamtheit. „Durch das Langfristvorhaben können wir erstmalig auf der Basis griechischer Papyrusdokumente die Gesamtheit der administrativen Institutionen und der von ihnen gelenkten Vorgänge im hellenistischen Ägypten erfassen“, so Prof.in Charikleia Armoni, Koordinatorin des Langfristvorhabens und Kustodin der Kölner Papyrussammlung.
Das im Juni dieses Jahres von der DFG bewilligte Langzeitvorhaben soll in den nächsten 12 Jahren ca. 6.500 seit dem 19. Jh. publizierte Papyri administrativen Inhalts sammeln und erschließen. Der realitätsbezogene und in der Regel von keiner langfristigen Überlieferungsabsicht beeinflusste Inhalt der in Ägypten verfügbaren Alltagszeugnisse bietet die einzigartige Chance, die Ursprünge zahlreicher Prinzipien und Praktiken herrschaftlicher Verwaltung und Einflussnahme zu identifizieren und in ihrer Weiterwirkung sichtbar werden zu lassen. Ziel des Vorhabens ist es herauszufinden, wie antike herrschaftliche Verwaltung organisiert war. In einem interdisziplinären Ansatz arbeiten dabei nicht nur die beiden Geisteswissenschaften Papyrologie in Köln sowie die Alte Geschichte in Halle, sondern auch die Digital Humanities des Cologne Center for eHumanities (CCeH) zusammen. Die Quellen werden revidiert, historisch ausgewertet und übersetzt. Zusammen mit Abbildungen der Originaldokumente und verschiedenen Metadaten finden sie Eingang in ein dynamisches digitales Textcorpus. Die Ergebnisse der historischen Auswertung sollen in einem mehrbändigen monographischen Werk dargestellt werden, das auf den digitalen Textkatalog Bezug nimmt.
Inhaltlicher Kontakt:
Prof. Dr. Chariklea Armoni
Institut für Altertumskunde
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Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt
Institut für Altertumskunde
+49 221 470 2242
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Presse und Kommunikation:
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