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Pilzerkrankungen in Afrika: Trotz Millionen Betroffener keine adäquate Versorgung

Eine Umfrage in 21 Ländern Afrikas hat ergeben, dass die medizinische Versorgung im Bereich Pilzinfektionen ausgebaut werden muss. Vor allem der Zugang zum Nachweis der Erkrankungen sowie zu adäquater Medikation fehlt / Veröffentlichung in „THE LANCET Microbe“

Gemeinsam mit einem internationalen Expert:innenteam hat Professor Dr. Oliver Cornely, Leiter des Europäischen Exzellenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen an der Uniklinik Köln, in einer Studie die aktuelle Situation der klinischen Mykologie – der Behandlung von Pilzerkrankungen – auf dem afrikanischen Kontinent untersucht und signifikante Defizite aufgezeigt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift THE LANCET Microbe veröffentlicht.

Pilzerkrankungen treten sehr häufig auf. Vor allem der invasive Befall ist schwer zu diagnostizieren und kompliziert zu behandeln. Aufgrund ihrer medizinischen Bedeutung ist die klinische Mykologie in Europa, Nordamerika und Australien längst ein großes wissenschaftliches Gebiet geworden. In vielen ärmeren Ländern wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema der Erkrankungshäufigkeit allerdings nicht gerecht: Dort gibt es viele Infektionen bei niedrigeren Versorgungsstandards.

Etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt auf dem afrikanischen Kontinent. Die Menschen sind einer Vielzahl an Risikofaktoren für Pilzinfektionen ausgesetzt, wie etwa dem eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung, Umweltfaktoren und allgemein schlechten Lebensbedingungen. „Die hohe Belastung durch Pilzinfektionen stellt in Afrika eine große Herausforderung dar, der die Gesundheitssysteme derzeit noch nicht flächendeckend gewachsen sind“, sagt Professor Cornely. „Durch COVID-19 kommt derzeit eine weitere große Herausforderung hinzu. Unsere Untersuchung ist die erste dieser Art, die die mykologische Diagnostik und Behandlung in ganz Afrika betrachtet.“

Die Studie wurde unter Führung der Dachorganisationen ECMM (European Confederation of Medical Mycology) und ISHAM (International Society for Human and Animal Mycology) durchgeführt. Beide haben es sich zum Ziel gesetzt, weltweit die Versorgung von Patient:innen mit schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Pilzinfektionen zu verbessern. Die ECMM ist Dachorganisation von 27 Fachgesellschaften. Zu ihr zählt auch das von Cornely geleitete Europäische Exzellenzzentrum in Köln.

Das Forschungsteam entwickelte einen Fragebogen mit 29 Punkten. Gemeinsam mit Mykolog:innen aus Nigeria, Uganda und Südafrika sollten so unter anderem das Vorkommen verschiedener Krankheitserreger, die Nachweismöglichkeiten in Laboren sowie die Verfügbarkeit von Antimykotika beurteilt werden. Knapp ein Jahr lang war der Fragebogen online und wurde auf verschiedenen Kanälen beworben. Ausgefüllt wurde er hauptsächlich von Universitätskliniken aus 21 afrikanischen Ländern. „Wir sind sehr zufrieden mit der Rücklaufquote von fast 25 Prozent“, resümiert Professor Cornely. „Dies ist keine Selbstverständlichkeit. Ohne eine ausreichende Datenlage können wir aber keine seriösen Ergebnisse und daraus resultierende Verbesserungsvorschläge ableiten.“

Fünf der Institute, die an der Umfrage teilgenommen haben (12,5 Prozent) mit Sitz in Kamerun, Kenia, Nigeria, Sudan und Uganda erfüllen das Minimum der von der ECMM definiert Laboranforderungen. Zu den größten Defiziten der anderen Institutionen gehören vor allem der fehlende Zugang zum Nachweis von Hefen und Schimmelpilzen. Dies ist nur in 30 Prozent der Einrichtungen möglich. Auch der Antigennachweis der Schimmelpilzgattung Aspergillus ist nur in 47,5 Prozent der Institute verfügbar. Ein weiteres signifikantes Problem stellt die Versorgung mit Medikamenten zur Behandlung von Pilzinfektionen wie Amphotericin-B-Desoxycholat, Itraconazol, Voriconazol und Posaconazol dar, die jeweils in 52,5 Prozent, 52,5 Prozent, 35 Prozent und 5 Prozent der Institute verfügbar sind.

Eine ähnliche Studie wird derzeit für Asien von der ECMM und der ISHAM und für Europa von der ECMM durchgeführt. Die Ergebnisse werden bald vorliegen. Eine Teilnahme an beiden Erhebungen ist noch möglich (siehe Link unten).

Das Europäische Exzellenzzentrum für invasive Pilzerkrankungen an der Uniklinik Köln berät bei der Behandlung betroffener Patient:innen konsiliarisch, koordiniert lokale und internationale Forschungsprojekte und gibt Expertise auf dem Gebiet aktiv an ärztliche Kolleg:innen weiter. Professor Oliver Cornely leitet das Exzellenzzentrum an der Uniklinik Köln und hat am CECAD Exzellenzcluster für Alternsforschung der Universität zu Köln die Professur für Translationale Forschung inne. Darüber hinaus ist er wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Klinische Studien Köln (ZKS Köln).
 

Inhaltlicher Kontakt:
Professor Dr. Oliver Cornely
Universitätsklinikum Köln und Medizinische Fakultät der Universität zu Köln
 +49 221 478 85523
oliver.cornely@uk-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Dr. Janina Leckler
+49 221 478 67664
janina.lecklerSpamProtectionuk-koeln.de

Publikation:
https://www.thelancet.com/journals/lanmic/article/PIIS2666-5247(21)00190-7/fulltext

Weitere Informationen:
https://www.ecmm.info/
https://www.isham.org/
https://innere1.uk-koeln.de/klinik/europaeisches-exzellenzzentrum-fuer-invasive-pilzinfektionen/

Studienteilnahme Umfrage zu Asien / Europa:
https://www.clinicalsurveys.net/uc/IFI_management_capacity/