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Apps und Abstandsregeln: Warum wir Corona-Maßnahmen unterstützen oder nicht

Psychologische Studie hat untersucht, welche Faktoren die Motivation beeinflussen, Corona-Apps zu nutzen und Abstandsregeln einzuhalten.

Die Motivation zum Abstandhalten ist umso größer, je höher die Schwere einer eigenen Infektion eingeschätzt wird. Das ist ein Ergebnis einer Studie des Psychologen Professor Dr. Dr. Kai Kaspar von der Universität zu Köln. Professor Kaspar hatte untersucht, welche Faktoren Bürgerinnen und Bürger in Deutschland motivieren, Abstand zu halten oder verschiedene Corona-Apps zu nutzen. Die vollständigen Ergebnisse sind unter dem Titel „Motivations for Social Distancing and App Use as Complementary Measures to Combat the COVID-19 Pandemic: Quantitative Survey Study“ im „Journal of Medical Internet Research“ veröffentlicht.

Zu den aktuellen staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zählen Abstandsgebote („Social Distancing“) und die Empfehlung, Corona-Apps zu nutzen. Die Maßnahmen werden allerdings nicht von allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen unterstützt. Professor Kaspar hat erhoben, was die Gründe dafür sind. 

In seiner Untersuchung zeigte sich, dass die Motivation zum Abstandhalten desto größer ist, je höher die Schwere einer eigenen Infektion eingeschätzt wird. Eine Rolle spielen zudem wahrgenommene Belohnungen für das Nichteinhalten der Abstandsregeln, wie beispielsweise empfundene Freude an engen persönlichen Begegnungen: Werden solche Belohnungen wahrgenommen, so gefährdet dies das Einhalten der angemessenen Abstände. Wenn Menschen davon überzeugt sind, angemessen Abstand zu anderen Menschen einhalten zu können und dass diese Maßnahme tatsächlich dazu beiträgt, Infektionen zu vermeiden, so motivieren diese Wirksamkeitseinschätzungen dazu, Abstandsregeln zu befolgen. Wichtig ist außerdem soziales Verhalten: „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie berichteten eine höhere Motivation, räumlichen Abstand halten zu wollen, wenn ihr Vertrauen in die Motivation ihrer Mitmenschen, ebenfalls Abstand halten zu wollen, hoch war. Solidarität bei der Bekämpfung der aktuellen Pandemie erscheint also sehr wichtig“, erläutert Kaspar.

In seiner Studie hat Professor Kaspar neben dem Abstandhalten die Motivation zur freiwilligen Nutzung zweier Corona-Apps analysiert: zum einen eine App zur Kontaktnachverfolgung im Sinne der Corona-Warn-App, zum anderen die Corona-Datenspende-App des Robert Koch-Instituts. Mit der Corona-Warn-App können die Nutzerinnen und Nutzer Kontakte mit möglicherweise infizierten Personen nachverfolgen und Anderen ihren eigenen Infektionsstatus mitteilen. Mit Hilfe der Corona-Datenspende-App, die Daten von Smartwatches und Fitnessarmbändern auswertet, können Bürgerinnen und Bürger dem Robert Koch-Institut ihre Gesundheits- und Aktivitätsdaten mitteilen. 

Mit Blick auf die Nutzung von Corona-Apps zeigte sich, dass die Motivation zur Nutzung einer Corona-Warn-App höher ausfiel als die Motivation, die Corona-Datenspende-App nutzen zu wollen. „Obwohl beide Apps nicht aktiv vor einer Infektion schützen, erlaubt eine App mit Kontaktnachverfolgung zumindest die Überprüfung kritischer Kontakte, die man mit infizierten Personen hatte. Von der Corona-Datenspende-App profitieren die einzelnen Nutzerinnen und Nutzer demgegenüber nicht direkt, denn diese App zielt auf die Analyse der Verbreitung des Coronavirus“, so Kaspar.

Die Bereitschaft, Corona-Apps nutzen zu wollen, steht in engem Zusammenhang mit der Motivation, Abstand zu halten. Die Motivation, eine Corona-Warn-App nutzen zu wollen, fiel nämlich höher aus, je selbstwirksamer man sich selbst bezüglich des Abstandhaltens einschätzte, je effektiver die Wirkung des Abstandhaltens eingeschätzt wurde und je größer die wahrgenommenen Belastungen waren, die mit dem Einhalten räumlicher Abstände assoziiert sind. „Diese Faktoren haben erst einmal nicht direkt etwas mit der Nutzung von Apps zu tun, sondern mit dem Abstandhalten. Dies zeigt aber, dass die Akzeptanz unterschiedlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie teilweise mit identischen persönlichen Einschätzungen zusammenhängt“, sagt Professor Kaspar.

Die Untersuchung machte außerdem deutlich, dass für die Nutzerinnen und Nutzer das Vertrauen in einen seriösen Umgang mit ihren persönlichen Daten von großer Bedeutung ist. „Je höher das Vertrauen in die Provider offizieller Apps ausfiel und je geringer die Sorge, dass die zur Verfügung gestellten Daten missbraucht werden könnten, desto größer war die berichtete Motivation, sowohl eine Corona-Warn-App als auch die Corona-Datenspende-App nutzen zu wollen. Dieser Zusammenhang gilt auch für die Bereitschaft, den eigenen Infektionsstatus in einer Corona-Warn-App zu hinterlegen“, betont Professor Kaspar.

Inhaltlicher Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Kai Kaspar
Department Psychologie
kkasparSpamProtectionuni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Mathias Martin
+49 221 470-1705
m.martinSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Zur Publikation:
https://www.jmir.org/2020/8/e21613/