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Turbulenz in interstellaren Gaswolken: multi-fraktale Strukturen werden sichtbar gemacht

Deutsch-französisches Kooperationsprogramm GENESIS beschreibt die komplexe Struktur des interstellaren Mediums mit einer neuen mathematischen Methode / Die Zerstreuung interstellarer Turbulenzen in Gaswolken vor der Sternentstehung finden auf kosmisch kleinem Raum statt

In interstellaren Staubwolken müssen Turbulenzen erst zur Ruhe kommen, bevor sich durch die Einwirkung von Gravitation ein Stern bilden kann. Ein deutsch-französisches Forschungsteam hat nun herausgefunden, dass die Bewegungsenergie der Turbulenzen auf in kosmischen Maßstäben sehr kleinem Raum von einem bis zu mehreren Lichtjahren Ausdehnung umgewandelt wird. Auch in der mathematischen Methode kam die Gruppe zu neuen Ergebnissen: Bisher wurde die turbulente Struktur des interstellaren Mediums als selbstähnlich – oder fraktal – beschrieben. Die Forscher:innen fanden heraus, dass es es nicht reicht, die Struktur mathematisch als einzelnes Fraktal zu beschreiben, eine selbstähnliche Struktur, wie man sie aus der Mandelbrotmenge kennt. Stattdessen zogen die Forscher:innen mehrere unterschiedliche Fraktale, sogenannte Multifraktale, hinzu. Mit den neuen Methoden kann man so in astronomischen Bildern Strukturänderungen detailliert auflösen und darstellen. Eine Anwendung in anderen wissenschaftlichen Bereichen wie der Atmosphärenforschung ist ebenfalls möglich. Das deutsch-französische Programm GENESIS (Generierung von Strukturen im interstellaren Medium) ist eine Kooperation zwischen dem Institut für Astrophysik der Universität zu Köln, dem LAB der Universität Bordeaux und dem Geostat/INRIA Institut Bordeaux. In einer Highlight-Veröffentlichung des Magazins Astronomy & Astrophysics werden neue mathematische Methoden vorgestellt, Turbulenz zu charakterisieren und am Beispiel der Musca-Molekülwolke im Sternbild der Fliege angewandt.

Sterne bilden sich in riesigen interstellaren Wolken, die hauptsächlich aus molekularem Wasserstoff - das Energiereservoir jeden Sternes - bestehen. Dieses Material hat zwar eine geringe Dichte, nur einige Tausend bis mehrere Zehntausend Teilchen pro Kubikzentimeter, aber eine sehr komplexe Struktur mit Verdichtungen in Form von 'Klumpen' und 'Filamenten', und schließlich 'Kernen', aus denen sich durch Gravitationskollaps der Materie Sterne bilden.

Die räumliche Struktur des Gases in den Wolken und in deren Umgebung wird durch viele physikalische Prozesse bestimmt, von denen einer der wichtigsten die interstellare Turbulenz ist. Diese entsteht, wenn Energie von hohen Größenordnungen, z.B. galaktische Dichtewellen oder Supernova-Explosionen, auf kleinere Größenordnungen übertragen wird. Turbulenz ist von Strömungen bekannt, in denen eine Flüssigkeit oder ein Gas 'durchgerührt' wird, aber auch Wirbel bilden kann und kurzzeitige Phasen chaotischen Verhaltens zeigt, die sogenannte Intermittenz. Damit sich ein Stern bilden kann, muss das Gas aber zur Ruhe kommen, d.h. die Bewegungsenergie muss sich auf kleinere Größenordnungen zerstreuen, was als Dissipation bezeichnet wird. Danach kann die Gravitation genug Kraft entfalten, um die Wasserstoffwolken zusammenzuziehen um Sterne zu bilden. Es ist also wichtig, die Energiekaskade und die damit verbundene Strukturänderung zu verstehen und mathematisch zu beschreiben.

 

Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Nicola Schneider
Institut für Astrophysik, Universität zu Köln
+49 (0)221-470-8353
nschneidSpamProtectionph1.uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Robert Hahn
+49 (0)221 470 2396
r.hahnSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Publikation:
www.aanda.org/2021-highlights/2182


Weiterführende Informationen zu GENESIS:
https://astro.uni-koeln.de/stutzki/research/genesis