Eine aktuelle Studie eines Teams internationaler Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wirft Licht auf eine ungewöhnliche Wechselbeziehung: Mais kann spezielle Bodenbakterien anlocken, die ihm im Gegenzug beim Wachstum helfen. Die Ergebnisse könnten langfristig zur Züchtung neuer Sorten führen, die mit weniger Dünger auskommen und daher die Umwelt weniger belasten. Die Studie erscheint in der renommierten Fachzeitschrift Nature Plants.
Die Studie wurde von den Universitäten Bonn und Southwest China geleitet, der Kölner Pflanzenforscher Professor Marcel Bucher von CEPLAS, dem Cluster of Excellence on Plant Sciences, war an der Studie beteiligt. Die Arbeitsgruppe von Professor Bucher verfügt über eine lange Erfahrung in der Erforschung der Interaktion zwischen Pflanzen und dem Boden, in dem sie wachsen. Mitarbeiterinnen und er trugen im Projekt zur Methodik bei den Untersuchungen zu Mikroorganismen im Wurzelraum, der sogenannten Rhizosphäre, von Pflanzen auf dem Feld und unter kontrollierten Bedingungen in der Klimakammer bei.
Die beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hatten verschiedene Maissorten untersucht, die sich deutlich in ihrem Ertrag unterscheiden. Auf der Suche nach der Ursache stießen sie auf ein interessantes Enzym, die Flavon-Synthase 2. „Die von uns untersuchte Hochleistungs-Zuchtlinie 787 enthält in ihrer Wurzel große Mengen dieses Enzyms“, erklärt Dr. Peng Yu vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. „Sie stellt damit bestimmte Moleküle aus der Gruppe der Flavonoide her und entlässt sie in den Boden.“
Flavonoide geben Blüten und Früchten ihre Farbe. Im Erdreich erfüllen sie aber eine andere Funktion: Sie sorgen dafür, dass sich ganz spezifische Bakterien um die Wurzeln herum anreichern. Diese Mikroben wiederum sind die Ursache dafür, dass sich an den Wurzeln mehr Seitenwurzeln bilden. „Dadurch kann der Mais unter anderem mehr Stickstoff aus der Umgebung aufnehmen“, erläutert Prof. Dr. Frank Hochholdinger vom INRES. „Aus diesem Grunde wächst er schneller, vor allem bei knapper Stickstoffversorgung.“
In Versuchen konnten die Forscherinnen und Forscher zeigen, wie gut das funktioniert. Sie nutzten dazu eine Maissorte mit dem Kürzel LH93, die normalerweise eher mickrige Pflanzen hervorbringt. Das änderte sich jedoch, wenn sie diese Sorte in Erde pflanzten, in der zuvor die Hochleistungs-Linie 787 gewachsen war: LH93 wuchs dann deutlich besser. Der Effekt blieb aus, wenn die Botaniker den Boden vor dem Umtopfen sterilisierten. Das zeigt, dass tatsächlich die angereicherten Bakterien für den Wachstums-Turbo verantwortlich sind, denn diese waren bei der Sterilisierung abgetötet worden.
Dass die Mikroorganismen tatsächlich das Wachstum der Seitenwurzeln fördern, konnten die Forscher in einem anderen Versuch zeigen. Darin nutzten sie eine Maissorte, die aufgrund einer Mutation keine Seitenwurzeln bilden kann. Wenn sie zur Erde das Bakterium hinzufügten, verzweigten sich die Wurzeln der Mutante jedoch. Auf welche Weise dieser Effekt zustande kommt, ist allerdings noch nicht geklärt. Außerdem kam der Mais dann weitaus besser mit Stickstoffmangel zurecht als ohne mikrobielle Unterstützung.
Stickstoff ist für das Pflanzenwachstum extrem wichtig - so sehr, dass Landwirte seine Menge im Boden künstlich durch Düngung erhöhen. Doch Teile des Düngers werden mit dem Regen von den Feldern in die Bäche geschwemmt oder gelangen ins Grundwasser. Sie können zudem in Form von Stickoxiden oder als Ammoniak-Gas in die Atmosphäre gelangen und dort unter anderem zum Treibhauseffekt beitragen. Zudem erfordert die Produktion stickstoffhaltiger Düngemittel jede Menge Energie. „Wenn wir Nutzpflanzen daraufhin züchten, dass sie ihre Stickstoff-Versorgung durch die Mithilfe von Bakterien erhöhen, könnte das die Umweltbelastung deutlich reduzieren“, hofft Yu.
Marcel Bucher von CEPLAS sieht die neuen Erkenntnisse im Kontext weiterer Forschungen: „Neben Stickstoff werden die landwirtschaftlichen Böden auch mit viel Phosphor gedüngt. Die Gewinnung von Phosphor aus Gestein und die Herstellung von Phosphatdünger erfordern viel Energie und kostbares Wasser. Ähnlich wie beim Stickstoff verbessern bestimmte Bodenmikroben die Phosphatversorgung der Pflanzen. Nur sind hier neben Bakterien oft bestimmte Pilze die Hauptakteure“, erklärt der Wissenschaftler von CEPLAS. „Die hier veröffentlichten Erkenntnisse ermöglichen die Entwicklung neuartiger kombinierter Strategien für den Anbau von Mais und anderen Kulturpflanzen mit erhöhter Stickstoff- und Phosphoreffizienz mit Hilfe der nützlichen Mikrobiota in der Wurzelzone.“
An der Studie waren neben der Universität Bonn und der Southwest University unter anderem das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben, das Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln, Arbeitsgruppen der Universitäten Köln, Göttingen und Kiel sowie weitere internationale Partner aus China und Belgien beteiligt.
Die Studie wurde unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert sowie durch die Southwest University (China).
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Zur Publikation:
Plant flavones enrich rhizosphere Oxalobacteraceae to improve maize performance under nitrogen deprivation, Nature Plants; DOI:
https://dx.doi.org/10.1038/s41477-021-00897-y