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Sobald Essen in Sicht ist, wird die Leber aktiv

Das Gehirn sendet früher als bisher vermutet Signale an die Leber, die daraufhin den Zuckerstoffwechsel anpasst / Publikation in „Science“

Die Mitochondrien in der Leber verändern ihre Form, sobald Nahrung wahrgenommen wird. Das Bild zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme der Mitochondrien in Leberzellen

Ein Forschungsteam konnte zeigen, was im Körper passiert, wenn wir hungrig sind und Essen sehen und riechen. Versuche im Mausmodell ergaben, dass sich bereits nach wenigen Minuten die Mitochondrien in der Leber anpassen. Angeregt durch die Aktivierung einer Gruppe von Nervenzellen im Gehirn, verändern sich die Mitochondrien der Leberzellen und bereiten die Leber darauf vor, den Zuckerstoffwechsel anzupassen. Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Science unter dem Titel „Food perception promotes phosphorylation of MFFS131 and mitochondrial fragmentation in liver“ veröffentlicht wurden, könnten neue Wege für die Behandlung der Volkskrankheit Typ-2-Diabetes eröffnen. Leiter der Studie ist Professor Dr. Jens Brüning, Arbeitsgruppenleiter am Alternsforschungs-Exzellenzcluster CECAD der Universität zu Köln sowie Direktor der Poliklinik für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin der Uniklinik Köln. Zudem ist Professor Brüning Direktor am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung.

Mitochondrien in der Leber bereiten sich vor

Die Forschenden gaben hungrigen Mäusen Futter. Dabei konnten die Mäuse das Futter nur sehen und riechen, ohne es zu essen. Nach nur wenigen Minuten untersuchten die Wissenschaftler*innen die Mitochondrien der Leber und stellten fest, dass Prozesse aktiviert werden, die normalerweise durch die Nahrungsaufnahme angeregt werden.

Die Untersuchungen zeigen, dass es bereits ausreicht, dass Mäuse für wenige Minuten lang Futter sehen und riechen, um die Mitochondrien in den Leberzellen zu verändern. Dies wird durch eine bisher nicht charakterisierte Phosphorylierung in einem Protein der Mitochondrien vermittelt. Die Phosphorylierung bezeichnet das reversible Anhängen einer Phosphatgruppe an ein Protein und stellt eine wichtige Modifikation für die Regulation der Proteinaktivität dar. Die Forschenden zeigen weiterhin, dass diese Phosphorylierung sich auch auf die Empfindlichkeit der Leber für Insulin auswirkt. Damit haben sie einen neuen Signalweg entdeckt, der die Insulinsensitivität im Körper reguliert.

Nervenzellen im Hypothalamus

Das Signal, dass Essen in Sicht ist,  vermittelt eine Gruppe von Nervenzellen, die so genannten POMC-Neuronen, an die Leber. Diese Neuronen werden durch den Geruch und Anblick von Nahrung innerhalb von Sekunden aktiviert und signalisieren der Leber, sich auf die ankommenden Nährstoffe vorzubereiten. Die Studie ergab ferner, dass allein die Aktivierung der POMC-Neuronen ausreicht, um Mitochondrien in der Leber anzupassen, selbst wenn keine Nahrung da ist.

„Wenn unsere Sinne Essen wahrnehmen, bereitet sich unser Körper mit einer Produktion an Speichel und Magensäure auf die Essenaufnahme vor. Aus früheren Untersuchungen wussten wir, dass sich auch die Leber auf die Nahrungsaufnahme vorbereitet,“ erklärt Dr. Sinika Henschke vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung, die Erstautorin der Studie. „Jetzt haben wir uns die Mitochondrien in den Leberzellen genauer angesehen, weil sie essentielle Zellorganellen für den Stoffwechsel und die Energieproduktion sind und festgestellt, wie überraschend schnell diese Adaption abläuft.“

Jens Brüning, Leiter der Studie, sagt: “Unsere Ergebnisse zeigen, wie eng die sensorische Wahrnehmung von Essen, adaptive Prozesse in Mitochondrien und die Insulinsensitivität verknüpft sind. Das Verständnis dieser Mechanismen ist auch daher wichtig, da bei dem Diabetes mellitus Typ 2 die Insulinempfindlichkeit gestört ist.“

Inhaltlicher Kontakt:

Professor Dr. Jens Brüning

Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD

Direktor der Poliklinik für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin der Uniklinik Köln

jens.brueningSpamProtectionuk-koeln.de

Presse und Kommunikation:

Jan Voelkel

+49 221 470 2356

j.voelkelSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Zur Publikation:

https://www.science.org/doi/10.1126/science.adk1005

Weitere Informationen:

https://www.cecad.uni-koeln.de/home