Dass Insekten die kognitiven Fähigkeiten besitzen, einfache numerische Mathe-Aufgaben zu lösen, zeigt eine neue Studie der Universität zu Köln. Die Zoologen Professor Dr. Martin Paul Nawrot und der Doktorand Hannes Rapp von der Arbeitsgruppe „Computational Systems Neuroscience“ wiesen diese Fähigkeiten beispielhaft für die Honigbiene nach. Sie konnten dabei mithilfe eines neuronalen Computermodells, das die Strategie der Honigbiene nachbildet, eine Lösung der Mathe-Aufgabe abbilden. Die Studienergebnisse sind unter dem Titel „Numerical Cognition Based on Precise Counting with a Single Spiking Neuron“ in „iScience“ erschienen.
„Es wurde in Experimenten gezeigt, dass Insekten wie Honigbienen bis zu einer bestimmten Anzahl von Objekten tatsächlich ‚zählen‘ können. So konnten Bienen beispielsweise Objektmengen miteinander vergleichen und bewerten, ob sie gleichgroß sind oder eine Menge größer als die andere ist“, erklärt Hannes Rapp die dahinterstehende Frage nach der sogenannten numerischen Kognitionsfähigkeit. Die Biene erkannte zum Beispiel, dass sechs Rauten mehr als vier Kreise sind.
Bislang war unklar, wie das neuronale Netz für diese kognitive Fähigkeit aufgebaut ist. Frühere theoretische Modelle seien von einer fest implementierten Kreisschaltung mit vier beteiligten Neuronen für die vier Rechenoperationen „gleichviel“, „null“, „höher als“ und „niedriger als“ ausgegangen, erklärt Professor Nawrot: „Wir allerdings konnten anhand unseres Computermodells zeigen, dass nicht vier, sondern nur ein einziges Neuron ausreichend ist. Sein Aktionspotenzial prägt sich je nach gestellter Mathe-Aufgabe unterschiedlich aus – und das kann man dem Neuron antrainieren.“ Im Resultat haben die Kölner Forscher ein vergleichsweise simples Modell identifiziert, mit dem ein neuronales Netz die Rechenoperation erlernen kann.
Laut Nawrot ist dieses Modell auch eine Lernhilfe für die neuronalen Netze einer Künstlichen Intelligenz: „Es wurde bereits viel Geld in die Hand genommen, um künstliche neuronale Netze darauf zu trainieren, die Anzahl von Objekten visuell zu erkennen. Insbesondere Methoden des Deep Learning ermöglichen das Zählen durch die explizite oder implizite Erkennung mehrerer relevanter Objekte innerhalb einer statischen Szene“, so Nawrot, „Diese Modellklassen sind jedoch kostspielig, da sie in der Regel an einer sehr großen Anzahl von Mustern in Millionenhöhe trainiert werden müssen und oft Cloud-Computing-Cluster erfordern. Unser von der Honigbiene inspirierter Ansatz mit einem einfachen Modell- und Lernalgorithmus reduziert diesen Aufwand um ein Vielfaches.“
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Zur Veröffentlichung:
https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042(20)30035-3#%20