Ein neuer Sonderforschungsbereich (SFB) an der Universität zu Köln erhält für die nächsten 3 Jahre und 9 Monate Fördermittel von der DFG, um altersbedingte erblindende Augenerkrankungen zu erforschen. Drei weitere, bereits bestehende SFBs aus den Bereichen der Zelltodforschung, der Klimaveränderung in der Arktis und der sprachlichen Vielfalt gehen in die nächste Phase: Sie erhalten weitere Millionenförderung, um ihre Arbeit fortzusetzen.
„Ich gratuliere allen beteiligten Wissenschaftler*innen zu diesem Erfolg. Dass die beantragten Projekte gefördert werden, freut uns sehr. Die Förderzusage zeigt, dass die Universität zu Köln ein hervorragender Standort für zukunftsweisende und gesellschaftlich hochrelevante Forschung ist“, sagt Professor Dr. Joybrato Mukherjee, Rektor der Universität zu Köln.
Kampf gegen das Erblinden
Der neue SFB 1607 „Immunmodulierende und anti(lymph)angiogene Therapien bei altersbezogenen erblindenden Augenerkrankungen“ erforscht, wodurch im Alter auftretende Augenkrankheiten entstehen, und entwickelt neuartige Therapien gegen diese Leiden. Sprecher ist Professor Dr. Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde und Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemeine Augenheilkunde der Uniklinik Köln.
Die Ursachen vieler Augenerkrankungen sind nur wenig verstanden und es gibt keine guten Therapien. Viele dieser Erkrankungen sind altersabhängig, sodass sie in einer alternden Gesellschaft wahrscheinlich häufiger auftreten. Abgesehen vom Verlust der Lebensqualität und der Selbstständigkeit für den Einzelnen, werden diese Krankheiten daher die gesamte Gesellschaft belasten.
Frühere Forschung – auch in der zu Ende gehenden DFG Forschungsgruppe 2240 an der Kölner Universitätsaugenklinik - deutet darauf hin, dass fehlerhafte zelluläre Immunantworten (Entzündungen) oder pathologisches Wachstum von Blut- und Lymphgefäßen in späteren Lebensjahren zu einer Vielzahl von altersassoziierten Augenkrankheiten führen. Dazu gehören „Volkskrankheiten“ wie etwa die altersbedingte Makuladegeneration, trockenes Auge und Glaukom oder Hornhautdystrophien. An diesen und weiteren altersbedingten Augenerkrankungen ist ein großer Bevölkerungsanteil erkrankt. So sind mehr als die Hälfte der Über-Sechzigjährigen betroffen.
Die Wissenschaftler*innen am neuen Sonderforschungsbereich wollen signifikante Fortschritte im Krankheitsverständnis und in der klinischen Translation – also der Überführung von Grundlagenforschung hin zur klinischen Anwendung – erzielen. „Der SFB 1607 hat eine einzigartige und wichtige Stellung, da es derzeit kein anderes internationales Zentrum gibt, das sich auf die Rolle von Lymph- und Blutgefäßen und Immunzellen bei altersassoziierten Augenkrankheiten konzentriert“, so Professor Dr. Cursiefen. „Wir freuen uns daher sehr, dass die Förderzusage der DFG uns ermöglicht, diese Lücke zu schließen. Da dies erst der zweite SFB im Bereich der Augenheilkunde in der Geschichte der DFG ist, ist dies auch für unser Fach und unsere Patienten ein riesiger Gewinn.“ Ziel der Forschenden ist es, die Krankheitsmechanismen altersassoziierter Augenerkrankungen mit besonderem Augenmerk auf die Rolle der zellulären Immunität und Entzündung sowie dem Wachstum von Blut- und Lymphgefäßen zu entschlüsseln. Darauf aufbauend sollen innovative neue Behandlungskonzepte entwickelt werden.
Der neue SFB erhält von der DFG für die erste Förderphase bis Ende 2027 Fördergelder in Höhe von rund 13 Millionen Euro.
Gewebe gesund halten
Der SFB 1403 „Zelltod in Immunität, Entzündungen und Erkrankungen“, der 2020 an der Universität zu Köln eingerichtet wurde, wird für vier weitere Jahre mit insgesamt rund 12,6 Millionen Euro gefördert.
Die Wissenschaftler*innen des Sonderforschungsbereichs 1403 verfolgen einen multidisziplinären Ansatz, um neue Fragen der Zelltodforschung zu bearbeiten. Der Zelltod ist ein grundlegender biologischer Prozess in mehrzelligen Organismen, der entscheidend ist, um die Funktionen im Gewebe aufrechtzuerhalten, beispielsweise, wenn sie mit Krankheitserregern in Kontakt kommen und diese abwehren. Jüngere Forschungen haben gezeigt, dass Zellen zwischen verschiedenen Arten des regulierten Zelltods wählen können, die unterschiedliche Auswirkungen auf das umliegende Gewebe haben und entsprechende Reaktionen in dessen Zellen auslösen. Ziel des SFB 1403 ist es, die Regulationsmechanismen sowie die physiologischen und pathologischen Folgen verschiedener Arten von Zelltod im Organismus zu verstehen.
Sprecher sind Professor Dr. Manolis Pasparakis vom Institut für Genetik und Professor Dr. Hamid Kashkar (stellvertretender Sprecher) vom Institut für molekulare Immunologie (beide Universität zu Köln). In den insgesamt 21 Teilprojekten sind neben der Genetik auch die Botanik, Dermatologie, Innere Medizin und die molekulare Immunologie beteiligt. Der SFB ist eine Kooperation der Universität zu Köln mit dem Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung, dem Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns, sowie Partnern an der Universität Bonn, der LMU München, der Universität Freiburg und dem Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ) Berlin. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit um das Thema Zelltod, Immunität, Entzündung und Erkrankungen fortsetzen können. Die weitere Förderung ermöglicht uns, wichtige Erkenntnisse über die Mechanismen des Zelltodes und Immunität zu gewinnen und diese für ein besseres Verständnis der Pathophysiologie von Entzündungskrankheiten zu nutzen“, so Professor Dr. Manolis Pasparakis.
Klimamodelle entwickeln
Ziel des bereits seit 2016 geförderten und nun verlängerten SFB/TRR 172 „Arktische Klimaänderung (AC)³“ ist es, die dramatische Klimaentwicklung in der Arktis mit verschiedenen Methoden zu beobachten, um die Verlässlichkeit von Modellen zur Vorhersage der beobachteten Erwärmung vor Ort zu verbessern. Die überdurchschnittliche Erwärmung – die sogenannte arktische Amplifikation –beruht auf vielfältigen Faktoren, die das Klima in der Arktis beeinflussen, bisher aber noch nicht vollständig bekannt sind.
In der ersten Phase führten die beteiligten Forschenden drei aufwändige Wolken-Mess-Kampagnen in der Arktis durch. Die Untersuchungen wurden in der zweiten Phase auf die innere Arktis und auf ein ganzes Jahr als Beobachtungszeitraum ausgedehnt, um jahreszeitliche Unterschiede zu quantifizieren. In der nun folgenden dritten Förderperiode liegt der Fokus auf dem Zusammenbringen der verschiedenen Beobachtungen zu einem Gesamtverständnis. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei darauf, wie sich Wolken bei Luftmassentransporten in bzw. aus der Arktis hinaus entwickeln. Dazu werden neben Analysen der MOSAiC- Kampagne, den Langzeitmessungen in Ny-Ålesund und Modellierungen auf der Hektometer-Skala spezielle Messungen mit dem neuen Kölner Großgerät GRAWAC vom Polarflugzeug über Meereis durchgeführt.
Die bewilligte Summe für die neue Förderperiode beträgt knapp 4 Millionen Euro. Mitantragstellerin Professorin Dr. Susanne Crewell von der Universität zu Köln sagt: „In den letzten Jahren haben wir eine Vielzahl von neuartigen Messungen in der Arktis gewonnen, die die große Dynamik des dortigen Klimasystems zeigen. Wir wollen nun in den nächsten vier Jahren diese zur Modellverbesserung nutzen, um die weitere Entwicklung der Arktis in einem zukünftigen, wärmeren Klima besser vorauszusehen.“
Sprachliche Vielfalt jedes Einzelnen
Der SFB 1412 „Register: Language-Users’ Knowledge of Situational-Functional Variation“ unter der Sprecherschaft der Humboldt-Universität zu Berlin wird mit rund 9 Millionen Euro für eine zweite Periode (von 2024 bis 2027) gefördert. Der SFB untersucht Aspekte des Registerwissens von Sprecher*innen einer Sprache. Das Registerwissen bezeichnet die Fähigkeit, die eigene Sprache je nach Situation anzupassen und etwa zwischen Gesprächen innerhalb der Familie und in offiziellen Situationen zu unterscheiden. Der Kölner Professor Aria Adli ist mit dem Teilprojekt “Disentangling cross-linguistic and language-specific aspects of register variation” an diesem SFB beteiligt, welches er gemeinsam mit seinen Berliner Kolleginnen Prof. Elisabeth Verhoeven und Dr. Jozina Vander Klok leitet.
Kompetente Sprecher*innen können ihr sprachliches Handeln auf jeder Ebene situativ anpassen: Sie wissen beispielsweise, dass eine gewisse Distanz und etwa mehr Höflichkeitsausdrücke in bestimmten Situationen angemessen sind und in anderen nicht, dass mit Kindern in weniger komplexen Sätzen gesprochen wird, während in einer wissenschaftlichen Veranstaltung präzise Fachbegriffe gefordert sind. Die Forschung des SFB 1412 konzentriert sich auf folgende Fragen: Worin besteht Registerwissen? Welche Situationsparameter spielen eine Rolle? Wie kann man Registerwissen adäquat modellieren? Der SFB untersucht diese Fragen anhand von vielen Phänomenen auf allen sprachlichen Ebenen in unterschiedlichen Sprachen und Kulturräumen. Dabei werden verschiedene Methoden (multifaktorielle Korpusanalyse, experimentelle Verfahren) verwendet, erweitert und kombiniert.
„Die weitere Förderung ermöglicht uns ein Thema besser zu verstehen, was aus der Mitte des Lebens kommt: Jeder Mensch erlernt und weiß, dass das eigene sprachliche Verhalten zur jeweiligen Situation passen sollte. Aber was genau, wann und warum angepasst wird – das wollen und müssen wir noch besser erforschen. Diesen SFB zeichnet zudem die gelungene Zusammenarbeit zwischen renommierten deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen aus“, so Professor Dr. Adli.
Inhaltlicher Kontakt:
SFB 1607: Professor Dr. Claus Cursiefen
Zentrum für Augenheilkunde / Universitätsklinikum Köln
+49 221 478-5094
claus.cursiefenuk-koeln.de
SFB 1403: Professor Dr. Manolis Pasparakis
Institut für Genetik
+49 221 478-84351
pasparakisuni-koeln.de
SFB/TRR 172: Professorin Dr. Susanne Crewell
Institut für Geophysik und Meteorologie +49 221 470-5286
susanne.crewelluni-koeln.de
SFB 1412: Professor Dr. Aria Adli
Romanisches Seminar
+49 221 470-4448
aria.adliuni-koeln.de
Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470 2356
j.voelkelverw.uni-koeln.de
Weitere Informationen:
www.for2240.de
https://sfb1403.uni-koeln.de/
http://www.ac3-tr.de/
https://sfb1412.hu-berlin.de/