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Nervensysteme von Insekten sind Vorbild für effizientes maschinelles Lernen

Studie erforscht Funktionsweise der Nervensysteme von Fruchtfliegen bei der Nahrungssuche / Daten sind für Entwicklung und Steuerung künstlicher Intelligenz nützlich

Kölner Zoologen haben die Nervensysteme von Insekten erforscht, um die Prinzipien biologischer Berechnungen zu untersuchen und sie auf maschinelles Lernen zu übertragen. Hierfür haben sie analysiert, wie Insekten während der Nahrungssuche Eindrücke aufnehmen, daraus lernen und die Informationen später abrufen, um komplexe und dynamische Probleme zu lösen. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Umwandlung von sensorischen Informationen bei der Gedächtnisbildung von Insekten für maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz mit komplexen Szenarien genutzt werden kann. Die Studie ist im Fachjournal PNAS veröffentlicht worden.

Lebende Organismen zeigen bemerkenswerte Fähigkeiten bei der Bewältigung von Problemen, die ihnen durch komplexe und dynamische Umgebungen gestellt werden. Zudem können sie ihre Erfahrungen verallgemeinern, um ihr Verhalten rasch anzupassen. Zoologen der Universität Köln haben erforscht, wie die Navigation der Fruchtfliege bei der Nahrungssuche funktioniert. In einem Computermodell haben sie die Reaktionen des Nervensystems der Fruchtfliege auf bestimme Duftstoffe der Futterquelle analysiert. „Wir haben unser Modell des Fliegengehirns zunächst genau so trainiert, wie man auch Insekten im Experiment trainiert. Dazu haben wir in der Simulation einen bestimmten Duft zusammen mit einer Belohnung und einen zweiten Duft ohne Belohnung präsentiert. Das Modell erlernt in nur wenigen Geruchsdarbietungen eine robuste Repräsentation des belohnten Duftes und ist danach in der Lage, die Quelle dieses Duftes in einer räumlich komplexen und zeitlich dynamischen Umwelt zu finden.“ sagt der Informatiker Dr. Hannes Rapp, der das Modell im Rahmen seiner Promotion am Institut für Zoologie der Universität zu Köln erstellt hat.

Das erstellte Model ist damit in der Lage, selbständig zu lernen und benötigt hierfür nur eine sehr geringe Datenbasis. „Für unser Modell nutzen wir die besonderen Eigenschaften der biologischen Informationsverarbeitung in Nervensystemen aus“, erklärt Prof. Dr. Nawrot, Leiter der Studie. „Diese sind insbesondere eine schnelle und parallele Verarbeitung von sensorischen Reizen mittels kurzzeitiger Nervenimpulse sowie die Bildung eines verteilten Gedächtnisses durch die gleichzeitige Modifikation vieler synaptischer Schaltstellen während des Lernvorgangs.“ Das dem Modell zu Grunde liegende Prinzip kann auch für künstliche Intelligenz genutzt werden. Dies ermöglicht es, einem künstlichen Agenten, deutlich effizienter zu lernen, als bisher und das Gelernte dann in einer veränderlichen Umwelt anzuwenden.


Für Rückfragen:
Prof. Dr. rer. Nat. Martin Nawrot
Institut für Zoologie
+49 221 470-7307
martin.nawrotSpamProtectionuni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Jan Voelkel
+49 221 470-2356
j.voelkelSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Link zur Publikation:
https://www.pnas.org/content/early/2020/10/27/2009821117