Eine Pflanzenart kann sich im Laufe der Evolution weiterentwickeln und ihren Umgang mit Wassermangel an neue Umweltbedingungen anpassen. Das ist das Ergebnis einer Studie, an der Juliette de Meaux, Professorin an der Universität Köln und Mitglied des Exzellenzclusters CEPLAS, beteiligt war. Die in Tübingen geleitete Studie wurde gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Münster und Hildesheim ausgewertet und unter dem Titel „Rapid adaptive evolution to drought in a subset of plant traits in a large-scale climate change experiment” in der Fachzeitschrift Ecology Letters veröffentlicht.
Mithilfe eines zehn Jahre andauernden Langzeitexperiments konnte das Team herausfinden, ob und wie schnell sich Pflanzen an Umweltveränderungen anpassen können, die durch den Klimawandel verursacht werden. Die Studie vergleicht dabei verschiedene Merkmale von Pflanzen im Umgang mit Wassermangel und zeigt im Resultat, dass die Merkmale einer Pflanze in unterschiedlichem Maße und unterschiedlich zügig dazu beitragen, sich an ein wärmeres und trockeneres Klima anzupassen.
Über einen Studienzeitraum von zehn Jahren wurde der Niederschlag für ganze Pflanzengemeinschaften manipuliert, entweder durch zusätzliche Bewässerung oder durch die Reduzierung des Niederschlags mit speziellen Regenschutzanlagen. Vier Standorte in Israel entlang eines sehr steilen Niederschlagsgradienten wurden dabei in das Experiment eingebunden. Das Forschungsteam untersuchte immer wieder die Pflanzenmerkmale, die sich entlang des Gradienten veränderten, und verglich sie mit der Reaktion der natürlichen Pflanzenpopulationen auf die experimentellen Behandlungen. „Solche Langzeitversuche werden selten durchgeführt. Deshalb gibt es auch kaum Studien, in denen die Evolution der Pflanzen unter naturnahen Bedingungen untersucht werden kann", erklärt Studienleiterin Professorin Dr. Katja Tielbörger aus Tübingen die Besonderheit der vorliegenden Daten.
Die Studie konzentrierte sich auf einen kleinen einjährigen Kreuzblütler, Biscutella didyma. Das ist eine Pflanzenart, die in extremen Wüsten bis hin zu eher feuchten Mittelmeerregionen wächst. Die Forscher beobachteten, dass innerhalb von nur neun Jahren Pflanzen, die ursprünglich an feuchtere Bedingungen angepasst waren, eine frühere Blütezeit entwickelten, wenn sie eine geringere Wasserversorgung hatten. Mit dem Fokus auf die Blüte investierte die Pflanze ihre knappen Ressourcen also verstärkt in die Saatgutproduktion. Dies sei eine klassische Anpassung an sehr trockene Bedingungen, wie man sie auch bei Wüstenpflanzen findet, so die Forscherinnen und Forscher.
Juliette de Meaux und Hannes Dittberner von der Universität zu Köln bewerteten in dem Experiment die Dichte der Spaltöffnungen, bei der die Anpassung weniger typisch ausfiel. „Es hat uns erstaunt, dass die in der Studie untersuchten Kreuzblütler Biscutella didyma in der Anpassung an trockene Bedingungen eine geringere Spaltöffnungsdichte aufweisen. Denn wir haben zuvor bei einem anderen Kreuzblütler, der Acker-Schmalwand Arabidopsis thaliana, das umgekehrte Muster beobachtet“, so de Meaux. „Für uns deutet dies darauf hin, dass das lebenswichtige Merkmal der Spaltöffnung je nach Ökologie der Pflanzenart unterschiedlich anpassungsfähig ist.“
Das Studienteam zieht daher nur eine teilweise optimistische Bilanz für die Robustheit von Pflanzen gegenüber dem Klimawandel: Obwohl die Botanikerinnen und Botaniker zeigen, dass Pflanzen sich in wichtigen Merkmalen zügig an den Wassermangel anpassen, gibt es Merkmale, die nicht mit dem Klimawandel Schritt halten und somit die vollständige Anpassung bremsen können.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters CEPLAS sehen es als notwendig an, die genetischen Grundlagen für pflanzliche Anpassungen an Umweltveränderungen intensiver zu erforschen, um damit besser verstehen zu können, warum manche Merkmale sich schneller anpassen können als andere.
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Zur Veröffentlichung:
https://doi.org/10.22541/au.159231512.24779850