Gut ein Viertel des in arktischen Permafrostböden gewonnenen Bohrkerne enthaltenen organischen Kohlenstoffs kann nur schwer von Mikroorganismen verwertet werden. Grund dafür ist eine starke Bindung des von abgestorbenen Pflanzenresten stammenden Materials an mineralische Bodenpartikel. Das zeigt die Arbeit einer Forschungsgruppe um Professorin Dr. Janet Rethemeyer und Dr. Jannik Martens vom Institut für Geologie und Mineralogie der Universität zu Köln. Genaue Vorhersagen zur Freisetzung von Treibhausgasen aus Permafrostablagerungen sind deswegen deutlich komplexer als bisher angenommen.
Die Ergebnisse des Verbundprojekts, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde, sind in dem Artikel „Stabilization of mineral-associated organic carbon in Pleistocene Permafrost” in der Fachzeitschrift “Nature Communications” veröffentlicht.
Die Arktis erwärmt sich dramatisch schnell im Vergleich zu anderen Teilen der Erde. Ein großer Teil von ihr ist von Permafrostboden bedeckt und enthält große Mengen an Kohlenstoff, fast doppelt so viel wie die Atmosphäre. Dieser Kohlenstoff stammt von Pflanzen, die über Jahrtausende gewachsen sind, im Boden zersetzt und "eingefroren" wurden. Aufgrund stark steigender Temperaturen in der Arktis, taut dieser gigantische Gefrierschrank immer stärker und schneller auf. Der darin gespeicherte, alte Kohlenstoff kann nun von Mikroorganismen abgebaut werden, wodurch Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre freigesetzt wird. Diese Treibhausgase beschleunigen die Klimaerwärmung. Je wärmer es wird, desto mehr Treibhausgase werden wiederum aus Permafrostböden freigesetzt, so dass sich die Temperaturen weiter erhöhen und die Permafrostböden noch schneller tauen. „Es besteht somit eine Rückkopplung von Kohlenstoff im Permafrost mit dem Klima, deren Stärke vor allem von denjenigen Faktoren abhängt, die den mikrobiellen Abbau beeinflussen“, sagt Janet Rethemeyer.
Wissenschaftler*innen vom Institut für Geologie und Mineralogie der Uni Köln, der Universität Tübingen, der Technischen Universität München und des Alfred-Wegener-Instituts in Potsdam haben lange Permafrostkerne aus der sibirischen Arktis untersucht. Die Kerne stammen aus sehr eisreichen, feinkörnigen Sedimenten - ähnlich wie Löss in unseren Breiten - die in der letzten Eiszeit in großen Bereichen von Sibirien und Alaska abgelagert wurden. Die bis zu 12 m langen Bohrkerne umfassen Sedimente, die sich über einen Zeitraum von bis zu 55.000 Jahren abgelagert haben.
Die Analysen der Permafrostkerne zeigen, dass ein erheblicher Teil (25-35 Prozent) des Kohlenstoffs mit den mineralischen Bodenpartikeln verbunden und somit schwerer zugänglich für Mikroorganismen ist. „Vorhersagen zu den Wechselwirkungen zwischen den tauenden Permafrostböden und dem Klima sind sehr kompliziert, da die mikrobielle Abbaubarkeit des Materials in den Permafrostkernen im Zeitverlauf der letzten 55.000 Jahre stark variiert. Dies liegt an den unterschiedlichen Klimabedingungen während dieses langen Ablagerungszeitraums“, erläutert Janet Rethemeyer. Wärmere und feuchtere Bedingungen bewirkten eine schlechtere Bindung des Kohlenstoffs an die Mineralpartikel, während ein kälteres und trockeneres Klima zu einer stärkeren Bindung, vor allem an Eisenoxide, führte. Durch eine stärkere Bindung an Eisenoxide sind die Abbauraten des alten Pflanzenmaterials geringer, wie Professor Dr. Michael Bonkowski vom Institut für Zoologie, Abteilung Terrestrische Ökologie der Uni Köln in Laborversuchen zeigen konnte.
"Diese neuen Erkenntnisse können wesentlich dazu beitragen, Computermodelle für die Prognose von Treibhausgasemissionen aus tauendem Permafrost verlässlicher zu machen", erklärt Jannik Martens, der aktuell an der Columbia University in New York forscht.
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Publikation:
„Stabilization of mineral-associated organic carbon in Pleistocene Permafrost”,
Martens, J., Mueller C., Joshi, P., Rosinger, C., Maisch, M., Kappler, A., Bonkowski, M., Schwamborn, G., Schirrmeister, L. and Rethemeyer, J., Stabilization of mineral-associated organic carbon in Pleistocene permafrost. Nature Communications, 14, 2120. https://doi.org/10.1038/s41467-023-37766-5