Einem internationalen Forschungsteam unter Leitung der Universität zu Köln ist es erstmals gelungen, mehrere „atomar präzise“ Nanostreifen aus Graphen, einer Modifikation aus Kohlenstoff, miteinander zu komplexen Strukturen zu verbinden. Die Streifen konnten die Wissenschaftler:innen in ein elektronisches Bauteil integrieren. Auf diese Weise haben sie einen neuartigen Sensor geschaffen, der hochempfindlich auf Atome und Moleküle reagiert. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind unter dem Titel „Tunneling current modulation in atomically precise graphene nanoribbon heterojunctions“ in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Diese Arbeit entstand in einer engen Kooperation des II. Physikalischen Instituts mit dem Department für Chemie der Universität zu Köln und Forschungsgruppen aus Montreal, Novosibirsk, Hiroshima und Berkeley und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem europäischen Forschungsrat (ERC) gefördert.
Die Nanostreifen aus Graphen sind nur ein Nanometer – also einen millionsten Teil eines Millimeters – breit. Graphen besteht aus nur einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen und gilt als das dünnste Material der Welt. Im Jahre 2010 gelang es Forscher:innen aus Manchester erstmals einatomige Lagen von Graphen herzustellen, wofür sie den Nobelpreis erhalten haben. “Die für die Herstellung des Sensors verwendeten Graphen-Nanostreifen sind jeweils zwischen sieben und vierzehn Kohlenstoffatome breit und circa 50 Nanometer lang. Das besondere ist, dass ihre Kanten frei von Defekten sind. Man bezeichnet sie daher als ‘atomar präzise’ Nanostreifen”, erläutert Dr. Boris Senkovskiy vom II. Physikalischen Institut der Universität zu Köln. Den Forscher:innen ist es nun gelungen, mehrere dieser Streifen mit ihrem kurzen Ende zu verbinden und so komplexere Heterostrukturen zu erzeugen. Diese Heterostrukturen besitzen Eigenschaften von Halbleitern.
Die Heterostrukturen wurden dabei mittels winkelaufgelöster Photoemission, optischer Spektroskopie und Rastertunnelmikroskopie untersucht. Im nächsten Schritt wurden die erzeugten Heterostrukturen in ein elektronisches Bauteil integriert. Der elektrische Strom, der durch die Nanostreifen-Heterostruktur fließt, ist durch den quantenmechanischen Tunneleffekt bestimmt. Dieser besagt, dass Elektronen unter bestimmten Bedingungen in Atomen bestehende Energiebarrieren durch “Tunneln” überwinden können, so dass es dann zu einem Stromfluss kommt, obwohl die Barriere höher als die zur Verfügung stehende Energie des Elektrons ist.
Den Forscher:innen ist es gelungen, aus der Nanostreifen-Heterostruktur einen neuartigen Sensor für die Adsorption von Atomen und Molekülen zu bauen. Der Tunnelstrom durch die Heterostruktur reagiert besonders empfindlich auf Adsorbate, die sich an Oberflächen anreichern. Das bedeutet, die Stromstärke ändert sich, wenn sich an der Oberfläche des Sensors Atome oder Moleküle, beispielsweise von Gasen, anlagern. “Der von uns gebaute Prototyp des Sensors hat hervorragende Eigenschaften. Er ist unter anderem besonders empfindlich und man kann mit ihm bereits kleinste Adsorbatmengen messen”, so Professor Dr. Alexander Grüneis, Leiter einer Arbeitsgruppe am II. Physikalischen Institut.
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Publikation:
Nat. Commun. 12, 2542 (2021),
https://doi.org/10.1038/s41467-021-22774-0