Eine aktuelle Studie liefert neue Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen der Freisetzung des Botenstoffs Dopamin und Entscheidungsprozessen. Die Wissenschaftler*innen fanden heraus, dass bei einer erhöhten Freisetzung von Dopamin Entscheidungen schneller getroffen, aber tendenziell ungenauer werden. Beteiligt waren Forscher*innen der Universität zu Köln, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, der Technischen Universität Dresden sowie der Integrierten Psychatrie Winterthur (Schweiz). Die Studie wurde unter dem Titel „Dopamine regulates decision thresholds in human reinforcement learning in males“ in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.
Dopamin wird mit einer Reihe von Aspekten des Belohnungslernens und der Handlungskontrolle in Verbindung gebracht. Der Neurotransmitter spielt auch eine Rolle bei verschiedenen psychischen Störungen und ist wichtig für die eigene Antriebskraft. So besagt eine Theorie, dass Dopamin reguliert, wieviel Energie für Handlungen aufgewendet wird, bzw. wie schnell sie ausgeführt werden.
In der neuen Studie haben die Wissenschaftler*innen dies im Kontext einer Lernaufgabe untersucht. Es handelte sich um 31 männliche Probanden, die lernten, abstrakte Symbole mit Belohnungen zu assoziieren. Alle Probanden führten verschiedene Versionen der Lernaufgabe in unterschiedlichen Bedingungen durch. Einmal wurde die Dopaminfreisetzung pharmakologisch mittels L-Dopa, einer Vorstufe des Dopamins, erhöht. In einer weiteren Bedingung wurde die Dopaminfreisetzung über eine niedrige Dosis des Wirkstoffes Haloperidol erhöht. Zum Vergleich wurde in einer dritten Bedingung ein Placebo verabreicht.
Mit neuartigen Computermodellen wurden die beteiligten Lern- und Entscheidungsprozesse über die Verteilungen der Reaktionszeiten der Probanden analysiert.
Es zeigte sich, dass Dopamin neben seinen bereits gut erforschten Funktionen anscheinend auch die Geschwindigkeit-Genauigkeit-Abwägung reguliert. Dies beschreibt die komplexe Beziehung zwischen der Bereitschaft einer Person, langsam zu reagieren und relativ weniger Fehler zu machen, und ihrer Bereitschaft, schnell zu reagieren und relativ mehr Fehler zu machen. Die Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass bei einer erhöhten Dopamin-Freisetzung sowohl unter L-Dopa als auch unter Haloperidol jeweils genau der Modellparameter reduziert war, der diese Geschwindigkeit-Genauigkeit-Abwägung abbildet. Dieser Effekt war stärker, je mehr sich die Entscheidungen der Probanden beschleunigten. Die Ergebnisse zeigen daher auch, dass Computermodelle verbesserte Erkenntnisse zur Funktion bestimmter Neurotransmittersysteme liefern können.
„Diese Befunde verbinden zwei bisher eher separate Überlegungen zur Rolle von Dopamin“, so Professor Dr. Jan Peters, Professor für Biologische Psychologie an der Uni Köln, der an der Studie beteiligt war. „Dopamin steuert die motorische Handlungskontrolle, kann aber auch die Motivation regulieren. Unsere Daten zeigen einen Mechanismus, der diese beiden Aspekte verbinden könnte, indem die Geschwindigkeit-Genauigkeit-Abwägung zugunsten der Geschwindigkeit verschoben wird.“
Noch unklar ist allerdings, inwieweit dieser Mechanismus auch bei Entscheidungen eine Rolle spielt, bei denen es nicht direkt um Belohnungen geht, und welche Rolle die motorische Handlungsvorbereitung hierbei spielt. Dies soll in weiteren Studien untersucht werden.
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Zur Publikation:
https://www.nature.com/articles/s41467-023-41130-y