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Das kulturelle Erbe der Kölner Jesuiten

Historikerin Christine Schmitt über einen virtuell neu entdeckbaren Schatz

Wissenschaftler*innen der Kölner Uni erforschen, erkunden und erleben Köln. Sie beschäftigen sich mit Flora, Fauna und nicht zuletzt den Bewohner*innen der Stadt gestern und heute. Über Interessantes, Skurriles, Typisches oder auch weniger Bekanntes berichten sie in dieser Rubrik. Christine Schmitt vom Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit erzählt über einen zerstreuten Schatz, der virtuell neu entdeckt werden kann.

Das Astrolabium war im mittelalterlichen Europa ein Universalinstrument zur Bestimmung der Uhrzeit, zur Höhenmessung und zur Beobachtung des Sternenhimmels. Dieses Exemplar ist mit 46 cm Durchmesser eines der wichtigsten und prunkvollsten astronomischen Instrumente der Sammlung.

Die Kölner Niederlassung der Jesuiten wurde im 16. Jahrhundert gegründet. Mehr als 200 Jahre lang bauten die Ordensbrüder, die seit 1556 auch das Gymnasium Tricoronatum leiteten, eine überregional bedeutende, umfangreiche Bücher-, Kunst- und Objektesammlung auf. Infolge der Auflösung des Ordens durch Papst Clemens XIV im Jahr 1773 und vor allem während der darauffolgenden französischen Herrschaft über das Rheinland erfuhr die Sammlung eine bewegte Verlust- und Zerstreuungsgeschichte. Heute werden nur noch Teilsammlungen in verschiedenen Kölner Institutionen aufbewahrt. Ein großer Teil der ehemaligen Jesuitenbibliothek sowie der Zeichnungen und Graphiken ist in Paris zu finden.

Wir von der Kölner Frühen Neuzeit am Lehrstuhl von Professorin Dr. Gudrun Gersmann befassen uns seit 2018 intensiv mit den verstreut aufbewahrten Sammlungen. Dabei beschäftigten uns insbesondere auch Fragen der Wissensvermittlung: Wie können wir für Nicht- Expert*innen etwas aus der Vergangenheit sichtbar und verständlich machen, das man heute nicht mehr – oder nur noch in Teilen – sieht? Wie können wir Interesse wecken für jesuitische Sammlungen, die alles andere als staubig-katholischlangweilig sind?

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  • Undatiertes Porträt eines unbekannten Künstlers von Johannes Rethius aus der Porträtsammlung. Der Theologe und Jesuit leitete im 16. Jahrhundert das Gymnasium Tricoronatum am Eigelstein.
  • Die vermutlich aus Italien stammende Zeichnung »Vogel auf einem Ast sitzend« eines unbekannten Künstlers aus dem 17. Jahrhundert ist Teil der Druckgraphik- und Zeichensammlung.
  • Gemeinsam mit anderen städtischen Sammlungen bildete die Bibliothek der Jesuiten 1920 den Grundstock für die Kölner Universitäts- und Stadtbibliothek. Heute sind die Bücher dort als Sondersammlung Gymnasialbibliothek einsehbar und werden digital erschlossen.

Zum historischen Ort des damaligen Jesuitenkollegs in der Nähe des Kölner Doms zurückzukehren, führt dabei nicht unmittelbar weiter. Allerdings bietet die digitale Welt viele Möglichkeiten, Sammlungsobjekte virtuell zusammenzuführen, historische Kontexte herzustellen, unterschiedliche Wissenszugänge zu schaffen und damit die Geschichte heute verstreuter Objekte ganz neu zu erzählen. Gemeinsam mit unseren Kölner Kooperationspartnern, dem Museumsdienst Köln und dem Rheinischen Bildarchiv Köln, konnten wir uns dank einer Förderung des Landschaftsverbands Rheinland dieser Aufgabe stellen.

Um in einem ersten Schritt den gesamten historischen Sammlungszusammenhang zu erklären, haben wir ein animiertes Einstiegsvideo konzipiert und eine gut lesbare Online-Publikation »Bücher, Bilder, Lehrobjekte: Die Sammlungen der ehemaligen Kölner Jesuiten« für ein breiteres Publikum veröffentlicht.

Wer den spielerischen Einstieg sucht, dem sei das »Haus der Rätsel« ans Herz gelegt. Die interaktive Schnitzeljagd auf der Actionbound-Plattform wurde auf Grundlage unserer Forschungen von einer Kollegin des Museumsdienstes erstellt. Nach dem kostenlosen Download der Action-Bound-App findet man das »Haus der Rätsel« über die Bound-Suche und kann ein Escape-Spiel durch die fiktiven Räume des ehemaligen Kölner Gymnasiums Tricoronatum starten.

Die Datenbank »Kulturelles Erbe Köln« aus dem Rheinischen Bildarchiv hingegen bietet einen Zugang für alle, die sich im Detail für die Objekte interessieren, die heute noch in Köln zu finden sind.

Alles Wissenswerte rund um die Sammlungen der ehemaligen Kölner Jesuiten ist gebündelt auf unserer Seite für digitale Wissenschaftskommunikation zu finden, letzte Neuzugänge sind die beiden Videos zum Thema »Begehrte Bücher« und die virtuelle Ausstellung in der Deutschen Digitalen Bibliothek.  

 

Heute ist der KÖLNER GYMNASIAL- UND STIFTUNGSFONDS Eigentümer der ehemaligen jesuitischen Sammlungen. Seit 2018 fördert er ein umfangreiches Projekt zur Erforschung und Erschließung des kulturellen Erbes, an dem der Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit maßgeblichen Anteil hat. Die Förderung des Kooperationsprojekts für die breitere Wissensvermittlung erfolgte seitens des Landschaftsverbands Rheinland (LVR).