Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Kölner Uni erforschen, erkunden und erleben Köln. Ihre Forschungen beschäftigen sich mit Flora, Fauna und nicht zuletzt den Bewohnern der Stadt gestern und heute. Über Interessantes, Skurriles, Typisches oder auch weniger Bekanntes berichten sie in dieser Rubrik. Professor Dr. Werner Eck, Historisches Institut, Abteilung Alte Geschichte, erklärt, dass die Kölner zwar ihre Agrippina verehren, Stadtgründer aber eigentlich Augustus war.
Die Kölner lieben Agrippina, die Frau, die im Jahr 15 n.Chr. in der Ubierstadt geboren wurde. Sie wird deshalb geliebt, weil sie ihren Mann, Kaiser Claudius, 35 Jahre später dazu bewegen konnte, der Ubierstadt den Rang einer römischen Kolonie zu gewähren, in der Agrippina auch gleich ihren eigenen Namen unterbrachte: Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Für die ehrgeizige Agrippina war dies wichtig. Sie wurde damit ihrem Mann vom Prestige her gleichgestellt.
Doch als Stadt, als Gemeinde, existierte Köln schon lange vorher. Agrippina selbst wurde ja eben in dieser Stadt geboren. Die Gemeinde der Ubier entstand im Jahr 19 oder 18 v. Chr., als dieser germanische Stamm in der Kölner Bucht angesiedelt wurde. Das Gemeindegebiet, das etwa von Remagen bis nach Krefeld reichte, umfasste somit das südliche linksrheinische Nordrhein-Westfalen. Die Übersiedlung wurde politisch von Augustus in Rom angeordnet, durchgeführt wurde sie von Agrippa, Augustus’ Schwiegersohn und Großvater von Agrippina. Die Ubier lebten zunächst verstreut auf ihrem großen Stammesgebiet, es fehlte ihnen noch ein zentraler Ort, an dem alle wesentlichen politischen und religiösen Aufgaben des Stammes erfüllt werden konnten.
Dieser Zentralort wurde seit etwa dem Jahr 7 v. Chr. erbaut, an der Stelle der heutigen Kölner Altstadt. Auch diese Entscheidung kam von Augustus, der für die ersten Baumaßnahmen Soldaten des Rheinheeres einsetzen ließ. Noch unter Augustus wurde der Ort monumental zu einem urbanen Zentrum ausgestaltet – mit Tempeln und einem Ehrenbogen. Als Agrippina der Gemeinde der Ubier den Status einer römischen Kolonie verschaffte, war die Stadt längst erwachsen. Augustus, Agrippinas Urgroßvater, hatte die Gemeinde und den urbanen Zentralort geschaffen. Er war der Vater der Stadt, die sich später Köln nannte. Wenn die heutige Stadt nun einem Platz nahe dem Rathaus den Namen "Augustusplatz" gibt, dann ist endlich der Vater der Stadt hier präsent. Das Agrippina-Ufer erinnert weiterhin an die Frau, deren Ehrgeiz am Ende für den Namen der Stadt gesorgt hat: Aus Colonia wurde Köln.