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Starke Frauen. Starkes Köln

Karolin Kalmbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei GeStiK, über den Kölner Frauen*Stadtplan

Wissenschaftler*innen der Kölner Uni erforschen, erkunden und erleben Köln. Sie beschäftigen sich mit Flora, Fauna und nicht zuletzt den Bewohner*innen der Stadt gestern und heute. Über Interessantes, Skurriles, Typisches oder auch weniger Bekanntes berichten sie in dieser Rubrik. Karolin Kalmbach, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei GeStiK (Gender Studies in Köln), über einen Stadtplan, der Frauen*Orte sichtbar macht und die wenig beleuchteten Seiten der Kölner Stadtgeschichte erzählt. 


Der Frauen*Stadtplan ist ein Projekt der Stiftung Frauen*leben in Köln und wurde gemeinsam mit dem Kölner Frauengeschichtsverein und dem Amt für Gleichstellung der Stadt Köln realisiert. Der digitale interaktive Plan erzählt Stadtgeschichte aus der Perspektive weiblicher historischer und zeitgenössischer Biographien und anhand von Frauenprojekten und Orten, die mit frauenpolitischem Wirken verbunden sind oder durch feministische Kämpfe erstritten wurden. Aktuell gibt es 125 Einträge, und zahlreiche weitere Vorschläge warten darauf, recherchiert und geschrieben zu werden. Das Projekt ist auf zehn Jahre angelegt und wird stetig erweitert. Als Mitarbeiterin der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung der Gender Studies in Köln bin ich Mitglied im beratenden Gremium. 

In der Kölner Stadtgeschichte spielen Frauen von Beginn an eine zentrale Rolle. Schon die Gründung von Köln ist der Initiative von Agrippina der Jüngeren zu verdanken. Im Jahr 50 n.Chr. ließ sie als Frau des römischen Kaisers Claudius ihren Geburtsort zur colonia civium Romanorum erheben und machte die (männlichen) Einwohner damit zu römischen Bürgern. Der neue Stadtname enthielt auch ihren Namen: Colonia Claudia Ara Agrippinensium. Köln wurde für lange Zeit zu einer der bedeutendsten Städte nördlich der Alpen. 

Fygen Lutzenkirchen lebte im 15. Jahrhundert und war die wohl berühmteste Kölner Meisterin ihres Handwerks: Die Seidenmacherinnen waren eine der wenigen Frauenzünfte im Mittelalter und ausschließlich in Köln zugelassen. Daher setzte sich der Frauengeschichtsverein dafür ein, das »Seidmachergäßchen« in der Altstadt in »Seidmacherinnengäßchen« umzubenennen. 

Die meisten der im Stadtplan nacherzählten historischen und zeitgenössischen Biographien sind jedoch nicht so bekannt wie diese beiden. Etwa die von Jenny Gusyk, die als erste Frau und erste ausländische Person an der 1919 neu gegründeten Universität zu Köln studierte und 1943 als Jüdin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde. Oder die der Historikerin Ermentrude von Ranke, die sich in Köln 1922 als erste Frau an einer deutschen Universität habilitierte. Das wurde möglich, da es Universitätsgremien seit 1920 untersagte war, Habilitationsgesuche aufgrund des Geschlechts abzulehnen. Nicht zuletzt wird auch die Biologin Cornelia Harte vorgestellt, die 1951 als erste Frau außerordentliche Professorin für Entwicklungsphysiologie an der Universität wurde, bevor sie 1966 eine ordentliche Professur erhielt. 

Zu den zeitgenössischen Frauen gehören unter anderen Angie Hiesl, die Performancekünstlerin, die durch die Fassaden-Inszenierung »x-mal Mensch Stuhl« bekannt wurde, die Schriftstellerinnen Angela Steidele, Esther Donkor und Barbara Beuys sowie feministische Aktivistinnen wie Claudi Pinl, Frauke Mahr und Brigitte Erdweg. 

Neben den Biografien kartiert der Stadtplan zahlreiche feministisch bewegte Projekte, zum Beispiel das Frauenzentrum in der Eifelstrasse 33, das von 1976 bis 87 das »Wohnzimmer« der Frauenbewegung war. Oder die Frauenberatungsstelle FrauenLeben in Ehrenfeld, die seit 42 Jahren Frauen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben unterstützt. Und auch das Handwerkerinnenhaus, das mit Bildungs- und Freizeitangeboten Frauen* und Mädchen einen Zugang zum Handwerk ermöglicht, ist verzeichnet. 

Es lohnt sich also, beim nächsten Spaziergang durch die Stadt den Frauen*Stadtplan aufzurufen und Köln neu oder zumindest anders zu entdecken. Übrigens: Das Sternchen hinter dem Begriff Frauen steht für einen kritischen Umgang mit der Annahme einer naturgegebenen Zweigeschlechtlichkeit und wendet sich gegen ein essentialistisches Verständnis der Analysekategorie Frau.