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Unterwegs mit Thomas von Aquin

Das summa 21-Projekt am Thomas-Institut

Seite einer mittelalterlichen Ausgabe der Summa theologiae, im Jahr 1471 von Peter Schöffer in Mainz gedruckt

Das summa 21-Projekt am Thomas-Institut
Wissenschaftler:innen der Kölner Uni erforschen, erkunden und erleben Köln. Ihre Forschungen beschäftigen sich mit Flora, Fauna und nicht zuletzt den Bewohnern der Stadt gestern und heute. Über Interessantes, Skurriles, Typisches oder auch weniger Bekanntes berichten sie in dieser Rubrik. Professor Dr. Andreas Speer, Thomas-Institut und Philosophisches Seminar, über ein Übersetzungsprojekt, das uns einen der wichtigsten mittelalterlichen Philosophen näherbringt.

Wenn überhaupt der Name eines Denkers aus dem 13. Jahrhundert bekannt ist, dann der des Thomas von Aquin. Auch das Thomas- Institut der Universität zu Köln heißt nach ihm. Doch es gibt noch eine andere historische Verbindung mit Köln. 1248 kommt Thomas als Assistent seines damals schon berühmten Lehrers Albertus Magnus von Paris nach Köln und hilft Albert beim Aufbau des Generalstudiums des Dominikanerordens, das als Vorläufer der 1388 gegründete Kölner Universität gilt.

Noch einflussreicher als sein Lehrer ist aber Alberts Schüler Thomas von Aquin, der 1225 auf Schloss Roccasecca bei Aquino geboren wurde und am 7. März 1274 in Fossanova stirbt. Es steht also ein Doppeljubiläum bevor: 2024 jährt sich zum 750sten Mal Thomas’ Todestag und 2025 feiern wir seinen 800sten Geburtstag.

Thomas selbst war zu seiner Zeit nicht nur ein intellektueller Star, sondern auch ein leidenschaftlicher und begnadeter Lehrer, der zweimal an der Pariser Sorbonne als Professor und dazwischen unter anderem in Rom und Neapel lehrte. Das spürt man auch in seiner »Theologischen Summe«, der Summa theologiae, die als sein Hauptwerk gilt. Als eines der bedeutendsten philosophischen und theologischen Werke zählt die Summa theologiae zweifellos zu den »Great Books« der Menschheitsgeschichte und prägt wie keine andere Schrift die Wirkungsgeschichte seines Denkens.

Zwischen 1266 und 1268 in Rom begonnen, konzipiert Thomas seine Summa mit einem explizit didaktischen Anspruch, die komplexen akademischen Debatten seiner Zeit auch für Anfänger verständlich darzustellen. So schreibt er selbst in seinem Vorwort. Gleichwohl ist die Summa theologiae ein Meisterwerk, das in 612 Fragen (Quästionen), die in 3.218 Unterfragen (Artikel) aufgeteilt sind, einen systematischen Überblick über die großen philosophischen wie theologischen Probleme und Fragen bietet. Das Werk behandelt unter anderem die berühmten Gottesbeweise, eine ausgefeilte Psychologie und Epistemologie, die Grundlegung einer philosophischen Ethik und den Entwurf einer bis heute relevanten Naturrechtslehre.

Thomas schreibt auf Latein, in der damaligen allgemeinen Wissenschaftssprache, vergleichbar heute mit dem Englischen. Das Latein des Thomas ist klar und lebendig. Das Pro- und Contra-Format bildet die Diskussionen im universitären Unterricht ab und stellt zugleich ein auch noch heute gültiges Vorbild für eine wissenschaftliche Diskussion dar.

Umso bedauerlicher ist es, dass es von Thomas’ Hauptwerk keine vollständige zeitgemäße deutsche Übersetzung gibt. Das 1933 begonnene Projekt der »Deutschen Thomas-Ausgabe« ist nach wie vor unvollendet, und insbesondere die Übersetzungen der frühen Bände sind heute oft nur schwer verständlich. Eine Übersetzung aber sollte die Brücke bauen zu heutigen Lesern. Das ist das Ziel des Projekts summa21, das am Thomas-Institut durchgeführt wird. Wir wollen den 750 Jahre alten Text in die deutsche Sprache des 21. Jahrhunderts übersetzen und damit dieses große Buch einem breiten Leserkreis zugänglich machen, und zwar im open access-Format auf unserer Homepage.

summa21 ist als Co-Science-Projekt konzipiert. Dazu möchten wir möglichst viele an den Fragen und Antworten des Thomas Interessierte als Mitarbeiter:innen gewinnen. Gefragt und gesucht wird Expertise im Übersetzen in ganz unterschiedlichen Themenbereichen. Ab dem Sommersemester wird es am Thomas-Institut zudem eine Übersetzungswerkstatt geben, in der Übersetzungen erarbeitet und diskutiert werden. Auf keine Weise kommt man einem Autor näher als wenn man ihn übersetzt. Zugleich kann jeder sein Latein auffrischen. Thomas macht es uns leicht