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»Irgendwie hat es auch Spaß gemacht, ›im Pyjama‹ in die Schule zu gehen«

Wie vier Auszubis und ihre Ausbilder:innen die Pandemie meisterten

Wie vier Auszubildende und ihre Ausbilder:innen die Pandemie meisterten, viel Neues lernten und ganz nebenbei die Digitalisierung voranbrachten.

Fernunterricht, Wechselunterricht, Schulschließung. In den letzten zwei Jahren haben wir viel über die Schwierigkeiten von Schüler:innen und Studierenden während der Pandemie erfahren. Doch die Kontaktbeschränkungen haben auch die Berufsausbildung getroffen und Ausbilder:innen und Auszubildende gezwungen, neue Wege zu gehen.

Die Uni Köln bietet über zwanzig Ausbildungsberufe an, aktuell werden 49 junge Menschen zu Buchbinder:innen, Sport und- Fitnesskaufleuten oder Gärtner:innen ausgebildet – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Die Möglichkeiten erstrecken sich über handwerkliche, technische, kaufmännische und naturwissenschaftliche Berufsfelder.

Hier berichten vier Auszubildende und ihre Ausbilder:innen, wie sie das Beste aus der Pandemie gemacht haben und wie es mit dem Gerätebau, der Videoproduktion und dem Büromanagement am heimischen Küchentisch geklappt hat.

Bob Verweel macht eine Ausbildung als Industriemechaniker mit der Fachrichtung Feingerätebau und befindet sich im dritten Lehrjahr:

»Zu Beginn der Corona-Maßnahmen wurden wir ins Homeoffice geschickt um dort technische Zeichnungen zu erstellen. Das war auch das einzige, was wir als Handwerker tun konnten. Mir wurde es schnell langweilig und demotivierte eine eigentlich unterhaltsame Arbeit. In Anbetracht der Situation tat man alles, um uns zu schützen und uns irgendwie berufsbezogen zu beschäftigen, was auf die Schnelle nicht besser hätte umgesetzt werden können. Zum Glück konnten wir dank eines Schichtsystems schnell wieder präsent sein und unsere Arbeit an den Maschinen fortsetzen. Jedoch verkürzte sich unser Arbeitstag aufgrund der Schicht um zwei Stunden, was das Zeitmanagement durcheinander brachte.

Den Abstand einzuhalten war bei unserer Tätigkeit nicht immer einfach, doch durch das Tragen einer Maske und die Möglichkeit, uns auf der Arbeit selbst zu testen, hatte ich nie große Bedenken, mich dort anzustecken. An der Berufsschule hatte ich schon Bedenken, allerdings hat es sich anders entwickelt als gedacht: Die Digitalisierung an deutschen Schulen ist ja schon seit Langem ein Dorn im Auge der Schüler, aber hier muss ich großes Lob an unsere Lehrer und die Schule geben. Wir wurden schnell mit Aufgaben eingedeckt und der Onlineunterricht klappte reibungslos. Es brauchte jedoch ein hohes Maß an Selbstdisziplin, sich auch wirklich mit den Aufgaben auseinanderzusetzen, da es zu verlockend war, einfach nichts zu tun oder alles aufzuschieben. Positiv daran war jedoch, dass viele Schüler in meiner Klasse zum selbständigen Lernen angeregt wurden. Und es hat auch irgendwie Spaß gemacht, im ›Pyjama‹ in die Schule zu gehen.

Meine Ausbildung war geprägt durch Corona, allerdings hatte ich nie das Gefühl, dass sie darunter leiden würde. Ich konnte meine Office-Fähigkeiten deutlich verbessern. Noch wichtiger ist, dass ich nie das Gefühl hatte, dass das Handwerk darunter leiden müsste. Alles in allem ist Homeoffice in Zukunft bei uns leider nicht möglich, aber es hat sich gezeigt, dass einige Aufgaben dennoch so zu erledigen sind. Ich habe es zu schätzen gelernt, zum Beispiel Berichte auch mal zu Hause anzufertigen, und könnte mir vorstellen, in Zukunft auch andere organisatorische Tätigkeiten so zu erledigen.«
 

Andreas Freimut leitet die feinmechanische Werkstatt im Institut für Astrophysik, in der Bob Verweel seine Ausbildung absolviert:

»Die Ausbildung zum Feinwerkmechaniker beziehungsweise zum Industriemechaniker ist stark an die praktischen Tätigkeiten in der Werkstatt gebunden. Unsere Auszubildenden arbeiten an verschiedenen Maschinen wie Dreh- und Fräsmaschinen, bauen Vorrichtungen und Werkstücke aus Metallen und Kunststoffen oder helfen bei Reparaturen von verschiedenen Apparaturen. Zu Beginn der Pandemie mussten wir eine schnelle Lösung finden, die Personenanzahl in der Werkstatt zu reduzieren und die Abstände zu sichern. Eine erste Idee war, die Auszubildenden für die ersten Wochen ins Homeoffice zu schicken. Sie haben sich in der Zeit mit technischen Zeichnungen und Konstruktionen befasst. Sie haben auch verschiedene Werkstücke und Messmittel mitgenommen und sollten zu Hause die Baugruppen zerlegen, bemaßen und technische Zeichnungen erstellen. Die meisten konnten unsere CADProgramme installieren und damit arbeiten. Leider mussten die Auszubildenden dafür ihre privaten Rechner benutzen.

Das Homeoffice war für die Azubis auch keine Dauerlösung. Sie brauchten die praktische Übung, unter anderem auch für die anstehende Gesellenprüfung. Später wurde die Werkstatt durch ein neues Schichtsystem auf zwei Gruppen geteilt. So konnten alle einen großen Teil der Zeit in der Werkstatt arbeiten. Ein kleiner Teil wurde in Homeoffice erledigt. Heute sind wir wieder alle komplett zu den regulären Arbeitszeiten in der Werkstatt. Wir haben festgestellt, dass dies durch die Hygieneund Schutzmaßnahmen sehr gut funktioniert. In unserem Beruf ist es schwierig in Homeoffice zu arbeiten. Vor allem die Auszubildenden brauchen viel praktische Übung und müssen Praxiserfahrungen sammeln. Konstruktion und technisches Zeichnen sind nur ein kleines Nebenprodukt unserer Ausbildung.«


Celine Junk macht eine Ausbildung als Mediengestalterin Bild und Ton und befindet sich im zweiten Ausbildungsjahr:

»Die Corona-Maßnahmen erschweren die Ausbildung, bieten allerdings auch einige Vorteile. Ich hatte Anfang des Jahres zum Beispiel sehr viel Zeit, um mich auf die Zwischenprüfung vorzubereiten – das habe ich COVID zu verdanken. Unter anderen Umständen hätte ich wahrscheinlich weitaus mehr Drehtermine auf dem Campus und somit weniger ›Leerlauf‹, den ich zur Prüfungsvorbereitung nutzen könnte. Zudem bekommen wir von der Berufsschule immer große Projekte, die wir außerhalb der Schulzeiten bearbeiten sollen. Pandemiebedingt habe ich sehr viel Zeit, um an diesen Schulprojekten zu arbeiten. Von anderen Klassenkameraden weiß ich, dass ihnen die Zeit dafür gänzlich fehlt. Ich habe diese Zeit, und das kommt mir schulisch gesehen zugute. Allerdings muss ich mich oft selbst dahinterklemmen und mir Inhalte beibringen, da vieles von der praktischen Arbeit wegfällt. Da hänge ich meinen Mitschülern teilweise hinterher. Alles in allem würde ich sagen, dass einen das Homeoffice dazu zwingt, mehr Verantwortung zu übernehmen und mehr eigeninitiativ zu handeln. Das trägt definitiv zur Selbstständigkeit bei.

Für die Zukunft wünsche ich mir eine gesunde Balance zwischen Homeoffice und Präsenz, da ich glaube, dass ich zwar Zeit im Homeoffice brauche, um mich auf Prüfungen und Präsentationen vorzubereiten, aber auch das praktische Arbeiten hinter der Kamera nicht missen will.«
 

Adam Polczyk ist Redakteur für Video und Audio in der Abteilung Presse und Kommunikation und der Ausbilder von Celine Junk:

»Da die Ausbildungsinhalte bei der Mediengestaltung Bild und Ton überwiegend praktisch konzipiert sind, ist eine Ausbildung in Präsenz für beide Seiten – Auszubildende und Ausbilder – von großem Vorteil. Insbesondere, wenn es um die eigentlichen Videoaufnahmen geht, da diese von zuhause nicht so einfach umsetzbar sind. Deshalb ist es notwendig, Lerninhalte flexibel zu vermitteln, zum Beispiel über digitale Kommunikations-Tools wie Zoom oder WhatsApp, damit alle Punkte aus dem Ausbildungsrahmenplan weiterhin berücksichtigt werden können.

Aufgrund von Hygienebestimmungen und Abstandsregelungen sind generell die Aufnahmetermine an der Uni deutlich zurückgegangen, sodass bisher die Übungspraxis für meine Auszubildende kaum zu gewährleisten war. Immerhin steigen allmählich wieder die Anfragen aus Wissenschaft und Verwaltung nach Videos, beispielsweise zu Kölner Schwerpunktthemen wie Demenz und Alternsforschung. Die Postproduktion von Filmen ist glücklicherweise im Homeoffice ohne Probleme zu bewerkstelligen. Auch die Nachfrage an Livestreams nimmt wieder zu und eröffnet neue digitale Ausbildungsinhalte. Diese und andere digitale Plattformen, wie YouTube, Facebook oder Twitter, bringen der auszubildenden Person somit zukunftsweisende Kompetenzen und Fachkenntnisse näher.«


Zeynep Köse und Luca Zimmermann sind Auszubildende Kaufleute für Büromanagement im zweiten Ausbildungsjahr:

»Im September 2020 – mitten in der Pandemie – haben wir unsere Ausbildung als Kaufleute für Büromanagement an der Universität zu Köln begonnen.

Wie anderswo auch war der laufende Betrieb an der Uni Köln durch die Corona-Sicherheitsmaßnahmen deutlich eingeschränkt. Homeoffice, wenig Kontakt mit Kolleg:innen und die Einhaltung von Abstandsregelungen gehörten für uns von Anfang an mit dazu. Einige Ausbildungsabschnitte konnten leider aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen nicht im gewünschten Umfang stattfinden. Beispielsweise fiel die Examensfeier im Prüfungsamt der Philosophischen Fakultät aus und wir mussten auf die Arbeit mit den Studierenden im Studierendensekretariat verzichten.

Für die Arbeit von zuhause wurden wir direkt mit dem entsprechenden Equipment ausgestattet und mit den Arbeitsprogrammen vertraut gemacht. Wenn die Internetverbindung und die Technik gut mitspielen, dann trifft man die Kolleg:innen in regelmäßig stattfindenden Zoom-Meetings wieder. Trotz der Einschränkungen kommt es zu einem stetigen Austausch, wobei Fragen und Unklarheiten schnell geklärt werden können.

Während des Lockdowns fand, auch für uns, der Berufsschulunterricht als Digitalunterricht über Microsoft Teams statt. Da wir aber eh in einer BYOD-Klasse (Bring Your Own Devices) sind, in der grundsätzlich immer am Laptop gearbeitet wird, war für uns der Wechsel auf den Digitalunterricht keine große Herausforderung. Dennoch ist – im Vergleich zum Präsenzunterricht – im Onlineunterricht mehr Eigeninitiative und Selbstdisziplin gefragt.

Dass wir die Uni nicht so kennenlernen können, wie sie eigentlich ist, ist wahrscheinlich der gravierendste Nachteil in unserer Ausbildung. Seitdem wir hier sind, kennen wir nur den leeren Campus und begegnen nur einigen wenigen Studierenden und Mitarbeiter:innen. Als Vorteil sehen wir die Homeoffice-Möglichkeiten sowie den Wegfall von teilweise langen Arbeitswegen. Außerdem ergibt sich somit die Chance die eigene Selbstständigkeit, die Eigenverantwortung sowie das Selbstmanagement zu fördern.«
 

Eva Skowronnek ist Personalentwicklerin in der Abteilung 42, leitet die Ausbildung für Kaufleute für Büromanagement und ist für die Qualitätssicherung der zentralen Ausbildungsaktivitäten der Uni Köln verantwortlich. Sie ist Ausbilderin von Zeynep Köse und Luca Zimmermann:

»Die Regelungen über Hygiene- und Schutzmaßnahmen in der Corona-Pandemie haben die Ausbildungsbereiche vor sehr große Herausforderungen gestellt, die Einschränkungen des Präsenzbetriebs waren hier deutlich spürbar. Insbesondere in der praktischen Ausbildung mussten die Ausbilder:innen und Ausbildungsbeauftragte gewohnte Arbeitsprozesse neu organisieren, bisherige Einarbeitungskonzepte und Einsatzplanungen überarbeiten und die kontinuierliche Zusammenarbeit mit ihren Azubis sicherstellen. Dass ihnen das gelungen ist, zeigen die erfolgreichen Ausbildungsabschlüsse – auch in der Corona-Zeit!

Darüber hinaus haben sich in den letzten beiden Jahren neue digitale Möglichkeiten ergeben, von denen wir in der Ausbildung profitieren. So wurden beispielsweise unsere Azubi-Auswahlverfahren seit 2020 komplett digitalisiert: ein Bewerbungsmanagementsystem, Online-Einstellungstests und Vorstellungsgespräche per Videokonferenz machen das möglich. Dies gilt auch für die aktuellen Auswahlverfahren. Für den Ausbildungsstart August/September 2022 sind insgesamt 31 Ausbildungsplätze sowie 6 duale Studienplätze zu besetzen. Somit war die Corona- Pandemie in der Ausbildung für uns nicht immer einfach, sie hat uns aber auch einen wichtigen Digitalisierungsanstoß gegeben. Dadurch sind wir für die Zukunft noch besser aufgestellt.«