Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen: Selbstverständlich haben Tiere Rechte, und wir haben ihnen gegenüber Pflichten. So haben Tiere doch offensichtlich das Recht, nicht gequält zu werden und wir haben die Pflicht, uns um das Wohlergehen von Tieren in unserer Obhut zu kümmern. Betrachtet man die Frage genauer, zeigt sich jedoch schnell, dass im Detail vieles weit weniger klar ist, als es zunächst scheint. Zu klären ist zum Beispiel, um die Rechte welcher Tiere es geht und ob wir nach juridischen oder moralischen Rechten fragen.
Da Rechte im ersten Sinne in Deutschland im Tierschutzgesetz verankert sind, ist die Frage danach, ob Tiere Rechte haben, eindeutig mit „Ja“ zu beantworten. Offen ist damit natürlich noch, welcher Natur und Reichweite diese juridischen Rechte sind.
Die Antworten, die in der philosophischen Tierethik auf die Frage nach den moralischen Rechten der Tiere gegeben werden, hängen maßgeblich mit Antworten in anderen Bereichen der Philosophie zusammen, unter anderem der Allgemeinen Ethik, der Anthropologie und der Philosophie des Geistes. Zum Beispiel schreibt der in kantischer Tradition argumentierende Philosoph Tom Regan jenen Tieren moralische Rechte zu, die über eine bestimmte Art von Bewusstsein verfügen. Der Utilitarist Peter Singer hingegen betrachtet Empfindungsfähigkeit als entscheidendes Kriterium für die Zuschreibung eines so genannten moralischen Status.
In der gegenwärtigen Tierethik ist durchaus umstritten, ob Tiere moralische Rechte haben. Skeptiker verweisen zum Beispiel darauf, dass sie keine Adressaten von Pflichten sind und daher auch keine Rechtsträger sein können. Allerdings spricht kaum jemand Tieren einen moralischen Status ab. Das heißt es wird nicht bestritten, dass wir die Interessen von (empfindungsfähigen) Tieren moralisch zu berücksichtigen haben. Zwar wird auch in der Philosophie kontrovers diskutiert, welche Verhaltensweisen konkret im Umgang mit Tieren geboten sind. Doch dass die massive und systematische Verletzung grundlegender Interessen von Tieren, wie sie heute in Deutschland und weltweit stattfindet, moralisch nicht vertretbar ist, darüber herrscht in der gegenwärtigen Tierethik eine seltene Einigkeit.