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Gute Unternehmenskultur fördert die Gesundheit

Betriebliches Gesundheitsmanagement an der Uni Köln

Stetoskop neben einem Laptop

Seit 2016 hat die Uni Köln ein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Aber was ist das eigentlich? Das neue Gesundheitsportal gibt Auskunft und zeigt, warum BGM mehr ist als nur »Rücken«.

Sitz gerade, sonst bekommst du eine krumme Haltung! Das möchte Heike Breuer dem Denkmal von Albertus Magnus am liebsten jedes Mal zurufen, wenn sie am Uni-Hauptgebäude vorbeikommt. Die Diplom-Sportlehrerin und stellvertretende Leiterin des UniSport kennt sich mit Problemen von Hals, Wirbelsäule und Rücken aus. Der »Geierhals«, den wir bei Albertus Magnus sehen, ist ein Risiko bei der Bildschirmarbeit. »Diese Haltungsschwäche mit nach vorne geneigtem Kopf, verkrampften Schultern und Beugung der Wirbelsäule ist oft erst der Anfang«, sagt Breuer. »Es folgen quälende Schmerzen, Bandscheibenprobleme oder ein Buckel als dauerhafter Haltungsschaden.« Und das ist nicht die einzige Krankheit, die langes und schlechtes Sitzen begünstigt.

Psychische Belastungen nehmen zu

Viele Akteurinnen und Akteure an der Uni Köln sollen dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen die Gesundheit der Beschäftigten fördern. Das Angebot reicht vom UniSport über Beratung bei psychosozialen Problemen oder Sucht bis hin zu Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder bei der beruflichen Weiterqualifizierung. Denn auch Zufriedenheit und Zukunftsperspektiven wirken sich positiv auf die Gesundheit aus. Mit dem Thema »Rücken« – und anderen physischen Aspekten der Arbeitssituation – befassen sich beispielsweise neben dem UniSport auch die Arbeitsmedizin und der Arbeitsschutz. Fragen rund um Ergonomie, Lärm, Schmutz oder langes Sitzen sind in der Arbeitsstättenverordnung und dem Arbeitsschutzgesetz geregelt. Das kennen die meisten Beschäftigten, denn hier geht es um messbare Dimensionen von Gesundheit.

Weniger bekannt ist bisher, dass zu den Risiken am Arbeitsplatz auch psychosoziale Belastungen gehören. Statistiken von 2017 zeigen, dass psychische Erkrankungen (16,7 Prozent) nach Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (21,8 Prozent) heute als Grund für Arbeitsunfähigkeit bereits an zweiter Stelle stehen. Und sie sind weiter auf dem Vormarsch. Auf diese Entwicklung reagierte 2013 eine Neuerung im Arbeitsschutzgesetz. Seither sind Arbeitgeber verpflichtet, auch eine psychische Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze durchzuführen.

2015 brachte die Uni Köln ein Projekt zur Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements auf den Weg. Denn die Angebote zur Gesundheitsförderung befassen sich meist nur mit Teilbereichen von Gesundheit am Arbeitsplatz. Das Projekt soll eine präventive Gesamtstrategie für die Uni erarbeiten und die bestehenden Angebote bündeln und weiterentwickeln.

Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung – zwei unterschiedliche Paar Schuhe

Tanja Becker und Tanja Notthoff koordinieren das Projekt.  Anfangs waren sie dabei oft mit einem grundsätzlichen Missverständnis konfrontiert: »Betriebliches Gesundheitsmanagement wurde oft mit Gesundheitsförderung verwechselt«, sagt Becker. »Mittlerweile hat sich das Verständnis davon, was BGM ist, aber deutlich verbessert.« Denn im Gegensatz zur Gesundheitsförderung ist BGM ein Managementprozess. Doch auf diejenigen, die sich bereits seit Jahren in der Gesundheitsförderung engagieren, will die Universität dabei nicht verzichten: sie sind als Expertenpanel in den Prozess eingebunden.

Um dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen, die psychische Gefährdung der Arbeitsplätze zu beurteilen, musste die Universität erst einmal einen Überblick über die Problemlagen in den einzelnen Organisationseinheiten bekommen. Dazu gehören die Fakultäten, die Zentralverwaltung und die zentralen Einrichtungen. Deshalb führte sie im Frühjahr 2016 eine Vollbefragung aller Beschäftigten zur psychosozialen Belastungssituation durch: den Bielefelder Fragebogen. Insgesamt beteiligten sich mehr als 1.400 Menschen, was einem Rücklauf von 27,3 Prozent entspricht. Die Ergebnisse für die Universität insgesamt sind für alle Beschäftigten, die sich mit ihrem Uni-Account einloggen, auf dem neuen Gesundheitsportal einsehbar (siehe Informationskasten).

Wo lauert die Gefahr?

Grundsätzlich beeinflussen drei Aspekte die psychosoziale Gesundheit am Arbeitsplatz: Werte und Kultur, Führung und Zusammenarbeit. »Gesundheitlich wirksame Faktoren wie Wohlbefinden und Zufriedenheit mit der eigenen Leistung werden überwiegend positiv bewertet«, sagt Becker. Die Befragten identifizieren sich offensichtlich stark mit der Uni Köln. Außerdem gibt es große Zufriedenheit mit der kollegialen Zusammenarbeit und den Spielräumen bei der Arbeit. »Es bestehen aber auch Handlungsbedarfe – oft in Zusammenhang mit Führung«, so Becker.
Die Fakultäten, die Verwaltung und die zentralen Einrichtungen stehen dabei vor unterschiedlichen Herausforderungen. Es gibt Unterschiede je nach Art der Tätigkeit, Statusgruppenzugehörigkeit oder Fachkultur. Während viele Beschäftigte in Wissenschaft und Verwaltung einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, der sie motiviert, finden sich andererseits Belastungen durch mangelnde Partizipationsmöglichkeiten oder fehlende Transparenz über Vorgänge im eigenen Arbeitsbereich. Die Befragten gaben an, dass manche Entscheidungen nicht nachvollziehbar seien. Auch mangelnde Rück¬meldung zur Arbeit empfinden viele als problematisch. Gründe hierfür können unklare Arbeitsanweisungen, lückenhafte Kommunikation oder fehlende Einbeziehung in den Gesamtzusammenhang einer Aufgabe sein.

306 Ideen gesammelt

Um dieser diversen Landschaft Rechnung zu tragen, fanden insgesamt elf Werkstätten zur Entwicklung von Lösungsvorschlägen zur Reduzierung von Belastungen statt. Insgesamt 196 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wissenschaft und Verwaltung haben dabei gemeinsam mit dem BGM-Team 306 Ideen gesammelt. Diese reichen von der Einführung von Mitarbeitergesprächen in der Wissenschaft über die Stärkung partizipativer Teamformate bis zur Überarbeitung des Aufgabenportfolios für Leitungskräfte. Und die Ideen sollen nicht auf Hochglanzpapier stehen bleiben – das ist den Projektverantwortlichen sehr wichtig.

Dr. Alan Hansen leitet die Personalentwicklung Wissenschaft, wo das BGM-Projekt angesiedelt ist. Er bekräftigt: »Zur Umsetzung ihrer Ziele haben sich die Fakultäten, die Verwaltung und zentralen Einrichtungen selbst verpflichtet. Die Personalentwicklung bietet dabei Unterstützung an, zum Beispiel durch Führungskräfte-Programme in Wissenschaft und Verwaltung.«

2020 wird es wieder eine Befragung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geben. Damit möchte die Universität einerseits herausfinden, ob die vereinbarten Prozesse Früchte tragen, und andererseits, ob sich nicht ganz neue Belastungsfaktoren ergeben haben. Betriebliches Gesundheitsmanagement ist also ein Prozess, der in einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt mögliche Belastungen immer wieder überprüft.

»Es geht grundsätzlich darum, ein ganzheitliches Leitbild von Gesundheit am Arbeitsplatz für die Universität zu finden. Unser Ziel ist es, hier Standards zu definieren«, sagt Becker. Zum Beispiel ist es nicht selbstverständlich, dass jedes Jahr verbindlich Mitarbeitergespräche stattfinden. In der Zentralverwaltung sind sie bereits als Instrument der Kommunikation und der Zielvereinbarung zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Führungskraft bewährt, an vielen Lehrstühlen jedoch noch wenig verbreitet.

Tanja Becker und das gesamte Team sind davon überzeugt, dass sich der Erfolg von BGM nicht nur an einer Reduzierung von Krankmeldungen und anderen Kennzahlen messen lässt. Es geht ihr in erster Linie um einen Kulturwandel, und der braucht Zeit. »Wenn wir wertschätzend miteinander umgehen, klar und verbindlich kommunizieren und keinen abhängen, wirkt sich das für alle Beteiligten positiv auf die Gesundheit aus.«

Effizienzsteigerung? Nicht um jeden Preis

Nicht zuletzt führen gute Arbeitsbeziehungen auch zu besserer Arbeitsqualität. Geht es also nur um Effizienzsteigerung? Möchte die Universität ihre Beschäftigten lediglich fit halten, damit sie in Zukunft noch mehr und noch länger arbeiten können? Das hält Becker schon durch den Prozess für widerlegt: »Sowohl die Leitungen der Organisationseinheiten als auch die Hochschulleitung hören genau zu und kümmern sich verantwortungsvoll um die Bedarfe der Beschäftigten.« Es bleibt spannend: Die nächste Mitarbeiterbefragung 2020 wird zeigen, wie sich die Lage verändert hat.

Psychosoziale Belastungen können sich übrigens auch körperlich auswirken – oft durch Rückenschmerzen oder Beschwerden in Hals und Schultern. Wer bereits heute etwas für seine Gesundheit tun möchte, kann sich beim Halswirbelsäulentraining und Rückenfitness im Kursprogramm des UniSport anmelden. Denn das eigene Gesundheitsverhalten kann den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen kein noch so gutes BGM abnehmen. Die krumme Haltung des Albertus Magnus beim Denken großer Gedanken sollten wir also auf keinen Fall nachahmen.

 

<link 11825>Gesundheitsportal</link>
Das neue Gesundheitsportal informiert rund um das Betriebliche Gesundheitsmanagement und den Bielefelder Fragebogen. Angebote der Gesundheitsförderung sind im Beratungswegweiser schnell zu finden.