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Die verräterische Maus

Wie man Onlinebetrügern durch ihre Mausbewegungen auf die Spur kommt

Zuweilen erreichen uns eigentümliche Themen, die in der Redaktion so manches »Aah« oder »Ooh« auslösen.

Von Robert Hahn


Mäuse sind besondere Tiere. Manchmal sieht man sie, wenn man zu viel getrunken hat, manchmal hat man sie in der Tasche, wenn man bezahlen will, und manchmal auch in der Hand, um einen Computer zu steuern. Markus Weinmann mag Mäuse, sie sind der Forschungsgegenstand des Wissenschaftlers. Doch der Professor hat keineswegs eine Vorliebe für Nagetiere, als Wirtschaftswissenschaftler befasst er sich mit Computerdaten. Genauer gesagt: Er analysiert Informationssysteme – Business Analytics heißt sein Fachgebiet. Deswegen sind es die Computermäuse, die Weinmann interessieren. Und, was man aus ihren Bewegungen lernen kann. Bereits seit über zehn Jahren erforschen Weinmann und seine Kolleg*innen, was man aus den »Trace Data«, den Bewegungsdaten von Computernutzern, erfahren kann. Das umfasst auch die Bewegungen, die man mit dem Mauszeiger auf einer Website hinterlässt.

Die Wissenschaftler *innen analysierten das Verhalten von Online-Betrügerinnen und -Betrügern anhand dieser Daten auf einer vorgegebenen Website in zwei kontrollierten Studien mit unterschiedlichen Aufgaben. Dabei konnten die Teilnehmer*innen frei Betrug begehen, um sich finanziell zu bereichern.

Es stellte sich heraus, dass die Maus ein verräterisches Tier ist.Während die Probanden die Aufgaben ausführten, erfasste das Team die Mausbewegungen und stellte fest, dass Teilnehmer*innen, die betrügerische Antworten eingaben, ihre Maus im Durchschnitt deutlich langsamer und mit größerer Abweichung bewegten als die ehrlichen Nutzer. Die Methode berücksichtigt dabei auch die eigenen individuellen Bewegungen. Dabei spielte auch das Ausmaß des Betrugs eine Rolle, sodass ein größerer Betrug die Bewegungsabweichung erhöht und die Bewegungsgeschwindigkeit verringert. Das Team kam zu dem Ergebnis, dass Betrüger*innen um 20 bis 42 Prozent längere und gleichzeitig 15 bis 26 Prozent langsamere Mausbewegungen als ehrliche Nutzer*innen machten.

Die Forschenden erklären ihr Ergebnis durch den zusätzlichen kognitiven Aufwand für Betrüger: Bei gezielten Bewegungen, wie zum Beispiel den Mauscursor auf einen Button führen, passt das Gehirn die Geschwindigkeit so an, dass das Ziel gut erreicht wird, ohne darüber hinauszuschießen. Betrüger*innen haben aber immer eine »zweite Geschichte« im Kopf, die sie bei jedem Schritt aufrechterhalten müssen. Das Gehirn hat dadurch zusätzliche Arbeitsbelastung. Das kann zu Zögern führen, was sich durch längere Mausbewegungen ausdrückt.

So ließen sich Online-Betrüger*innen schon beim Betrugsversuch identifizieren, am digitalen Rascheln der Mäuse quasi. Kriminelle Geister sollten sich also vor ihrer Computermaus in Acht nehmen, sonst schnappt die Falle zu.