Es fällt oft nicht leicht, im stressigen Uni-Alltag zwischen Vorlesung, Nebenjob und Hausarbeit noch Zeit und Motivation für körperliche Ertüchtigung zu finden. Hier kommen drei Sportarten aus dem UniSport-Programm, die richtig Spaß machen – aus Irland, Asien und Hogwarts.
Dreißig Spieler und Spielerinnen sprinten über ein Feld. Gezielt und trickreich versuchen sie sich gegenseitig den Ball von der Größe eines Baseballs abzujagen. Mit ihren Schlägern und echtem Körpereinsatz spielen sie den Ball rasant übers Feld. Mal wird er hoch in die Luft geschossen, mal auf dem Schläger balanciert oder wie ein Hockeypuck über den Rasen gefegt. Die Zuschauer halten den Atem an, die Augen müssen sich konzentrieren, um den schnellen Ballwechsel nicht zu verpassen. Einer der Spieler katapultiert den Ball gekonnt ins Tor und die Menge jubelt.
Nicht sicher, ob es sich um Feldhockey, Baseball oder doch Rugby handelt? Willkommen beim Hurling, das Elemente aus allen drei Sportarten vereint. Das Spiel ist in Irland Nationalsport und wurde dort bereits vor mehreren tausend Jahren erfunden. Doch keine Sorge: Auf die grüne Insel muss man nicht reisen um Hurling kennenzulernen, ein Gang zum UniSport reicht.
Das Team der Cologne Celtics gibt es seit 2012 – eine gemischte Mannschaft. Bei offiziellen Wettkämpfen treten allerdings nur Männer im Hurling an, während Frauen eine Abwandlung, das sogenannte Camogie, spielen. »Die beiden Sportarten unterscheiden sich nicht wirklich voneinander. Bei Camogie sind die Bälle ein bisschen kleiner, aber beide Spiele sind schnell und unterhaltsam «, sagt Stephen O’Rourke, Vorsitzender der Cologne Celtics. In Köln spielen und trainieren alle Spieler und Spielerinnen bei Trainer Liam Kenny gemeinsam.
Auf den ersten Blick erscheinen Hurling und Camogie recht brutal. Seine Gegnerinnen und Gegner mit der Schulter zu rammen, der sogenannte »Shoulderclash«, und Schlägerkontakt lassen das Spiel rau erscheinen. Dabei spielen Regelwerk und Technik eine große Rolle. Lea Janßen hat während ihres Jahrs als Au-pair in Irland ihre Leidenschaft für den Sport entdeckt. Dort ist Hurling ungeheuer beliebt, fast jedes Dorf hat eine eigene Mannschaft. »Als ich Hurling zum ersten Mal gesehen habe, hatte ich schon Angst richtig was abzubekommen «, sagt die Studentin der Geschichte und Skandinavistik. »Es wird zwar auch mit Körperkontakt gespielt, aber dafür haben wir ja Helme. Und wenn mal einer fällt, hilft man sich gegenseitig wieder auf.« Auch muss man keine komplett durchtrainierte Konditionsbestie sein, um mitmachen zu können. Ein bisschen Ausdauer und viel Motivation genügen.
Sie können alles, nur nicht fliegen
Ein weiterer Ballsport hat seinen Weg von den britischen Inseln nach Köln gefunden, obwohl er eigentlich aus der Welt der Fantasy-Literatur stammt. Quidditch – laut Harry Potter-Autorin Joanne K. Rowling »die bekannteste Sportart in der Zaubererwelt«. Hexen und Zauberer jagen auf Besen durch die Lüfte und probieren, mit dem »Quaffel« Tore zu erzielen. Daran werden sie jedoch von brutal geschlagenen »Klatschern« der gegnerischen Mannschaft gehindert. Das Spiel endet erst, wenn der sogenannte Sucher den »goldenen Schnatz« fängt: einen kleinen goldenen Ball, der blitzschnell mal hier, mal dort auf dem Spielfeld erscheint.
Bei den ganz normalen Menschen, also »Muggeln«, sieht das Spiel etwas anders aus – hauptsächlich, weil sie bedauerlicherweise keine fliegenden Besen haben. Ann- Sophie Vornholz ist seit 2016 bei den Cologne Cannons als »Chaser« (oder Jägerin) mit dabei. Sie hatte vorher noch nie einen Ballsport gespielt, aber ihr Mangel an Erfahrung störte niemanden. »Wir haben in unserem Team ganz unterschiedliche Spieler. Einer hat früher Fußball auf Leistung gespielt, andere waren kaum sportlich aktiv«, sagt Ann-Sophie.
Die Kombination aus Handball, Völkerball und Rugby wird ebenfalls in gemischten Teams gespielt. Dabei ist eigentlich alles wie bei Harry Potter: sechs Spieler und Spielerinnen decken die Positionen Hüter, Jäger, Treiber und Sucher ab. Als Besenersatz dienen hohle Kunststoffstäbe, die beim Laufen zwischen den Beinen gehalten werden müssen. Alle tragen neben Fußballschuhen auch Knieschoner und Mundschutz – falls man doch mal einen »Besen« oder einen zu stark geschlagenen Klatscher abbekommt. Als Quaffel dient ein Volleyball, die beiden Klatscher sind Dodge- oder Völkerbälle. Der goldene Schnatz wird auch von einem Spieler gespielt, der über das Spielfeld läuft. Der Sucher hat die Aufgabe, ihm oder ihr einen Tennisball in einer Socke aus dem Hosenbund zu ziehen. Das beendet auch in der Welt der Muggel das Spiel.
Laut Deutschem Quidditchverband (ja, den gibt es!) ist das Ballspiel auf Besen eine der am schnellsten wachsenden Sportarten weltweit: Allein in Deutschland gibt es mittlerweile schon circa 50 Teams. Als die Sportart noch in den Kinderschuhen steckte, stand vor allem der Ulk-Faktor im Vordergrund. So durfte sich der goldene Schnatz beispielsweise auch außerhalb des Spielfeldes frei bewegen. Da kam es schon mal vor, dass er auf einen Baum kletterte oder im Auto davonfuhr. »Heute geht die Entwicklung eher dahin, dass Quidditch seriöser und athletischer wird. Aber natürlich muss auch eine Portion Spaß mit dabei sein«, sagt Ann-Sophie. Dass das andere deutsche Universitätsteams genauso sehen, zeigen schon die Namen der Bielefelder Basilisken, Düsseldorf Dementors, Horkruxe Halle oder Dobbys Klatscher Oldenburg.
Asiatische Ballakrobatik
Wer genug vom Rennen hat, aber dennoch nicht auf schnelle Ballwechsel verzichten möchte, kann sich an Sepaktakraw (gesprochen: seːpàk tàkrɔ̂ː) versuchen. Sepak ... was? Das hört der Kölner Spielleiter Gunnar Vogt oft. »Der Sport ist schon etwas exotisch«, sagt er. »Aber was hier für Viele etwas ganz Neues ist, ist in den Dörfern Südostasiens sehr beliebt.« 2003 übernahm Gunnar die Leitung des Teams an der Deutschen Sporthochschule Köln. Er spielt das rasante Rückschlagspiel auch in der deutschen Nationalmannschaft und hat schon mehrfach an Weltmeisterschaften teilgenommen.
Sepak ist malaiisch und bedeutet treten oder schießen. Takraw bezeichnet auf Thai den kleinen gefl ochtenen Ball, mit dem gespielt wird. Der Sport wird seit circa 500 Jahren in Thailand und Malaysia gespielt, ist aber auch in Indonesien, Laos, Singapur, Myanmar und auf den Philippinen weit verbreitet. Anfangs bestand er darin, sich einen Rattan-Ball mit dem Fuß im Kreis zuzuspielen. Später kamen Elemente aus anderen Ballsportarten hinzu.
Im Prinzip handelt es sich um Volleyball, gespielt mit den Füßen auf einem Badmintonfeld. Auf jeder Seite stehen drei Spieler, hinten der Tekong (Kapitän) und vorne der Feeder, der den Ball dem Striker – auch Killer genannt – zuspielt. »Es geht viel um Antizipation und Ballgefühl, wie man es aus Sportarten wie Fuß- und Volleyball oder Badminton kennt. Dazu kommen Akrobatik und Körperbeherrschung, um den Ball auch wirklich schnell über das 1,55 Meter hohe Netz zu befördern «, erklärt Gunnar. Einige Spieler machen sogar eine Art Salto oder Fallrückzieher am Netz und treffen dann den Ball am höchsten Punkt.
Jeder, der eine gewisse Portion Neugier, Offenheit und Ehrgeiz mitbringt, kann Sepaktakraw lernen, meint Gunnar. »Man braucht jedoch schon ein paar Einheiten, um zu merken, ob dieser Sport wirklich etwas für einen ist«, fügt er hinzu. Wer Talent zeigt und ehrgeizig spielt, kann es sogar als Kandidat in die Nationalmannschaft schaffen.