Jeder kennt sie, jeder hat sie. Dinge, die unter den vielen Gegenständen, die sich im Laufe der Zeit in der Wohnung oder im Büro angesammelt haben, einen besonderen Stellenwert haben. Wir verbinden sie mit einer Person, einer Begegnung oder einem besonderen Augenblick im Leben, der uns in Erinnerung bleibt. Professorin Dr. Susanne Gruß, Professur für Englische Literatur- und Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Gender und Queer Studies, über die Holzaffen in ihrem Büro, die sie gelegentlich daran erinnern sollen, sich selbst nicht immer zu ernst zu nehmen.
Ich habe mir die Welt schon immer auch haptisch und visuell erschlossen, obwohl mein Berufsalltag als Professorin mit Fokus auf die britische Literatur eigentlich textbasiert zu sein scheint. Als anglistische Literaturwissenschaftlerin mit einer stark kulturwissenschaftlichen Perspektive auf meine Untersuchungsgegenstände sind für mich neben fiktionalen Texten – dem klassisch philologischen Gegenstand meines Fachs – andere Formen von Texten und Diskursen (Filme, Serien, weitere visuelle Medien oder Gebrauchs- und Rechtstexte) ebenso wie die materielle Kultur des Vereinigten Königreichs allerdings genauso zentral.
Gegenstände und ihre affektive Aufladung und Bedeutung sind damit Forschungsgegenstand, haben in meinem Büro aber außerdem biographische Bedeutung. Meine Stelle an der Universität zu Köln habe ich erst vor kurzem angetreten, und die beiden Holzaffen sind gleich zu Beginn in mein Büro eingezogen. Sie sind ein Geschenk meiner Mutter zum Ruf und zur Ernennung zur Professorin.
Meine Eltern, insbesondere aber meine Mutter, die selbst nicht studiert hat, haben mich viele Jahre lang geduldig und oft mit einer gewissen Besorgnis auf dem Weg durch Promotion, Habilitation, Familiengründung und mehrere Professurvertretungen begleitet und den Amtsantritt in Köln dann mit Stolz und Erleichterung zur Kenntnis genommen. Die Affen erinnern mich an meine Eltern, als Holzspielzeug aber auch an meine beiden Töchter. Symbolisch sitzt so immer meine ganze Familie mit am Schreibtisch.
Zugleich ist die Entscheidung für die Holzaffen im Professorinnenbüro der Versuch, mir selbst einen verspielt mahnenden Zeigefinger vor die Nase zu setzen: Professor*innen nehmen sich – das ist ihrer Stellung in der universitären Hierarchie geschuldet – sicherlich oft zu ernst oder merken nicht (mehr), wenn sie sich selbst ab und an »zum Affen machen«. Ich hoffe, dass es mir durch die Gesellschaft meiner Holzaffen gelingt, mich selbst und den Universitätsbetrieb weiterhin mit einer gesunden Portion Selbstironie zu sehen.