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Berichterstattung im „Spiegel“: Fragen und Antworten

Zur Berichterstattung im Magazin „Der Spiegel“ vom 17.12.2022 über Vorwürfe grenzüberschreitenden Verhaltens eines Hochschullehrers an der Universität zu Köln. Nachstehend hat die Universitätsleitung einige der an sie herangetragenen Fragen aufgegriffen.


Wie ist die Haltung der Universität zu grenzüberschreitendem Verhalten?

Es ist unser erklärter Anspruch, gegen Machtmissbrauch, Diskriminierung, physische und psychische Gewalt sowie Übergriffe aller Art gleichermaßen konsequent wie effektiv vorzugehen. Als Universität verfolgen wir in diesem Bereich eine Null-Toleranz-Strategie und leben eine Kultur des Hinsehens. Vor diesem Hintergrund sind alle Angehörigen der Universität verpflichtet und ausdrücklich dazu aufgefordert, übergriffiges Verhalten – in welcher Form auch immer – nicht durch Wegsehen oder Verschweigen zu billigen.

Auch an einer großen Hochschule gilt die Fürsorge der Universitätsleitung jedem und jeder einzelnen Studierenden, Promovierenden, Habilitierenden sowie allen Beschäftigten. Wir legen außerordentlich großen Wert darauf, auch und insbesondere jungen Angehörigen unserer Universität eine sichere, wertschätzende und diskriminierungsfreie Umgebung zu bieten. Um Beschwerdemöglichkeiten einfach und transparent zu gestalten, haben wir ein umfassendes Ombudswesen implementiert, das stetig weiterentwickelt wird. Es gibt professionelle Ansprechpartner*innen auf Universitäts- und Fakultätsebene sowie in der Verwaltung. Ausdrücklich ermutigen wir Betroffene sowie sonstige Zeug*innen dazu, sich bei allen Missständen an die Vertrauenspersonen zu wenden. Dies gilt anlässlich der aktuellen Berichterstattung und selbstverständlich darüber hinaus.


Welche Stellen an der Universität kann ich vertrauensvoll ansprechen?

Grundsätzlich sind die Universitätsleitung sowie das Justiziariat Ansprechpartner bezüglich möglicher Regel- bzw. Rechtsverstöße im Bereich der Universität. Es existiert für Beschäftigte zudem die Möglichkeit, die AGG-Beschwerdestelle sowie die Gleichstellungsbeauftragte zu kontaktieren. Vielfach möchten Betroffene jedoch zunächst das Gespräch suchen.

Unsere allgemeinen Ansprechpartner*innen und Beratungsstellen bei Diskriminierung finden Sie unter https://vielfalt.uni-koeln.de/beratung.

Besondere Ansprechpartner*innen bestehen darüber hinaus für Promovierende und Nachwuchswissenschaftler*innen: https://portal.uni-koeln.de/albertus-magnus-center/promovierende/allgemeine-informationen/betreuung-beratung-promotion/rat-und-tat-bei-problemen-und-konflikten.

 

Was besagt die Antidiskriminierungs-Richtlinie der Universität?

Grundlage der Bewertung möglichen Fehlverhaltens ist vorbehaltlich der einschlägigen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen die Antidiskriminierungs-Richtlinie der Universität zu Köln (2002): https://am.uni-koeln.de/e35075/am_mitteilungen/@50/AM_2022-51_Antidiskriminierung_RiLi_2022_ger.pdf.

Die Richtlinie stellt ein übergreifendes, verbindliches und transparentes Regelwerk für das Verfahren mit Diskriminierungsfällen an der Universität zu Köln dar. Sie dient den zahlreichen Beratungs- und Anlaufstellen als Orientierung, unterstützt und stärkt Betroffene und hebt die Verantwortlichkeit der Leitungsebene hervor.

Gemäß der Richtlinie sind insbesondere alle Personen mit Leitungsaufgaben ausdrücklich dazu verpflichtet, Diskriminierungen entgegenzuwirken. Daher werden viele Anliegen bereits auf dezentraler Ebene im jeweiligen Arbeitsbereich aufgenommen und gelöst.

Die Richtlinie, das Ombudswesen und das Beschwerdemanagement der Universität zu Köln werden kontinuierlich weiterentwickelt und an sich verändernde Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten angepasst.

 

Wieso veröffentlicht die Universität diese Frage-Antwort-Übersicht?

Im Zuge der Berichterstattung haben uns zahlreiche Nachfragen erreicht. Die Universitätsleitung möchte sich in der aktuellen Debatte nicht verstecken – und Missverständnissen in Bezug auf Verfahren und Abläufen entgegenwirken. Bei der Beantwortung dieser Fragen ist die Universität allerdings von Rechts wegen verpflichtet, von konkreten Mitteilungen zu Inhalten oder dem Stand eines Verfahrens abzusehen, soweit es eine konkrete Person betrifft. So nachvollziehbar die Wünsche nach einer umfassenden Mitteilung an die Öffentlichkeit sind, ist angesichts der geltenden Rechtslage (Wertung der §§ 30 Abs. 2, 58 LDG NRW) eine fallbezogene Information der Öffentlichkeit leider unzulässig. Die nachstehenden Mitteilungen können folglich nur allgemein ausfallen.

 

Was tut die Universität, um diejenigen zu schützen, die ihr Missstände anzeigen?

Wir sichern allen Beschwerdeführenden zu, ihre Anliegen zunächst streng vertraulich vorbringen zu können, und besprechen mit ihnen jeden möglichen weiteren Schritt. Gesetzlicher Maßstab ist eine sorgfältige und neutrale Ermittlung sowie Bewertung des zutage geförderten Sachverhalts. Sofern mögliche Missstände bekannt werden, ist es Verpflichtung wie Anspruch der Universität, die Beschwerdeführenden zu schützen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die übergriffiges Verhalten in Zukunft unterbinden.

Bereits bei begründeten Verdachtsfällen – und nicht erst nach Abschluss eines Disziplinarverfahrens – werden Beschwerdeführende möglichst dem Einflussbereich des*der Beschuldigten entzogen. Dies kann vor allem durch die Möglichkeit für Betroffene, ihre Arbeit bzw. ihr Promotions- oder Habilitationsvorhaben an anderer Stelle fortzusetzen, oder durch einen Entzug der Weisungsgebundenheit gegenüber dem*der Vorgesetzten erfolgen. Gegebenenfalls kann zudem die unmittelbare Kommunikation mit den Beschwerdeführenden untersagt werden. Die konkreten Maßnahmen richten sich nach Art und Schwere der jeweiligen Vorwürfe sowie den Gegebenheiten, in denen die in Rede stehenden Übergriffe vorgenommen werden konnten. Maßnahmen, die sich auf den Lehr- und Prüfungsbetrieb beziehen, sind an besonders hohe Hürden geknüpft und kommen angesichts der verfassungsverbürgten Wissenschaftsfreiheit in aller Regel nur in Betracht, wenn sich die inkriminierten auch auf diese Bereiche beziehen.

Grundsätzlich nimmt die Universität präventive Weisungen nur dann zurück, wenn dies dem ausdrücklichen Wunsch der Beschwerdeführenden entspricht oder gerichtliche Entscheidungen die Universität verpflichten. Darüber hinausgehende Maßnahmen darf die Universität von Rechts wegen nur im Rahmen eines ordnungsgemäß durchgeführten – und bei gerichtlicher Anfechtung auch rechtskräftigen – Disziplinarverfahrens vornehmen.

 

Wie führt die Universität Disziplinarermittlungen?

Wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Dienstvergehen vorliegen könnte, leiten wir nach Maßgabe des geltenden Disziplinarrechts entsprechende Verfahren ein. Nur auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse im Rahmen eines förmlichen Disziplinarverfahrens dürfen Sanktionen erlassen werden. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass be- ebenso wie entlastende Umstände zu ermitteln und in die Wertungen einzubeziehen sind (§ 21 Abs. 1 LDG NRW).

Wegen der Besonderheiten des Disziplinarrechts kann ein Verfahren in vielen Fällen nur eingeleitet werden, wenn die Beschwerdeführenden ihre Identität offenbaren – nämlich insbesondere dann, wenn andere Beweismittel alleine nicht ausreichen oder zu ihrer Würdigung die Ermittlung des Kontexts erforderlich ist. Sind Zeug*innen im Disziplinarverfahren gem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 LDG NRW zu vernehmen, sind diese grundsätzlich zur Aussage verpflichtet (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 LDG NRW). Eine Ladung gegen ihren Willen ist im Falle von Beschwerdeführenden allerdings die absolute Ausnahme und bislang noch nicht vorgekommen.

Von Gesetzes wegen steht es dem Beschuldigten ausdrücklich zu, „an der Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen sowie Sachverständigen und an der Einnahme des Augenscheins teilzunehmen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen“ (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW). Ein Ausschluss des Beschuldigten ist gem. § 25 Abs. 3 LDG NRW nur ausnahmsweise zulässig, „soweit dies aus wichtigen Gründen erforderlich“ ist. Hierfür genügt es nicht allein, dass Zeug*innen schwerwiegende Vorhalte gegenüber dem*der Beschuldigten machen, denn dies ist gerade Gegenstand des Disziplinarverfahrens.


Wieso haben Beschuldigte im Disziplinarverfahren eine derart starke Stellung?

Das Disziplinarrecht stellt zwar in weiten Teilen eine Art des vorgerichtlichen Ermittlungsverfahrens dar. Der Gesetzgeber hat sich aber entschieden, die Rechte von Beschuldigten im Vergleich zum Strafverfahren überaus stark auszugestalten. Verfahrensbezogene Opferschutzinstrumente, wie sie etwa das Strafprozessrecht kennt, existieren im Disziplinarrecht quasi nicht. Ein Disziplinarverfahren kann darum für die Beschwerdeführenden oft sehr belastend sein. Sowohl die Offenbarung der Identität von Beschwerdeführenden wie auch Informationen über die Existenz von Untersuchungen bergen für die Beschwerdeführenden – wie auch für die beschuldigten Personen – Gefahren von Stigmatisierung und Rufschädigung, die über die Einflusssphäre der Universität hinausreichen können. Darauf müssen wir die Beschwerdeführenden in Vorgesprächen hinweisen.


Warum äußert sich die Universität nicht zum Stand des konkreten Verfahrens?

Die Tatsache, dass wir uns bei laufenden Untersuchungen grundsätzlich nicht zur Sache äußern, ist gesetzlich begründet. Datenschutz-, Beamtenrecht sowie vor allem das einschlägige Disziplinarrecht (Wertung der §§ 30 Abs. 2, 58 LDG NRW) untersagen es der Universität, der Öffentlichkeit personenbezogene Informationen mitzuteilen. Das bedeutet konkret, dass wir Aussagen im Artikel des „Spiegel“ grundsätzlich weder bestätigen noch dementieren oder kommentieren dürfen. Das gilt auch dann, wenn dies, wie im aktuellen Fall, für uns als Universität nachteilig ist, da wir unser Vorgehen nicht konkreter erläutern können, und es gilt sogar auch für bereits abgeschlossene Fälle sowie mögliche gerichtliche Anfechtungen getroffener Entscheidungen.


Warum nehmen Ermittlungen generell so viel Zeit in Anspruch?

Die Universität ist verpflichtet, ein Disziplinarverfahren gem. § 4 Abs. 1 LDG NRW zügig zu bearbeiten und nimmt diesen gesetzlichen Auftrag sehr ernst. Dennoch kann jeder Prozessschritt mehrere Monate dauern Die gesetzlichen Abläufe sehen vor, dass bei Beschwerden zunächst Vorermittlungen erfolgen, die bei entsprechendem Ergebnis in weitere Prozessschritte münden können.

Im gegebenenfalls folgenden Disziplinarverfahren müssen zahlreiche Termine koordiniert, Protokolle erstellt, Unterlagen angefordert, Informationen ausgewertet und Entscheidungen ausführlich begründet werden. Vor allem dann, wenn Vorwürfe zugleich massiv und komplex sind, kann eine umfassende Beweiserhebung erforderlich sein.

Eine besondere Herausforderung stellen Ermittlungen in Bezug auf ein längerfristiges inkriminiertes Verhalten des*der Beschuldigten dar. Auch wenn sich bereits mehrere Zeug*innen gefunden haben, darf die Universität nicht davon absehen, mögliche weitere von den in Rede stehenden Vorwürfen betroffene Personen ausfindig zu machen. Darüber hinaus sind – schon zur objektiven Untermauerung der Vorwürfe – unbeteiligte Dritte zu suchen, die Mitteilungen zu beobachtetem Verhalten machen können. An all diesen Feststellungen ist der*die Beschuldigte zu beteiligen (siehe oben). An einer umfassenden, tiefgehenden und gerichtsfesten Sachverhaltsaufklärung haben alle Beteiligten ein Interesse.

Kommt es dazu, dass Beschuldigte sich gegen die im Rahmen von Disziplinarverfahren statuierten Sanktionen gerichtlich zur Wehr setzen, dürfen diese grundsätzlich erst dann vorgenommen werden, wenn die letzte justizielle Entscheidung vorliegt. Bis zur Rechtskraft gilt für den*die Beschuldigten die Unschuldsvermutung.


Welche Rolle spielen proaktive, kritische Befragungen von Zeug*innen in einem Disziplinarverfahren?

Wie oben beschrieben, hat die Universität auch entlastende Umstände von Amts wegen zu ermitteln. Zeug*innenaussagen müssen daher unabhängig von ihrer Glaubhaftigkeit kritisch hinterfragt werden. In diesem Kontext sind insbesondere gegenläufige Darstellungen des*der Beschuldigten einzubeziehen; dies gilt auch für eher abwegige Bekundungen. Gerade für die Feststellung, dass Zeug*innen glaubwürdig sind, bedarf es bisweilen einer proaktiven Befragungsweise. Das bedeutet nicht, dass beschwichtigt oder abgewiegelt wird oder dass die Universität gegenüber den Beschwerdeführenden voreingenommen wäre.


Wann wird die Universität Neuigkeiten zu dem konkreten Fall vermelden können?

Aufgrund der beschriebenen gesetzlichen Pflichten kann die Universität weder zum Bestehen noch zum Stand möglicher Untersuchungs- und Verfahrensschritte konkret kommunizieren. Eine Prognose, wann Neuigkeiten vermeldet werden können, ist vor diesem Hintergrund leider nicht zu treffen.

 

Ansprechpartnerin für Fragen zur Kommunikation ist

Dr. Elisabeth Hoffmann
Universität zu Köln
Dezernentin Kommunikation & Marketing
Albertus-Magnus-Platz | D-50923 Köln
E-Mail: e.hoffmannSpamProtectionverw.uni-koeln.de
kommunikation-marketing.uni-koeln.de