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Uni Köln trauert um Benjamin Ferencz

Der letzte lebende Chefankläger der Nürnberger Prozesse und Ehrendoktor der Universität zu Köln, Benjamin Ferencz ist gestorben. Der weltweit hoch geachtete Jurist verstarb am Freitag im Alter von 103 Jahren.

Professor Ferencz wurde noch im Zweiten Weltkrieg als Ermittler von Nazi-Kriegsverbrechen tätig. 1947 und 1948 diente er als Chefankläger der USA im sogenannten Einsatzgruppen-Prozess. Später gehörte er zu jenen Wissenschaftlern, die entscheidend zur Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs beigetragen haben.

Benjamin Ferencz wurde 1920 als Sohn eines jüdischen Schuhmachers in Rumänien geboren, der in den 20er Jahren nach Amerika auswanderte. Seine Eltern ließen sich in der Lower East Side in Manhattan nieder. Dank seines herausragenden Intellekts und seiner Zielstrebigkeit schaffte er es, nicht nur in der Schule erfolgreich zu sein, sondern später auch an der Harvard Law School zu brillieren. Er studierte dort bei dem bekannten amerikanischen Rechtswissenschaftler Roscoe Pound und arbeitete Professor Sheldon Glueck zu, der zu dieser Zeit ein Buch über Kriegsverbrechen schrieb.

Während des Zweiten Weltkrieges landete Ferencz am 6. Juni 1944 mit den Alliierten auf Omaha Beach und nahm dann an zahlreichen Kämpfen bis zur alliierten Rheinüberquerung bei Remagen im Frühjahr 1945 teil. Noch als US-Soldat sammelte Ferencz Beweise für deutsche Kriegsverbrechen und nahm zu diesem Zweck an der Befreiung einiger deutscher Konzentrationslager teil. Nach einer kurzen Zeit in den Vereinigten Staaten kehrte Ferencz 1946 nach Deutschland zurück, um als Ankläger im Team von Telford Taylor an den Prozessen vor US-amerikanischen Militärgerichten teilzunehmen, die dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess nachfolgten. Im Rahmen dieser Nürnberger Folgeverfahren initiierte Ferencz dasjenige zu den „Einsatzgruppen“ und wurde hier, gerade 27 Jahre alt, Chefankläger der USA. Alle 22 Angeklagten in diesem seinerzeit als größter Mordprozess der Geschichte bezeichneten Verfahren wurden 1948 schuldig gesprochen.

Nachdem sich Ferencz in den 1950er Jahren erfolgreich für die Entschädigung jüdischer Opfer des Nationalsozialismus eingesetzt hatte, begann er ab den 1970er Jahren damit, für die Gründung eines internationalen Strafgerichtshofs zu wirken, in dessen Zuständigkeit nach seiner Vorstellung unbedingt auch das Verbrechen der Aggression (das in Nürnberg so genannte Verbrechen gegen den Frieden) fallen sollte.

2008 besuchte Benjamin Ferencz, Professor für Internationales Recht an der Pace University (New York), die Universität zu Köln, um seinen Freund Dr. h.c. Hans-Peter Kaul, den ersten deutschen Richter am Internationalen Strafgerichtshof, zu würdigen, dem die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln die Ehrendoktorwürde verlieh.

Anfang 2021 erhielt Benjamin Ferencz dann selbst die Ehrendoktorwürde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Die Verleihung der Ehrendoktorwürde wurde nebst einem aus Anlass der Feier mit dem Geehrten geführten Gespräch aufgezeichnet.

Zur bleibenden Erinnerung an den Festakt zur Verleihung der Ehrendoktorwürde wurde 2022 in der Schriftenreihe „Kölner Schriften zum Friedenssicherungsrecht“ der bebilderte Band „In Honor of Benjamin Ferencz“ herausgegeben, in dem ein persönlich gehaltener Rückblick von Benjamin Ferencz zu seiner langjährigen Auseinandersetzung mit dem Verbrechen der Aggression zum Wiederabdruck gekommen ist.

Benjamin Ferencz besonders verbunden war an der Universität zu Köln der Völkerrechtler Professor Dr. Claus Kreß, der sich im Gespräch mit Michael Köhler (Deutschlandfunk) seiner erinnert.