Fragen und Antworten zu Tierversuchen an der Universität zu Köln
Was ist ein Tierversuch?
Das deutsche Tierschutzgesetz definiert Tierversuche als „Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere verbunden sein können“. Dazu zählen auch Versuche, bei denen Wissenschaftler*innen das Erbgut eines Tieres verändern, sowie die Zucht von genetisch veränderten Tierlinien.
Tierversuche dienen unter anderem dem Zweck
- der Grundlagenforschung,
- der Untersuchung und Behandlung von Krankheiten (bei Menschen und Tieren)
- von gesetzlich vorgeschriebene Toxitäts- und Sicherheitsprüfungen von Medikamenten und Chemikalien.
Darüber hinaus gibt es Tierversuche zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszwecken sowie der Herstellung und Vermehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen, wenn diese für die Forschung benötigt werden (wie Antikörper).
Das Töten von Tieren allein zum Zweck der Organentnahme oder der Gewinnung von Zellen gilt nicht als Tierversuch. Die Zellen oder Organe können entweder unmittelbar untersucht werden. Oder sie werden zum Aufbau einer Zell- oder Gewebekultur genutzt. Solche In-vitro-Kulturen helfen dann unter anderem, Untersuchungen am lebenden Tier zu ergänzen oder möglichst teilweise zu ersetzen.
Warum werden Tierversuche in Forschung und Lehre durchgeführt?
Jedes Jahr werden ca. 2,8 Mio. Versuchstiere in Deutschland verwendet.
Davon wurden im Jahr 2020 ca. 58 % der Tiere zum Zweck der Grundlagenforschung, weitere ca. 13% im Rahmen der translationalen und angewandten Forschung sowie ca. 2% für die Aus-, Fort- und Weiterbildung eingesetzt. Weitere Zwecke, für die Tiere zu Forschungszwecken eingesetzt wurden, sind: Regulatorischer Zweck und Routineproduktion (ca. 19%), Erhaltung der Art (1%), Schutz der Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Menschen und Tieren < 1%, Erhaltung von Kolonien etablierter, genetisch veränderter Tiere, die nicht in anderen Verfahren verwendet werden (ca. 6%). Nähere Informationen zu den bei uns eingesetzten Versuchstieren finden sie hier im Fragen und Antworten-Bereich.
Um die bestmöglichen Bedingungen für das Vorbeugen, Erkennen und Behandeln von Krankheiten zu schaffen, werden bei uns im Rahmen der translationalen und angewandten Forschung und der biomedizinischen Grundlagenforschung Tierversuche durchgeführt.
Ziel der biomedizinischen Grundlagenforschung ist die Verbesserung der Lebenssituation für den Menschen. Dies entspricht nicht zuletzt dem Solidaritätsprinzip, der Verpflichtung Hilfsbedürftigen, Schwachen und Kranken, die bestmögliche Therapie, Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen.
Zusätzlich zur biomedizinischen Grundlagenforschung betreiben wir auch biologische Grundlagenforschung:
Ziel der biologischen Grundlagenforschung ist der Erkenntnisgewinn über grundlegende biologische Prozesse und die Untersuchung von Fragestellungen zum Thema Natur- und Umweltschutz. Langfristig können auch diese Erkenntnisse helfen die Lebenssituation von Mensch und Tier zu verbessern.
Neben der Forschung ist die Lehre eine weitere wichtige Funktion unserer Universität. Mit rund 50.000 Studierenden pro Jahr und etwa 100 qualitätsgesicherten Studienprogrammen ist die Universität zu Köln eine der größten Universitäten der Bundesrepublik. Größtenteils laufen diese Studienprogramme ohne die Verwendung von Tieren ab und es wird auf Alternativmethoden zurückgegriffen. Die Verwendung von Tieren in der Lehre und Ausbildung muss kritisch betrachtet werden. Entsprechend unserer Leitlinien haben wir eine hohe moralische Verantwortung gegenüber den Tieren - auch in der Lehre.
Allerdings werden an unserer Universität teilweise Tiere in der Lehre eingesetzt. Hierbei muss man klar unterscheiden zwischen genehmigungspflichtigen Ausbildungsversuchen und genehmigungsfreien Verfahren. Eingriffe zu Ausbildungszwecken an Wirbeltieren und Kopffüßern (Cephalopoden), die mit einer potentiellen Belastung für das Tier einhergehen müssen vorab durch die zuständige Behörde (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) genehmigt werden. D.h. sobald mit einer Belastung auch nur gerechnet werden kann, unterliegt der Eingriff der Genehmigungspflicht. An unserer Universität werden auch genehmigungspflichtige Ausbildungsversuche z.B. im Rahmen von versuchstierkundlichen Kursen oder der Ausbildung neuer Mitarbeiter durchgeführt. Die Vermittlung von Kenntnissen über das Tierschutzgesetz, Ethik und das Versuchstier ist essentiell für den Personenkreis, der in seinem späteren Berufsfeld mit Tierversuchen in Kontakt kommt. Nur wer das Verhalten und die Bedürfnisse der Versuchstiere kennt, einen tierschutzgerechten Umgang mit den Versuchstieren gelernt hat und den moralischen Wert des Versuchstieres begreift, praktiziert aus eigenem Antrieb eine tierschutzgerechte und verantwortungsvolle Forschung. So lernen z.B. zukünftige „Wissenschaftler*innen“ die vorher noch nicht am Tier gearbeitet haben in versuchstierkundlichen Kursen den tierschutzgerechten Umgang mit Mäusen und Ratten. Hier wird, wo es geht, auf Videodemonstrationen und die Verwendung von tierfreien Modellen zurückgegriffen. Das tierschutzgerechte Markieren von Versuchstieren, das Handling (artgerechte Anfassen) von Versuchstieren oder die Injektion von Substanzen werden unter Aufsicht trainiert. Zusätzlich erhalten alle Teilnehmer*innen selbstverständlich noch Hintergrundinformationen über die Gesetzgebung, Ethik im Tierversuch und die Umsetzung des 3R-Prinzipes. Die eigene Schulung von neuen Mitarbeiter*innen ermöglicht es uns direkt die Standards in Tierschutz und guter wissenschaftlicher Praxis zu vermitteln. Selbstverständlich gehört hierzu auch, dass Tierversuche – auch in der Lehre - auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt werden.
Wie viele und welche Tiere werden an der Universität zu Köln verwendet?
Informationen zu den Tierversuchszahlen finden Sie auf der Seite Grafiken und Zahlen.
Was ist das sogenannte 3R Prinzip?
Das 3R Prinzip wurde 1959 durch die britischen Wissenschaftler William Russel und Rex Burch als ein Grundsatz der tierexperimentellen Arbeit in dem Buch „The Principles of Humane Experimental Technique“ beschrieben. Ziel des 3R Prinzips ist es, Tierversuche vollständig zu vermeiden (Replacement) und die Zahl der Versuchstiere (Reduction) und deren Belastung (Refinement) auf das unerlässliche Maß zu beschränken. Die Implementierung des 3R Prinzips in die tierexperimentelle Forschung wird durch das Tierschutzgesetz vorgeschrieben.
Zusätzlich zum genannten 3R-Prinzip übernehmen alle Mitarbeitenden der Universität zu Köln die mit dem Umgang von Tieren erforderliche besondere Verantwortung (Responsibility).
Weitere Informationen: https://tierschutzbeauftragte.uni-koeln.de/gesetzlicher_und_ethischer_rahmen/3r_prinzip/
Mein Haustier ist verschwunden, ich habe Angst, dass es in einem Tierversuchslabor landet.
Selbstverständlich machen Sie sich Sorgen, wenn Ihr Haustier verschwunden ist. Allerdings ist die Angst, dass Ihr Haustier in einem Tierversuch eingesetzt wird unbegründet. Die Herkunft der Tiere welche in einem Tierversuch eingesetzt werden dürfen, ist streng gesetzlich durch den §19 der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt. Hier steht unmissverständlich, dass grundsätzlich nur Versuchstiere aus speziellen, standardisierten Versuchstierzuchten eingesetzt werden dürfen.
Versuche an Tieren werden unter anderem gemacht, um unter kontrollierten, standardisierten Bedingungen arbeiten zu können. Die Wissenschaftler*innen wissen genau, welches Alter die Tiere haben, welches Geschlecht, wie die Tiere gehalten wurden und welche Vorbehandlung die Tiere erfahren haben. Diese Standardisierung ermöglicht es ihnen, jeglichen Einfluss von Lifestylefaktoren auf die Versuchsergebnisse auszuschließen. Dementsprechend ist es nicht nur verboten, sondern macht es auch aus wissenschaftlicher Sicht keinen Sinn, aufgefundene Haustiere in Tierversuchen einzusetzen. Hilfe bei der Suche nach ihrem Haustier finden Sie über die ansässigen Tierärzte, die lokalen Tierheime und das Haustierregister (z.B. Tasso).
Müssen die Tiere in Tierversuchen leiden?
Jeder Tierversuch muss, bevor er durchgeführt wird, von der zuständigen Behörde (hier das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) genehmigt werden. In diesem Genehmigungsprozess muss die Fragestellung, jeder Eingriff und jede Behandlung genau beschrieben werden. Ebenfalls muss in diesem Antrag genau beschrieben werden, welche Maßnahmen im Sinne des 3 R Prinzips getroffen werden. Hier wird auch abgefragt was wir unternehmen, um die Tierzahl und die Belastung der Tiere so gering wie möglich zu halten.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass das am geringsten belastende Verfahren zu verwenden ist und dies regelmäßig evaluiert werden muss (§17 und §30 Tierschutz-Versuchstierverordnung). Ansonsten ist der Versuch nicht genehmigungsfähig. Außerdem macht es auch aus wissenschaftlicher Sicht keinen Sinn, dass die Tiere leiden. Es ist bekannt, dass Schmerzen und Stress einen negativen Effekt auf die Versuchsergebnisse haben. Dementsprechend ist es nicht nur aus moralischer Sicht oder aufgrund der rechtlichen Anforderungen absolut zu vermeiden, dass Tiere leiden, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht. Weitere Informationen über das 3 R Prinzip und unsere Maßnahmen erhalten Sie hier.
Können Tierversuche nicht einfach durch Alternativmethoden ersetzt werden?
In den letzten Jahren hat es große Erfolge in der Entwicklung von Alternativmethoden gegeben und viele Tierversuche werden mittlerweile durch Alternativmethoden ersetzt, bzw. die Zahl der verwendeten Tiere kann durch die Alternativmethoden reduziert werden. Allerdings können (noch) nicht alle Tierversuche durch Alternativmethoden ersetzt werden. Wo erforderlich betreibt die Universität zu Köln daher weiterhin tierexperimentelle Forschung in der biomedizinischen und biologischen Grundlagenforschung.
Bevor ein Tierversuch genehmigt wird, muss der Wissenschaftler / die Wissenschaftlerin darlegen, dass das Versuchsziel nicht durch Alternativmethoden erreicht werden kann. Tierversuche sind nicht nur mit einem hohen finanziellen und logistischen Aufwand verbunden, sondern bedeuten auch eine hohe moralische Verantwortung und emotionale Belastung für die Mitarbeitenden, dementsprechend wird die Zahl der Versuchstiere so gering wie möglich gehalten, und wo möglich werden Alternativmethoden eingesetzt. Weitere Informationen über das 3 R Prinzip und unsere Maßnahmen erhalten Sie hier.
Warum dürfen interessierte Bürger*innen die Tierhaltung nicht einfach besichtigen?
Tatsächlich gibt es strikte Zutrittsbeschränkungen in den Versuchstierhaltungen, und es wird vermieden, dass außenstehende Personen die Tierhaltungen betreten. Dies dient dem Schutz der Versuchstiere. Mäuse und Ratten beispielsweise sind nachtaktive Tiere, d.h. sie schlafen tagsüber, dementsprechend soll jeder Zugang zu den Haltungsräumen zweckgebunden sein, um zu vermeiden, dass die Tiere in ihrer Ruhephase gestört werden.
Zusätzlich zu der möglichen Lärmbelastung bedeutet jedes Betreten einer Tierhaltung ein Hygienerisiko für die Tiere. Jeder in die Tierhaltung eingebrachte Keim kann die Tiere eventuell krankmachen und / oder Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben. Hinzu kommt, dass die bearbeiteten Fragestellungen häufig hoch komplex sind und für den Laien eher abstrakt und unverständlich erscheinen.
Was geschieht mit gezüchteten Tieren, die nicht für die Forschung eingesetzt werden können?
Die Zucht von Versuchstieren muss bedarfsgerecht erfolgen. Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass so wenig Tiere wie möglich geboren werden, die nicht in Versuchen eingesetzt werden. Allerdings wird bei uns mit genetisch veränderten Tieren gearbeitet. Hier lässt es sich nicht vermeiden, dass teilweise Tiere geboren werden, welche nicht die für die Versuche benötigte genetische Information tragen. Hierzu haben wir eine Prozessbeschreibung entwickelt, welche die verpflichtende Zuchtplanung und den genauen Umgang mit Tieren, welche nicht direkt im Versuchsvorhaben eingesetzt werden können, regelt. Dies beinhaltet unter anderem eine verpflichtende Zweitnutzungsprüfung. Es muss also überprüft werden, ob diese Tiere nicht in der Zucht oder einem anderen Versuchsvorhaben eingesetzt werden können, oder ob eine andere Arbeitsgruppe diese Tiere nutzen kann. Zusätzlich werden sog. wildtypische Nagetiere, d.h. Nagetiere ohne genetische Veränderung als Futtertiere abgegeben. So konnten z.B. im Jahr 2021 u.a. durch diese Tiere circa 500 Greifvögel und Eulen versorgt und eine Auswilderungsrate von über 70 % realisiert werden.