Web-Report "Wozu Feminismus?"
Web-Report der Summer School 2024
Die KölnAlumni WELTWEIT Summer School zum Thema „Wozu Feminismus?“ fand vom 4. bis 10. August 2024 vor Ort in Köln statt. 20 internationale Alumnae und Alumni nahmen am Programm teil, um sich mit den vielfältigen Aspekten des Feminismus auseinanderzusetzen und gemeinsam über Fortschritte sowie Herausforderungen nachzudenken. In der vom DAAD und COLOGNE SUMMER SCHOOLS geförderten Fortbildungswoche für ehemalige internationale Studierende und Forschende der Universität zu Köln wurde sich in Seminaren und auf einer Exkursion mit aktuellen Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und der feministischen Theorie interdisziplinär auseinandergesetzt.
Montag
Christiane Biehl, Abteilungsleiterin für Internationale Mobilität, eröffnete die Summer School und begrüßte die Alumnae und Alumni sehr herzlich, die in diesem Jahr aus Ägypten, Belgien, China, Italien, Japan, Kanada, Kroatien, Mexiko, Taiwan, Ungarn und den USA angereist waren. Die Auftaktveranstaltung wurde von Judith Arnau, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Universität zu Köln, gestaltet. Sie beleuchtete die zentrale Rolle von Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen und deren Beitrag zur Förderung von Chancengleichheit. Arnau erinnerte daran, dass Frauen an der Universität zu Köln erst seit 1919 studieren dürfen, und wies auf die signifikanten Fortschritte hin, die seitdem erreicht wurden. Trotz dieser Fortschritte bestehen jedoch weiterhin Diskriminierungen von Frauen, so Arnau, und erläuterte dies anschaulich anhand von Beispielen wie z.B. der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Wissenschaft. In einer interaktiven Fragerunde wurde auch die Problematik von Machtmissbrauch und geschlechtsspezifischer Gewalt, die auch die LGBTQ+ Community betrifft, angeregt diskutiert. Arnau betonte, dass der Feminismus intersektional gedacht werden muss, um die spezifischen Bedürfnisse von marginalisierten Gruppen wahr- und ernstzunehmen und Diskriminierungen abzubauen.
Am Nachmittag des ersten Tages war Prof. Dr. Anke Ortlepp zu Gast, die in ihrem Beitrag aus historischer Perspektive die Entwicklung des Feminismus in den USA im 20. und 21. Jahrhundert nachzeichnete. Von der Seneca Falls Convention 1848, die als erste Generation der Frauenbewegung gilt, bis hin zur radikaleren Bewegung der 1920er Jahre, die mit der New Woman aufwartete, zeichnete Ortlepp bedeutende Wendepunkte nach. Die 1920er Jahre brachten neue Freiheiten vor allem für weiße Frauen. In den 1970er und 1980er Jahren erkämpften sich Schwarze Frauen eine Stimme und demonstrierten für ihre Rechte. Der Schwarze Feminismus gewann an Sichtbarkeit. Heute steht der Feminismus in den USA als intersektionales Projekt für den Kampf gegen Sexismus und Rassismus. Der aktuelle Fokus auf Diversity und die sogenannte vierte Welle der feministischen Bewegung, die durch #MeToo geprägt ist, wurden im Plenum diskutiert. Die Teilnehmenden teilten Erfahrungen und Wissen um feministische Bewegungen aus ihren Kulturen miteinander.
Am Abend fand die Welcome Ceremony der KölnAlumni WELTWEIT Summer School im International House der Universität zu Köln statt. Dr. Véronique Sina, Medienwissenschaftlerin der Goethe-Universität Frankfurt, hielt eine Keynote Lecture zum Thema „Gender, Medien und Intersektionalität“. Die Keynote stieß auf viel Resonanz und Diskussionen über Feminismus und Intersektionalität, die den Teilnehmenden schon in den Seminaren am Vor- und Nachmittag begegnet waren, wurden in der Abendsonne auf der Terrasse des International Houses fortgesetzt. Bei kühlen Getränken und einem Fingerfood Buffet von Bunte Burger konnten die Gäste und Teilnehmenden der KAW Summer School sich weiter inhaltlich austauschen, ihr Wiedersehen feiern und sich mit neuen Alumnae und Alumni vernetzen.
Dienstag
Am zweiten Tag setzte sich Awa Naghipour, Wissenschaftlerin der Universität Bielefeld und Mitgründerin von fem*med e.V. in ihrem Vortrag mit der Notwendigkeit einer geschlechter- und diskriminierungssensiblen Medizin auseinander. Sie kritisierte die stark normierten medizinischen Standards, die den „typischen“ Patienten als weiß, männlich und durchschnittlich definierten, und hob hervor, wie dies insbesondere Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund benachteiligen kann. Naghipour verdeutlichte dies am Beispiel der Kardiologie und Psychiatrie, wo geschlechtsspezifische Unterschiede oft übersehen werden. Gemeinsam diskutierten sie, wie die Medizin die individuelle Vielfalt besser berücksichtigen und den Menschen einen besseren Zugang zur Deutungshoheit über ihre eigene Gesundheit ermöglichen könne.
Im Anschluss gab Karolin Kalmbach, Wissenschaftlerin bei Gender Studies in Köln (GeStik), einen Einblick in die feministische Theorie und feministische Bewegungen in Deutschland. Auf großes Interesse bei den Teilnehmenden trafen die Beiträge zur Rolle der Frauen an der Universität zu Köln und in der Kölner Stadtgeschichte. Sie erinnerte an bedeutende Persönlichkeiten wie Jenny Gusyk und Cornelia Harte und stellte den Kölner Frauenstadtplan vor, der eine interaktive Erkundung der Stadt aus einer feministischen Perspektive ermöglicht. Dieser Plan dient dazu, das Bewusstsein für die Beiträge und Errungenschaften von Frauen in der Stadtgeschichte zu stärken.
Mittwoch
Der dritte Tag der Summer School brachte die Alumnae und Alumni aus den Kölner Seminarräumen nach Bonn ins Frauenmuseum. Eröffnet wurde der Exkursionstag durch einen interaktiven Vortrag von Maike Sommer und Maria Bobinger der Initiative Frauenhaus Bonn – Frauen helfen Frauen e.V. Die beiden Referentinnen begannen zunächst bei den Alumnae und Alumni abzufragen, was sie mit dem Begriff „Frauenhaus“ assoziierten – jede und jeder sollte dazu den ersten Gedanken teilen, der in den Sinn kam. Viele spannende Erkenntnisse hallten durch den Raum; mit dabei unter anderem: „Gewalt“, „Misogynie“, „Schutz“, „MeToo“, „Quantität“ oder „Solidarität“. Bobinger und Sommer stellten im Anschluss detailreich die Arbeit eines der autonomen Frauenhäuser in Bonn vor und zeigten dabei nicht nur die immense Relevanz ihrer Arbeit und der Existenz solcher Einrichtungen auf, sondern beleuchteten auch, wo die größten (bürokratischen und gesetzlichen) Hürden ihrer Arbeit liegen. Die Teilnehmenden waren sowohl beeindruckt von der Existenz und dem Einfluss der Frauenhäuser auf das Leben und das Wohl von Frauen und ihren Kindern in Deutschland als auch schockiert über die Hindernisse, die die Arbeit auch im Jahr 2024 noch mit sich bringt. Dies zeigte sich besonders durch die Spende, die die Alumnae und Alumni im Namen des Netzwerks KölnAlumni WELTWEIT an „Frauen helfen Frauen e.V.“ am Ende der Summer School Woche überbracht haben.
Nach einer Mittagspause in der Bonner Innenstadt traf sich die Gruppe wieder am Frauenmuseum, wo sie Ellen Junger – Kuratorin der Ausstellung beyond algorithms_digital utopia – begrüßte. Junger führte die Alumnae und Alumni durch die temporäre Ausstellung, die zu einem „geschlechterkritische[n] Beitrag zur digitalen Transformation moderner Gesellschaften“ (Quelle: https://frauenmuseum.de/museum/ausstellungen/ueberblick/ - Stand 27.09.2024) beitragen möchte, und erklärte detailliert und interaktiv herausstechende Highlights verschiedener Künstlerinnen wie Rune Mields, Vera Molnar oder Cornelia Sollfrank. Im Anschluss hatten die Alumnae und Alumni die Möglichkeit sich sowohl diese Ausstellung als auch die Dauerausstellung zu „Frauenbewegungen 1865_1971_2006“ selbstständig in Ruhe anzuschauen und sich über die Eindrücke auszutauschen.
Der Abend in Bonn endete in einer geselligen Dinner-Runde beim Italiener „Nennillo“ um die Ecke, der selbst von den italienischen Alumnae und Alumni für die sizilianische Pizza gelobt wurde.
Donnerstag
Am vierten Tag war Dr. Dirk Schulz, Geschäftsführender Direktor von GeStik, zu Gast und vertiefte den Einblick in feministische Theorie und Gender Studies. Er erläuterte die theoretischen Grundlagen, wie die poststrukturalistischen Thesen von Judith Butler und Michel Foucault, und zeigte auf, wie Sprache als Werkzeug sowohl zur Festigung als auch zur Infragestellung gesellschaftlicher Strukturen und Normen verwendet werden kann. Der Austausch mit der Gruppe offenbarte unterschiedliche kulturelle Perspektiven auf das Thema und betonte die Notwendigkeit eines offenen Dialogs.
Am Nachmittag stand das Thema Feminismus und Religion im Fokus. Doris Bauer und Mechthild Glunz stellten die Initiative Maria 2.0 den internationalen Alumni und Alumnae vor. In ihrem Workshop beleuchteten sie zunächst die Kritik der Initiative an der römisch-katholischen Kirche, wie z.B. den patriarchalen Strukturen, den Umgang mit den Missbrauchsfällen und Reformvorschlägen. Sie hatten umfangreiches Bildmaterial zu Protestaktionen mitgebracht. In einer Gruppenarbeit haben die Teilnehmenden selbst Aktionen und Maßnahmen für die Gleichstellung der Frauen in der Kirche entwickelt, die sie anschließend gemeinsam diskutierten.
Freitag
Am fünften Tag wurde sich mit dem Bereich Feminismus und Sport auseinandergesetzt. Aktuelle Dokumentationen zu den Themen Cheerleading und Frauenbilder sowie Homosexualität im Profifußball wurden gemeinsam geschaut und im Anschluss anhand eines Fragenkatalogs besprochen. Die Teilnehmenden brachten Erfahrungen und Kenntnisse aus ihren Ländern mit ein, so dass die Diskussion der Filme um internationale Perspektiven bereichert wurden.
Rahmenprogramm
Neben den Seminaren hielten am Dienstag, Donnerstag und Freitag Alumni und Alumnae Vorträge zu selbstgewählten Themen des Feminismus, die u.a. die Rolle der Frau im heutigen Taiwan, Geschlechterstereotype bei Schiedsrichter*innen in Italien oder Empowerment- und Tauchtrainings für Mädchen und Frauen in Indonesien umfassten.
Tradition hat inzwischen auch das Abschiedsessen mit Kegeln im Haus Unkelbach. Hier verbrachten die internationalen Teilnehmenden einen letzten gemeinsamen Abend zusammen, vertieften Gespräche zu Seminarthemen, tauschten Kontakte aus und verlebten einen fröhlichen Kölschen Abend – gemäß dem Motto: KölnAlumni WELTWEIT – Immer eine gute Zeit!
Die KölnAlumni WELTWEIT Summer School 2024 bot damit eine wertvolle Plattform für die Diskussion und Reflexion über zentrale feministische Fragestellungen. Sie trug sowohl zur Fortbildung der Alumni und Alumnae in diesem Feld als auch zur Weiterentwicklung des feministischen Diskurses bei.