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Mehr als Scannen

Uni-Bibliothek bewahrt Buch-Schätze mittels digitaler Technik für die Zukunft

Ein Mann scannt historische Werke ein

»Das Alte Testament mit fleyss verteutscht« von Martin Luther schlummert im Bestand der Universitäts- und Stadtbibliothek (USB) – eines von zahlreichen Bänden aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert. Diese Schätze mittels digitaler Technik zugänglich zu machen und für die Zukunft zu bewahren, hat die Bibliothek sich zur Aufgabe gemacht.

Das Buch aus Venedig mit dem Erscheinungsjahr 1484 trägt den Titel »Confessionale« von Antonius Florentinus und sieht mit seinem schlichten, marmorierten Einband auf den ersten Blick nicht besonders aus. Im Inneren wird klar, um was für einen Schatz es sich handelt: Kunstvoll gestaltete Initialen und aufwändig gedruckte Lettern auf mittlerweile vergilbten Seiten lassen das Alter und den Wert des Bandes erahnen. Das Exemplar befindet sich sicher verwahrt im Bestand der USB – und mit Volltext frei zugänglich im Internet-Portal der Inkunabel-Sammlung.

Inkunabelsammlung
<link http://www.ub.uni-koeln.de/sammlungen/inkunabeln/index_ger.html - external-link-new-window "Opens internal link in current window">http://www.ub.uni-koeln.de/sammlungen/inkunabeln/index_ger.html</link>

 

Alte Schätze ausheben

Die USB zählt wertvolle Bücher aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert zu ihrem Bestand. Mehr als 2.000 Inkunabeln – das heißt Drucke bis zum Erscheinungsjahr 1500 – werden dort aufbewahrt und erhalten. Um die historischen Bände einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und die Arbeit an den Quellen zu erleichtern, setzt die Bibliothek seit etwa fünfzehn Jahren darauf, ihre Altbestände digital anzubieten. Mit speziell dafür ausgestatteten Scannern digitalisieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter systematisch historisch wertvolle Bestände, die dann im USB-Portal und in Sammlungsportalen nach Open Access-Prinzip frei zugänglich sind. »In unserem Dezernat 4 ›Historische Bestände und Sammlungen, Bestandserhaltung und Digitalisierung‹ erforschen und verzeichnen wir auch die Herkunft der gescannten Bücher«, sagt Christiane Hoffrath, die Dezernatsleiterin: »Wem hat das Buch gehört? Wo wurde es geschrieben oder gedruckt? Ist es Teil einer größeren Sammlung? Handelt es sich vielleicht um NS Raubgut? All diese Informationen finden Eingang in die jeweiligen Online-Kataloge und bieten Interessierten weit mehr Informationen als das gedruckte Buch.« Ein Hinweis auf das jeweilige Sammlungsportal bei Wikipedia macht den Arbeitsgang komplett.
 

Adel und vergessene Pop-Literatur

Wer sich also zum Beispiel dafür interessiert, welche Literatur der ehemalige deutsche Botschafter Herbert von Dirksen (1882 bis 1955) in seiner Privatbibliothek gesammelt hat, kann sich darin digital umsehen. Neben Biographien bekannter Persönlichkeiten und Literatur zur Geschichte des 20. Jahrhunderts beinhaltet die von Dirksen-Bibliothek Broschüren und Flugschriften zu damals aktuellen politischen Geschehnissen. Wer Literaturproduktion und Leserinteressen der Goethezeit erforschen möchte, findet populäre Romane und Aufklärungsliteratur in der Adelsbibliothek der Gräfin Wilhelmine von Westerholt aus dem Zeitraum 1770 bis 1830. Viele der Texte sind heute vergessen.

Die USB bietet bereits ein breites Spektrum an vollständig digitalen Buch-Kollektionen an, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über eine separate Suchfunktion durchsuchen und die Texte einsehen können. »Dadurch, dass wir Privatsammlungen komplett erben oder sie virtuell wieder zusammenstellen, lassen sich mehrere Forschungsansätze gleichzeitig ins Auge fassen«, sagt Hoffrath. »Zum einen kann man die alten Texte selbst erforschen und in ihre Zeit einordnen, zum anderen gibt die Zusammenstellung der Bände Aufschluss über den Sammler oder die Sammlerin.« Auch etwa 600 Inkunabeln stehen derzeit online zur Verfügung.

Spuren der Zeit

Neben dem weltweiten, freien Zugang zu historisch interessanten Werken bietet die Digitalisierung des Altbestands noch einen weiteren Vorteil: Wenn Interessierte die Bücher digital einsehen können, müssen sie die empfindlichen Bände nicht physisch beanspruchen. So kann die Bibliothek das kulturelle Erbe besser erhalten. Das Prinzip, Volltexte digital bereitzustellen und dadurch die Ausleihe der wertvollen Altbestände zu reduzieren, scheint aufzugehen: Während die Zahl der digitalisierten Bände jährlich steigt, von 1.240 Bänden im Jahr 2014 auf 2.188 Bände allein im ersten Halbjahr 2017, sank die Zahl der in den Lesesaal Historische Sammlungen ausgegebenen Medien im gleichen Zeitraum von 2.162 auf 411.

 

Lesesaal Historische Sammlungen
Wertvolle Altbestände können nur in den Lesesaal Historische Sammlungen bestellt und dort unter Aufsicht eingesehen werden.


»Neben dem systematischen Scannen und Katalogisieren der historischen Werke bieten wir auch an, Printmedien nach Auftrag für den persönlichen und wissenschaftlichen Gebrauch zu digitalisieren«, fügt Hoffrath hinzu. Diese Möglichkeit nutzen Forscherinnen und Forscher, aber auch <link https://inklusion.uni-koeln.de/serviceangebote/literaturumsetzung/index_ger.html - external-link-new-window "Opens internal link in current window">Sehbehinderte</link>, denen digitalisierte Materialien per Screenreader vorgelesen werden. Für Lehrende gibt es die Möglichkeit, direkt über ILIAS gewünschtes Material scannen und in den elektronischen Semesterapparat einstellen zu lassen.