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Willi-Ostermann-Brunnen

Dr. Astrid Reimers über einen besonderen Brunnen

 »Am Brunne, om Ostermanns-Plääzge / en Stein sühst däm Will all sing Krätzge«

Der hier von Ludwig Sebus besungene Brunnen in der Kölner Altstadt wurde an Weiberfastnacht 1939, drei Jahre nach dem Tode von Willi Ostermann, eingeweiht. Ostermann war Kölns größter Heimatdichter und Sänger, ihm verdanken wir zahlreiche Lieder der Kölschen Kultur und Lebensart. Man liest, es handele sich bei den fünfzehn Figuren an dem Brunnen um die »von Ostermann besungenen Kölner Bewohner« oder um »fünfzehn Figuren aus Ostermanns Evergreens«.

Schauen wir einmal genauer hin. Drei weibliche Figuren bilden die markanten Ecken des dreieckigen Brunnens. Ihre Namen de Tant, et Stina und et Billa sind in den Sockel des Brunnens gemeißelt und eindeutig Liedern von Ostermann zuzuordnen.

Das Lied »Wä hätt dat vun der Tant gedaach« brachte Ostermann 1908 den Preis für das beste Lied in Kölner Mundart ein. Ab 1908 durften Frauen übrigens an politischen Versammlungen teilnehmen und wurden zum Abitur zugelassen. Kein Wunder, dass diese drei Ostermann'schen Frauengestalten emanzipatorische Züge zeigen. Die Tante trieb sich nachts in Cafés herum; die »Schmitze Billa «, die historisch belegte Marktfrau Sibilla Schmitz, kam – gerichtlich festgestellt auf nicht legalem Wege – zu Geld und kaufte sich eine Villa in Bonn; und die Stina, die dem Lied zufolge mit 33 noch unverheiratet ist, wäre eigentlich auch als emanzipiert zu bezeichnen, wenngleich die Eltern händeringend einen Mann für sie suchten.

Der Chrestian ist genauso unzweifelhaft einem Lied von Ostermann entsprungen (»Chrestian, du beß 'ne feine Mann«). Funk und das Kölsch Mädche stammen aus dem Lied »Kölsche Mädcher künne bütze!«, wie es auch im Brunnen-Sockel eingraviert ist. In dem zweiten eingravierten Liedtitel »Wenn in Colonia der Karneval beginnt« finden en Klut (ein Hafenarbeiter, später transformiert zu Rüpel), en Möhn (eine alte Frau) und ein Quetschebüggel (Quetschebüggels Franz) Erwähnung.

Der Schutzmann spielt eine Rolle in Ostermanns Lied »Woröm solle mir ald en de Heia gonn«, Schusterjung und Bäckerschjung erscheinen in ihrer erwachsenen Form als Schuster und Bäcker in einer Nebenrolle im Lied »Ich han dich am Sonndag mem Hermann gesinn«. Nur die verbliebenen drei Figuren der Paijatz (Bajazzo, Hanswurst, Nubbel), die Putzfrau (eventuell Schnüsse Tring, denn die Figur trägt einen Besen) und der Naakswächter sind zwar vertrautes Personal, konnten aber bislang keinem Ostermannschen Lied zugeordnet werden.

Aus diesem Milieu schöpfte Willi Ostermann die Stoffe seiner Lieder im kölschen Dialekt getreu dem Motto: »Och, wat wor dat fröher schön doch en Colonia«, das ebenfalls den Brunnensockel ziert.