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Psychomotorische Entspannung

Dr. Udo Kullik, Leiter des Zentrums Netzwerk Medien, über seine Faszination für mechanische Apparaturen

Jeder kennt sie, jeder hat sie: Dinge, die unter den vielen Gegenständen, die sich im Laufe der Zeit in der Wohnung oder dem Büro angesammelt haben, einen besonderen Stellenwert haben. Dr. Udo Kullik, Leiter des Zentrums Netzwerk Medien der Humanwissenschaftlichen Fakultät, über seine Faszination für mechanische Apparaturen.
 

Als jemand, der über zwanzig Jahre empirisch geforscht hat und dabei auch an der Entwicklung psychologischer Tests und Messverfahren beteiligt war, faszinieren mich mechanische Apparaturen, die zu Untersuchungszwecken gebaut wurden. Als ich Mitte der 1980er Jahre Mitglied der Uni Köln wurde, wurden rein mechanische Messverfahren bereits stark durch Elektronik und Computerprogramme ersetzt. Doch auch in früheren Zeiten gab es bereits wunderbare Konstruktionen von erstaunlicher Genauigkeit. 

Dieses Gerät, das ich nach seiner Deinventarisierung vor dem Müll gerettet habe, ist ein psychomotorischer Test, ein »Test des MOUVEMENTS CONJUGUES«, 1948 von dem französischen Psychologen Georges Ricossay entwickelt. Das Gerät ist in der Lage, die koordinierte Bewegung von linker und rechter Hand einer Versuchsperson sehr präzise zu vermessen. Die aufgezeichneten Ergebnisse können stark voneinander abweichen. 

In einer soliden Metallkonstruktion befindet sich oben eine Milchglasscheibe, in der eine transparente Figur abgebildet ist, die sich aus Geraden, Diagonalen und einer spiralförmigen Kreisbewegung zusammensetzt. Über zwei Hebel steuert die Versuchsperson einen in der Figur sichtbaren, drei Millimeter großen Metallkopf von einem Ende der Figur zum anderen. Dies erfordert eine koordinierte Bewegung der linken und rechten Hand, um diese Bewegung präzise ausführen zu können. Im Gerät selbst verbirgt sich eine Kugelschreibermine, die eben diese Bewegung der Versuchsperson auf ein Papier überträgt. In der Auswertung kann man kleinste Abweichungen von der Ideallinie erkennen und die Anzahl der »Aussetzer« lassen dann Rückschlüsse zu – etwa über eine fehlende oder mangelhafte Verbindung zwischen den beiden Hirnhälften oder über individuelle Arbeitsweisen. Schließlich wurde bei dem Test die Zeit gemessen. Manche Menschen, die langsam aber präzise arbeiteten, könnten für bestimmte Tätigkeiten besser geeignet sein als andere. Darauf gab der Test erste Hinweise, auf die dann weitere Untersuchungen folgten. 

Dieses Exemplar des Testgerätes wurde 1976 gebaut und war im Bestand einer der Gründungsprofessuren der Abteilung für Heilpädagogik der damals noch Pädagogischen Hochschule Rheinland, dem »Lehrstuhl für Psychologie der Lern- und Geistigbehinderten«. So wie die Lehrstuhlbezeichnung aus heutiger Perspektive antiquiert anmutet, ist auch das Testverfahren inzwischen durch andere elektronische, aber nicht unbedingt präzisere Verfahren abgelöst worden: Die Konstruktion verfügt über eine mechanische Genauigkeit von zwei Hundertstel Millimeter. 

Ich nutze das Gerät hin und wieder noch. Für mich ist es ein kleiner entspannender Zeitvertreib zwischen zwei Terminen. Es hilft, ein wenig »herunterzukommen« und auch die Erkenntnis mitzunehmen, dass die wissenschaftliche Vermessung unserer Welt zu allen Zeiten ein spannendes Thema war.