Die Sonne scheint und die Rauchwolken wabern durch die innerstädtischen Parks und die Gärten der Reihenhaussiedlungen am Stadtrand: die Grillsaison ist in vollem Gange. Da wird sich so mancher Fleischliebhaber wundern, dass es ihm nach einem beherzten Biss in die Bratwurst gar nicht mehr so gut geht. Grund dafür kann eine Fleischallergie sein – ausgelöst durch Zeckenbisse.
Dass Bienen- und Wespenstiche Sofortallergien auslösen können, ist den meisten Menschen sicherlich bekannt. Der mysteriös anmutende Zusammenhang zwischen Zeckenbissen und der Entstehung von Fleischallergien wird hingegen erst seit Kurzem erforscht. Ausgang der Vermutung sind Studienergebnisse eines Forschungsteams vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda (USA). Diese zeigten, dass eine Allergie gegen rotes Fleisch die Ursache wiederkehrender schwerer allergischer Reaktionen bei Patientinnen und Patienten in den USA war. Der Fleischallergie lag eine Sensibilisierung der Patienten auf den Zucker Galactose-alpha-1,3-Galactose (alpha-Gal) zugrunde. Das Immunsystem der Patienten hatte Antikörper gegen alpha-Gal gebildet, welche nach Bindung des Allergens Zellen des Immunsystems veranlassten, Histamin auszuschütten. So wurde eine allergische Reaktion ausgelöst. Alpha-Gal ist ein Bestandteil von Proteinen in rotem Fleisch. Dazu gehören Rind-, Lamm-, Wild- und Schweinefleisch, nicht jedoch Geflügelfleisch.
Der Zucker ist auch im Sekret bestimmter Zeckenarten nachweisbar. Da die meisten Fälle dieser Fleischallergien im Südosten der USA, der Heimat der Lone-Star Zecke (Amblyomma americanum) beobachtet wurden, vermuteten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen einen direkten Zusammenhang zwischen Zeckenstichen und der Entstehung der Fleischallergie. Wie genau der Stich die Sensibilisierung auslöst, ist nicht vollständig geklärt. Möglich ist, dass die Immunreaktion durch Speichelbestandteile der Zecke oder durch im Speichel enthaltenes Säugetier-alpha- Gal von einer vorherigen Blutmahlzeit, oder aber von einem weiteren in den Zecken vorkommenden Organismus wie Borrelien ausgelöst wurde.
Die Forscher und Forscherinnen haben alpha-Gal auch im Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) nachgewiesen, der in Deutschland weit verbreitet ist. Bereits eine frühere Studie aus Schweden hatte einen Zusammenhang zwischen Stichen des Gemeinen Holzbocks und dem Vorliegen einer Fleischallergie mit Nachweis einer alpha-Gal-Sensibilisierung gezeigt.
Unklar bleibt, warum der Zeckenstich nur bei bestimmten Menschen zur Entstehung der Allergie führt. Möglicherweise muss hierfür eine starke und langanhaltende entzündliche Reaktion nach den Zeckenstichen aufgetreten sein, oder es müssen mehrfache Stichereignisse stattgefunden haben. Zum Glück bleibt also die Auslösung der Fleischallergie durch Zeckenstiche insgesamt selten.