Bericht zur Podiumsdiskussion am 8. Juli 2019
Wer kennt sie nicht, die Einladungen von mehr oder weniger glaubwürdig aussehenden (Raub-)Journalen im eigenen Mailpostfach? Wer hat noch nicht eine Einladung zu einer vermeintlich renommierten Konferenz erhalten, bei der der eigene Beitrag nur ein monetärer ist?
Warum diese unseriösen Angebote trotz offenkundig problematischer ethischer Implikationen von Wissenschaftler*innen wahrgenommen werden, wie sich Hierarchiegefüge zu Problemen im „academic publishing“ auswachsen und welche Rolle eine ordentliche wissenschaftliche Ausbildung bei der Prävention spielt, war Thema bei der ersten JFC-Lecture der Universität zu Köln.
„Gute wissenschaftliche Arbeit wird durch gute Arbeitsbedingungen gestützt.“ (Schmid)
Dabei bewegte Publikum und Podium vor allem der Zusammenhang von Strukturen des deutschen Wissenschaftssystems und den Strukturen von „Fake Science“, also Pseudokonferenzen, Raubjournalen und gefälschten Studienergebnissen.
So unterschiedlich diese Aspekte im Detail sind, so sehr eint sie, dass sie Ausdruck bestimmter (Druck-)Situationen im wissenschaftlichen Alltag sind. Ein hoher Publikationsdruck und zeitlich befristete Verträge erhöhen dabei offenbar bei einigen Wissenschaftler*innen die Bereitschaft zu einer ethisch fragwürdigen Publikationspraxis, die sich in der einen oder anderen Weise äußert.
Gemeinhin akzeptierte Kontrollmechanismen, diesbezüglich waren sich die Teilnehmer*innen der Diskussion einig, schützen den Wissenschaftsbetrieb nicht vor solchen Praktiken: Peer-Review-Verfahren bedingen einen Aufwand, der nur schwer neben der Forschung und Lehre aufrecht zu erhalten ist; der Impactfaktor hat wiederum nur wenig Aussagekraft über die Qualität der einzelnen Studien und die Zugänglichkeit von Forschungsdaten, über die eine Kontrolle der Ergebnisse möglich wäre, ist kaum gewährleistet und überaus zeitintensiv.
Wohl wissend um diese Situation drängen regelmäßig Raubjournale auf den Markt und suggerieren, dass dieser mühselige Prozess gegen Bezahlung umgangen werden könne. Es entwickelte sich ein lukrativer Markt, der auch dadurch gefördert wurde und wird, dass auch renommierte Wissenschaftler*innen methodisch haltbare Artikel in derartigen Journalen veröffentlichen. Das macht die Einordnung solcher Journale und ihrer Beiträge für nicht fachkundige Außenstehende zusätzlich schwierig und fügt guter Wissenschaft mittelbar einen Schaden zu.
Um dem entgegenzuwirken, so das Podium, benötige es vor allem gute Arbeitsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dies würde die Anreize für Fehlverhalten verringern, Zeit für Qualitätskontrolle bieten und die Möglichkeit für eine gesunde Fehlerkultur eröffnen.
Für Antworten auf unsere Fragen waren auf dem Podium zu Gast: Prof. em. Dr. Gerd Antes (Freiburg i. Br.), Dr. Antonia Schmid (Berlin), Dr. Leonid Schneider (Frankfurt a. M.), Dr. Florian Peters (Berlin), Katrin Falkenstein-Feldhoff (Duisburg) und Prof. Dr. Karl Schneider (Köln). Moderiert wurde die Diskussion von Nora Hespers.