Es antworten Dr. Julian Böing und Dr. Fabian Seredszus vom Institut für Biologiedidaktik.
Honigbienen, die auf der Suche nach Nektar von Blüte zu Blüte fliegen – ein allgemein vertrautes Bild im Sommer. Ein großer Teil der einheimischen Blütenpflanzen wird durch die Blütenbesuche der Bienen bestäubt und kann sich somit fortpflanzen. Wie sieht das Bienenleben aber im Winter aus, wenn es keine Blüten zu bestäuben und keinen Nektar zu sammeln gibt?
Anders als Säugetiere oder Vögel können Insekten ihre Körpertemperatur in aller Regel nicht durch ihren Stoffwechsel beeinflussen. Sie sind wechselwarm. Das bedeutet, dass ihre Körpertemperatur der Umgebungstemperatur entspricht. Wechselwarme Tiere sind dadurch während der kalten Jahreszeit zu Inaktivität verurteilt, ihr Lebenszyklus kommt erst bei steigenden Temperaturen im Frühjahr wieder in Gang.
Bekannter ist dieses Phänomen im Fall der Eidechsen, die sich erst durch ihre ausgiebigen Sonnenbäder richtig wohl fühlen und im Winter in eine Winterstarre verfallen. Aber heißt das, dass Honigbienen im Winter starr und regungslos in ihren Beuten, also ihren Behausungen, leben und auf wärmeres Wetter warten? Ganz im Gegenteil! Bienen sind zwar wechselwarm, können aber Wärme erzeugen, indem sie ihre Brustmuskulatur vibrieren lassen. In der Gemeinschaft ist es den Bienen dadurch möglich, auch bei niedrigen Außentemperaturen im Winter ihren Stock zu wärmen.
Öffnet man in der kalten Jahreszeit eine Beute, um zum Beispiel die Varroamilben- Behandlung durchzuführen, strömt einem angenehm warme Luft entgegen. Schaut man bei dieser Gelegenheit genauer hin, sieht man, dass sich alle Bienen zu einer dichten Kugel, einer sogenannten Wintertraube, versammeln. In dieser Traube ist es im Inneren am wärmsten, sodass sich die äußeren Bienen mit den weiter innen sitzenden abwechseln, wenn es ihnen irgendwann zu kalt wird und sie deswegen drohen von der Traube abzufallen.
Die Königin überwintert dabei immer gut gewärmt im Zentrum der Traube, denn ohne sie kann das Bienenvolk auf Dauer nicht überleben. Honigbienen überwintern also als ganzes Volk und erzeugen gemeinsam die für das Überleben nötige Wärme. Durch diese einzigartige Fähigkeit nehmen sie unter den einheimischen Insekten eine Sonderstellung ein.
Um während der kalten Jahreszeit dauerhaft heizen zu können, benötigen die Bienen viel Energie. Als Brennstoff dient hierbei der Honig, der in erster Linie zum Heizen genutzt wird. Aus ihm gewinnen die Bienen Energie, die für das wärmende Vibrieren der Brustmuskeln benötigt wird. Der gesammelte Honig wird also weniger als Nahrung im herkömmlichen Sinne genutzt. Aus diesem Grund muss der Imker auch nach der Honigernte den entnommenen Honig durch geeignetes energiereiches Futter ersetzen – andernfalls würden die Bienen im Winter erfrieren.