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Warum verhalten wir uns uneigennützig?

Es antworten Dr. Angela Dorrough & Dr. Dorothee Mischkowski, Social Cognition Center Cologne

Es antworten die Postdoktorandinnen Dr. Angela Dorrough und Dr. Dorothee Mischkowski der Abteilung Sozialpsychologie des Social Cognition Centers Cologne der Humanwissenschaftlichen Fakultät. 
 

Während der andauernden Coronapandemie können wir beobachten, dass Menschen für ältere Mitmenschen Einkäufe erledigen oder sich zu Telefongesprächen gegen deren Einsamkeit verabreden. Ähnliche Wellen des uneigennützigen Verhaltens, auch prosozial oder altruistisch genannt, erfahren wir auch in anderen Ausnahmesituationen. Etwa, als 2015 viele geflüchtete Menschen nach Deutschland kamen, oder aktuell in ganz Europa in Anbetracht der Geflüchteten aus der Ukraine. Aber nicht nur in Zeiten besonderer gesellschaftlicher Herausforderung verhalten sich Menschen uneigennützig, wie man an zahlreichen Ehrenämtern oder Spenden sieht. Doch warum ist das so?

Die Forschung hat verschiedene Gründe dafür identifiziert: Es gibt Personen, die einen »altruistischeren Charakter« haben als andere. Doch auch die Eigenschaften der Person, die uneigennütziges Verhalten erfährt, sind nicht unwichtig. Wird diese Person als hilfebedürftig oder verletzlich wahrgenommen oder gehört sie zur eigenen Gruppe (teilt sie etwa die gleiche Nationalität), wird ihr mit größerer Wahrscheinlichkeit verstärkt uneigennütziges Verhalten zuteil. Außerdem scheint es wichtig zu sein, wie die beiden Personen zueinanderstehen. Sind sie einander ähnlich oder gehören sie gar zu einer Familie, ist uneigennütziges Verhalten häufiger zu beobachten. Auch dies zeigt sich derzeit in dem unterschiedlichen Umgang mit Geflüchteten aus Europa und anderen Teilen der Erde.

Auch situative Faktoren haben einen Einfluss auf Wohltaten: Verhalten sich in einer Gruppe oder Gesellschaft beispielsweise besonders viele Menschen altruistisch oder wird selbstbezogenes Verhalten bestraft, ist der/die Einzelne auch eher zu uneigennützigen Handlungen bereit – so bisherige Ergebnisse aus experimentellen Studien. Wissenschaftler:innen vermuten sogar, dass Weihnachten, Hungergefühle oder auch das Wetter mit dafür verantwortlich sein können, wie altruistisch Menschen sich verhalten. Kurz vor Weihnachten tendieren Menschen in der Regel eher zu prosozialem Verhalten, was sich unter anderem in erhöhtem Spendenverhalten widerspiegelt. Einige Studien zeigen zudem, dass schönes Wetter die Stimmung hebt, was wiederum zu weniger egozentrischem Verhalten führen könnte. Im Gegenzug wirkt sich Hunger eher negativ auf prosoziales Verhalten aus: Kinder sind beispielsweise weniger bereit zu teilen, wenn sie hungrig sind.

Aber ist »uneigennütziges Verhalten« wirklich so uneigennützig? Forschung hat gezeigt, dass wir uns ziemlich gut fühlen, wenn wir uns altruistisch verhalten. Wir sind zum Beispiel zufriedener, verspüren weniger Reue und haben weniger gemischte Gefühle als nach egoistischem Verhalten. Auch wollen andere zukünftig lieber mit uns interagieren, wenn sie ein solches Verhalten bei uns beobachten. Wir können also von einem Mehrwert für Alle, inklusive uns selbst, sprechen. Bei der nächsten Gelegenheit sollten wir somit die Chance zu einer uneigennützigen Handlung nutzen – auch in unserem eigenen Interesse!