Vor zehn Jahren wurde a.r.t.e.s., die Graduiertenschule der Philosophischen Fakultät, gegründet. Seitdem forschen dort junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und nutzen das umfassende Angebot an Unterstützung und Förderung.
Wenn Andreas Speer aus dem Fenster seines Büros in den Hof schaut, blickt er auf die Werkstatt eines Steinmetzes, der die Grabmäler auf dem Melatenfriedhof restauriert und neugestaltet: Da sind Teile alter Grabmäler, neue Skulpturen und Steinformen mitten im Schaffensprozess. Künstlerische Erzeugnisse, die die Komplexität von Ideen und Ästhetiken widerspiegeln, die über Jahrhunderte unsere Kultur prägten oder heute aktuell sind. »Als wir hier einzogen fanden wir, dass das ganz gut zu uns passt«, erinnert sich der Leiter von a.r.t.e.s.
Zehn Jahre ist das nun her, und seit zehn Jahren unterstützt und fördert a.r.t.e.s. die jungen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Kultur- und Geisteswissenschaften, die komplexe kultureller Phänomene erforschen. 15.000 Studierende gibt es an der Philosophischen Fakultät, etwa 800 Promovierende werden durchschnittlich von a.r.t.e.s. betreut. »a.r.t.e.s. ist die Graduiertenschule der gesamten Fakultät«, erklärt Speer. »Das ist etwas Besonderes. Es ist der Ort, an dem alle Doktorandinnen und Doktoranden der Fakultät angesiedelt sind. Sie melden sich bei uns an, werden betreut und reichen schließlich ihre Promotionen ein.« Das ist nicht nur viel Arbeit, sondern bietet auch große Chancen: »Wir möchten die disziplinäre Vielfalt der Fakultät in den Dienst der Promovierenden stellen«, so Speer.
Speer geht es in der Graduiertenschule darum, dass die »a.r.t.isten« und »a.r.t.istinnen« die bestmögliche Unterstützung für ihre wissenschaftlichen Arbeiten erhalten. Zwei Modelle der Promotion sind möglich: Die Individualpromotion im Standardmodell »Regular Track« und die Teilnahme am strukturierten Promotionsmodell »Integrated Track«, das verschiedene Förderprogramme umfasst. Einer der jungen Wissenschaftler im Integrated Track ist der Rechtsphilosoph Bodo Bützler, der sich mit transnationalem Recht in Bezug auf das Internet beschäftigt. Bützler hat breit aufgestellte Interessen und kommt schon als Person der interdisziplinären Ausrichtung von a.r.t.e.s. entgegen: Studium der Chemie und des Klavierspiels, der Philosophie und der Rechtswissenschaften. »Ich wollte eigentlich immer Philosophie studieren«, so Bützler. Schnell wurde ihm klar, dass es die politische Philosophie ist, die ihn dabei am meisten interessiert. Bei a.r.t.e.s. schreibt der junge Wissenschaftler nun seine Doktorarbeit »Transnational Law and Collective Accountability«.
»Wer regiert das Internet?«
Hinter dem Fachbegriff »Transnationales Recht« verbirgt sich Recht, das nicht mehr primär von den Nationalstaaten gesetzt wird. »Wer regiert das Internet?« Denn die Staaten sind es im Zeiten von international agierenden Unternehmen wie Google und Facebook nicht mehr alleine, sondern vor allem diese privaten Organisationen. Bützlers Frage ist: Wie werden Normen und Regeln aufgestellt, wenn ein Staat fehlt? Und wie werden sie legitimiert? Zu seinen Interessen gehört die ganze Bandbreite des Internets: Physischer Zugang, Content- Provider, die Navigation, die Vergabe von Domain- Namen durch ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), Intermediation im Internet, etwa die Schnittstellen von Information durch Google oder Kommunikation durch Facebook. »Traditionelle Legitimationsvorstellungen werden gebrochen. Es finden Standardisierungen und Normierungen statt«, so Bützler. »Bei ICANN findet man zum Beispiel Vieles, was man sonst bei einem Staat findet: ICANN legt in seinen Regelwerken selber fest, nach welchen Grundsätzen Domainstreitigkeiten zu entscheiden sind, es akkreditiert Schiedsgerichte sowie Domainvergabestellen und verpflichtet letztere, aus Schiedsurteilen elektronisch zu vollstrecken, indem die streitgegenständliche Domain übertragen oder gelöscht wird.«
Von der Forschungsschule zur Exzellenz
Die a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne geht zurück auf die Erfahrungen und Strukturen der vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten a.r.t.e.s. Forschungsschule, die 2008 gegründet wurde. Im Juli 2012 wurde sie auch Teil der Exzellenzinitiative. Mit dem Erfolg in der Exzellenzinitiative im Rücken hat sich die Graduiertenschule zu einem Schwergewicht der Förderung junger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen entwickelt. Besonders freut sich a.r.t.e.s-Direktor Andreas Speer darüber, dass es gelungen ist, a.r.t.e.s innerhalb der Fakultät zu verankern. »a.r.t.e.s. ist in der Fakultät angekommen. Wir sind eine Institution nach innen und ein Fenster nach außen geworden. Wir wünschen uns, dass sich auch Kooperationen aus diesen Begegnungen ergeben«, so Speer.