skip to content

Uns Sproch es Heimat: Muttersprache ist Teil der Identität, aber keine Selbstverständlichkeit

Dr. Sonja Gipper vom Institut für Linguistik zum Tag der Muttersprache (21. Februar) über die Folgen politischer Sprachunterdrückung

„Die Sprache spielt eine bedeutende Rolle für die Identität eines Menschen und ist ein wichtiger Bestandteil der Kultur. ‚Uns Sproch es Heimat‘ lautet auch das Motto der Kölner Karnevalssession 2019. Für das Gemeinschaftsgefühl ist jedoch nicht immer nur die ‚Muttersprache‘ relevant, also im allgemeinen Sprachgebrauch die Sprache, die man als erste in der Kindheit erlernt. Denn das Kölsche ist sicherlich nicht die erste erlernte Sprache all derer, die ab nächster Woche Donnerstag oder auch bereits jetzt bei Liedzeilen wie ‚Op d’r Stroß han ich ming Sproch jeliehrt‘ von den Brings mit einstimmen. Und doch verbindet die kölsche Sprache hierdurch Menschen mit den unterschiedlichsten sprachlichen Hintergründen. Hier zeigt sich, dass man eine Sprache nicht perfekt beherrschen muss, um sich in ihr zu Hause zu fühlen.

Die ‚Muttersprache‘ ist allerdings nicht für alle Menschen eine Sprache, die sie in der Kindheit erlernen. Viele indigene Gruppen der Welt kämpfen mit Diskriminierung und politischer Repression, d.h. manche Regierungen verbieten die Verwendung bestimmter Sprachen zum Beispiel in der Schule. Vielen Sprecherinnen und Sprechern sind nur noch Fragmente ihrer sprachlichen Wurzeln bekannt, sodass die Kinder die Sprache ihrer Identität gar nicht mehr erlernen können. Andere Sprachen werden von Eltern bewusst nicht an die Kinder weitergegeben, da sie sich durch die National- oder Mehrheitssprache bessere Bildungschancen für die nächste Generation erhoffen. Hierzu muss man nicht weit schauen, allein der Rückgang von Varietäten wie dem Plattdeutschen belegt diese Tendenz sehr gut.

Auch Migrantinnen und Migranten, die häufig ihre eigene Sprache zugunsten der Mehrheitssprache im neuen Land aufgeben, verlieren durch die Sprache mitunter einen wichtigen Teil ihrer Identität. Der von der UNESCO ausgerufene Tag der Muttersprache wird jedes Jahr am 21. Februar gefeiert und soll an den großen Wert der sprachlichen und kulturellen Vielfalt erinnern und Toleranz und Respekt fördern. Zugleich wird an diesem Tag die Aufmerksamkeit auf Minderheitensprachen und bedrohte Sprachen gelenkt. Dieses Ziel verfolgt auch die Gesellschaft für bedrohte Sprachen e.V. mit Sitz in Köln, für die einige Kolleginnen und Kollegen vom Institut für Linguistik der Uni Köln und ich uns engagieren. Wir setzen uns mit dem Verein für die Förderung und Dokumentation bedrohter Sprachen ein.

Übrigens: Das Kölner Karnevalsmotto ‚Uns Sproch es Heimat‘ versteht sich laut Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, auch als Einladung an alle Menschen, die noch kein Kölsch sprechen, die kölsche Sprache und Kultur näher kennenzulernen. Gleichzeitig sehe ich das Motto als Aufforderung, allen Menschen den Gebrauch und Erhalt ihrer Sprache zu ermöglichen und jeder Diskriminierung und Ausgrenzung entschieden entgegenzutreten.“

Dr. Sonja Gipper ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Linguistik, Allgemeine Sprachwissenschaft, der Universität zu Köln und untersucht Yurakaré, eine bedrohte Sprache, die am Fuß der Anden in Zentralbolivien von circa 2.000 Menschen gesprochen wird. Die Gesellschaft für bedrohte Sprachen fördert als gemeinnütziger Verein den Gebrauch, den Erhalt und die Dokumentation bedrohter Sprachen und Dialekte.

Inhaltlicher Kontakt:
Dr. Sonja Gipper
Institut für Linguistik, Allgemeine Sprachwissenschaft
+49 221 470-6328
sonja.gipperSpamProtectionuni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Frieda Berg
+49 221 470-1704
f.bergSpamProtectionverw.uni-koeln.de

Weitere Informationen:
http://ifl.phil-fak.uni-koeln.de
http://gbs.uni-koeln.de