Dr. Olivier Richard aus Mülhausen im Elsass ist seit Oktober als Humboldt-Stipendiat am Lehrstuhl von Sabine von Heusinger des Historischen Instituts der Uni Köln. Der Historiker forscht ein Jahr lang in der Abteilung für Mittelalterliche Geschichte an den politischen Eidesformeln spätmittelalterlicher Städte im Oberrheingebiet. Die Arbeit soll zu seiner Habilitation in Frankreich führen.
Ob Straßburg, Freiburg oder Kaysersberg: In den Städten am Oberrhein war das Schwören im Mittelalter wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens. Jährlich wurden alle männlichen Bürger der Stadt, in bestimmten Fällen auch weibliche, zum Beschwören ihrer Loyalität gegenüber der Stadt aufgefordert. „Da wird der Eid von den Stadträten genauso geleistet wie der Eid des Bordellbetreibers“, erklärt der Historiker. „Der Bordellbetreiber musste zum Beispiel schwören, dass er immer gesunde Frauen zur Verfügung stellt.“
Doch hat man es bei diesem Phänomen eher mit einer Obrigkeit zu tun, die Gehorsam erzwingen will, oder mit einer Gesellschaft, die durch Austausch und Dialog geprägt ist? Um diese Fragen beantworten zu können, untersucht Richard die Quellen auf Entwicklungen und vergleicht die Eidesformeln. So waren die Eide zu Anfang des Untersuchungszeitraums kürzer und wurden dann immer länger und konkreter. Um 1540/50 endet der Untersuchungszeitraum, den Richard angesetzt hat. „Ich möchte noch sehen, inwieweit die Reformation eine Veränderung bringt.“
Olivier Richard ist froh, dass ihm das Stipendium Zeit gibt, konsequent an seinem Thema zu forschen. Nach Köln ist der französische Historiker gekommen, weil er hier die gebündelte Fachkompetenz für sein Projekt findet: „Frau Professor von Heusinger hat über Straßburg habilitiert und kennt sich sehr gut in den Fragen meines Projektes aus. Frau Professor Blattmann hat über das Freiburger Stadtrecht promoviert. Auch Professor Eberhard Isenmann ist ein absoluter Fachmann für die mittelalterliche Stadt. Das ist gleich ein Pool von Leuten, die mir weiterhelfen können.“