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Du bist, was dein Kollege isst

Beim Möhrchen ja, beim Sport nein: Wie Kolleg*innen uns beeinflussen

Beim Möhrchen ja, beim Sport nein: Wie Kolleg*innen uns beeinflussen

Von Robert Hahn


Geben wir es ruhig zu: Die lieben Kolleg*innen sind wie eine zweite Familie für uns. Laut Statistischem Bundesamt betrug 2019 die gewöhnliche Wochenarbeitszeit aller Erwerbstätigen in Deutschland 34,8 Stunden. Wir verbringen also immerhin ein Fünftel unserer Lebenszeit auf der Arbeitsstelle, etwa die Hälfte unseres wachen Daseins. Hier leistet der deutsche Erwerbstätige nicht nur seine Arbeit, sondern erfährt auch Neuigkeiten, die sein soziales Leben bereichern: Wo der Kollege seinen Urlaub verbracht hat, was der Hund der Kollegin wieder gemacht hat und welche Musik gerade angesagt ist – oder auch nicht.

Das alles beeinflusst auch unser privates Leben, denn was von einer vertrauten Person empfohlen wird, gilt mehr. Gilt das auch für einen gesunden Lebensstil? Die Soziologinnen Lea Ellwardt aus Köln und ihre Kollegin Anne van der Put aus Utrecht wollten es genauer wissen. Die kurze Antwort: Beim Möhrchen ja, beim Sport nein. Packt Kollegin Kleinschmidt am Nachbarschreibtisch um Punkt 12 ihre nachhaltige, garantiert BPA-freie und mit Quinoasalat befüllte Lunchbox aus, fällt man selbst mit seinem Mettbrötchen und Schokomuffin unangenehm auf. Es muss kein Wort fallen, der Blick sagt alles: »Schon mal über Bauchfett und Arterienverkalkung nachgedacht?« Stellt man sich dann abends in die Küche und schwitzt, kann man am nächsten Tag selbst mit seiner veganen Räuchertofu-Bowl überlegene Blicke durchs Büro schießen.

Nicht nur küchenpsychologisch, sondern wissenschaftlich belegt ist: Gesundes Essverhalten steht in einem positiven Zusammenhang mit dem Obstund Gemüsekonsum der Kolleg*innen am Arbeitsplatz. Bei der Leibesertüchtigung scheint das allerdings nicht gleichermaßen zu gelten: Auch wenn Kollege Müller drei Mal die Woche ins Fitnessstudio rennt und man auf seinem Pectoralis major ganze Aktenschränke balancieren könnte, motiviert uns das kaum, abends die heimische Couch zu verlassen und es ihm gleich zu tun. Was außerhalb der Arbeit stattfindet, scheint nicht den gleichen Ansporn zu gesundheitsbewusstem Verhalten zu geben wie das, was im Büro unter den Augen aller vor sich geht. Irgendwie auch beruhigend.