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Start-Up: Die Spurenbeseitigerinnen

Tanja Nickel und Katharina Obladen sagen dem Schmutz auf Rolltreppen den Kampf an.

Rolltreppen machen das Leben leichter. Doch weil sich jeden Tag tausende Menschen an den Handläufen festhalten, bleiben dort Bakterien, Pilze und Viren zurück. Die Kölner Studentinnen Tanja Nickel und Katharina Obladen hatten eine Idee, wie Rolltreppen sauberer werden können. Ihre Erfindung wollen die beiden Gründerinnen jetzt in einem Start-up auf den Markt bringen. 

Bahnhöfe, Kaufhäuser und Flughäfen: Rolltreppen finden wir fast überall. Wie schmutzig sind die Handläufe? 

Obladen: Handläufe von Rolltreppen sind die sechsthäufigste Infektionsquelle im öffentlichen Raum. Darauf befindet sich alles, was der Mensch durchs Anfassen aufgenommen hat: Keime, Bakterien, Viren und Pilze. Wir untersuchen das derzeit in einer Studie zusammen mit einer großen deutschen Universität. Bisher werden die Handläufe größtenteils gar nicht gereinigt oder nur mit einem Lappen abgewischt, was die Keime eher verbreitet anstatt sie abzutöten. An Bahnhöfen und Flughäfen ist das besonders gefährlich, weil dort Viren aus aller Welt von Reisenden eingeschleppt werden. Durch eine Desinfizierung des Handlaufs könnten Epidemien besser verhindert werden. 

Wie sieht eure Lösung aus? 

Nickel: Wir haben ein Entkeimungsmodul entwickelt, das aus UVC-Lampen besteht. Das ultraviolette Licht zerstört die DNA von Bakterien, Viren und Pilzen. Das wirkt dann ähnlich wie ein Sonnenbrand bei Menschen, der aber für Bakterien, Viren und Pilze tödlich ist. Das Modul ist günstig nachzurüsten und bietet zudem eine chemiefreie Lösung. 

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Handläufe von Rolltreppen zu desinfizieren? 

Nickel: Wir haben während unserer Schulzeit an einem Schülerwettbewerb teilgenommen, bei dem wir ein noch nicht vorhandenes Produkt entwickeln sollten. Damals ging gerade die Schweinegrippe um, was uns auf die Idee brachte, Handläufe von Rolltreppen zu desinfizieren. Unsere Idee kam so gut an, dass wir uns dazu entschieden, vor dem Tag der finalen Präsentation ein Patent anzumelden und das Projekt weiterzuverfolgen. Nach dem Abitur haben wir unsere Geschäftsidee erst einmal ruhen lassen. Seit zwei Jahren arbeiten wir jedoch wieder intensiv daran. 

Welche Schritte stehen die nächsten Wochen an? 

Obladen: Wir werden unser Modul im Zuge eines Pilotprojektes an einem gro- ßen Hauptbahnhof in Deutschland testen. Gleichzeitig führen wir eine Marktstudie unter den Nutzern von Fahrtreppen durch. Wir wollen herausfinden, ob die Leute ihr Verhalten auf der Rolltreppe ändern, wenn sie wissen, dass die Handläufe sauber sind. 

Wie wollt ihr die Idee anschließend vermarkten? 

Obladen: Unser Entkeimungsmodul wird zunächst einmal für Endbetreiber interessant, beispielsweise Kommunen und Stadtwerke, oder Betreiber von Bahnhöfen, Flughäfen oder Kaufhäusern. Im Idealfall werden die Module später direkt über die Fahrtreppenhersteller an die Betreiber verkauft und in die Rolltreppen integriert. 

Was habt ihr durch die Gründung eines eigenen Unternehmens gelernt? 

Obladen: Wir haben praktische Erfahrung bekommen, die wir so im Studium nicht mitgenommen haben. Ich hätte mich zum Beispiel während meiner Studienzeit sonst nie so intensiv mit der Erstellung eines Businessplans auseinandergesetzt. Und auch das Verhandeln mit den Vertragspartnern oder Endkunden erlernt man nur durch Praxis. 

Nickel: Durch unsere Forschung, Produktentwicklung und Unternehmensgründung haben wir auch gelernt, unsere Perspektive zu erweitern: Wir haben beide nichts Technisches studiert und müssen uns daher immer wieder mit neuen Themen auseinandersetzen. Oft führen wir Kundengespräche mit den Leitern von Technikabteilungen. Dort gelingt es uns immer wieder, einen Überraschungseffekt zu erzielen. 

Gab es einen Moment, in dem ihr am liebsten aufgeben wolltet? 

Nickel: Wir hatten uns für ein Gründerstipendium beworben, das wir leider nicht bekommen haben, weil wir kein technisches, auf unsere Erfindung bezogenes Fach studieren. Das war sehr bedauerlich. Glücklicherweise haben wir uns aber direkt um die nächste Bewerbung gekümmert und uns motiviert weiterzumachen. Unser größtes Erfolgserlebnis steht nun kurz bevor, wenn das Modul zum ersten Mal installiert ist. Das ist ein Meilenstein für uns, der alle bisherigen Rückschläge überstrahlt. 

Habt ihr Tipps, die ihr anderen UnternehmensgründerInnen mitgeben könnt? 

Nickel: Networking ist sehr wichtig. Angehende Gründer sollten keine Angst davor haben, von der eigenen Geschäftsidee zu erzählen. Ehrliche Kritik – positiv wie negativ – kann dem Unternehmen sehr zuträglich sein. 

Obladen: Ich empfehle außerdem, die Idee nicht nur mit Familie und Freunden zu diskutieren, sondern auch zu erforschen, ob es einen wirklichen Nutzen gibt. Aus unserer Perspektive ist dies ein kritischer Punkt, der viele Ideen zum Scheitern bringt: Die angehenden Gründer sind von der Geschäftsidee ganz begeistert, während der Großteil der potentiellen Kunden darin keinen Mehrwert sieht. Uns hat dabei auch die Unterstützung der Uni Köln sehr geholfen. Als wir den Businessplan ausarbeiten mussten, sind wir in den Gründungsinkubator Gateway eingezogen. Dort konnten wir professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Dies erleichtert es ungemein, so ein Projekt zu professionalisieren. 

Wo seht ihr euer Start-up in fünf Jahren? 

Obladen: Nächstes Jahr wollen wir anfangen, uns größer aufzustellen. Wir wollen den Bereich Forschung und Entwicklung nicht nur auf das eine bisherige Anwendungsfeld beschränken. Dieser Prozess ist sehr spannend für uns, weil es immer wieder Entscheidungspunkte geben wird, an denen wir eine Richtung wählen und uns fragen müssen, wie es mit dem Unternehmen weitergehen wird. 

Nickel: Zudem soll UVIS keine One-ProductFirma bleiben. Deshalb eröffnen sich uns viele Themenbereiche, bei denen wir auch wieder von Null anfangen werden.