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Klaviernoten

Dr. Jörn Grahl, Professor für Digital Transformation and Analytics in der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, über Klaviernoten

Seit meiner Jugend spiele ich Klavier und besitze daher einige Klaviernoten. Die meisten Dinge, die man besitzt, verbraucht man irgendwann. Oder sie werden alt, gehen kaputt, und dann muss man sie austauschen. Noten nicht: sie halten ewig und funktionieren immer. 

Ich habe viele Noten seit der Schulzeit. Sie sind, glaube ich, die Dinge, die ich am längsten besitze. Die meisten Noten habe ich in Bibliotheken ausgeliehen und kopiert. Ich war Schüler oder hatte gerade mein Studium begonnen, und Noten waren mir zu teuer. Dafür hatte ich viel freie Zeit. Die Blätter wurden unachtsam in Rucksäcke gestopft und zwischen Studentenwohnheim und Musikraum hin- und hergetragen. Sie sehen ziemlich mitgenommen aus, das gefällt mir gut.

Ich verbinde mit den Noten viele lieb gewordene Erinnerungen. Gegen Ende des Studiums und während meiner Promotion habe ich einige schöne Notenhefte gekauft. Diese Hefte sehen noch aus wie neu. Das liegt wohl daran, dass sie noch neu sind. Ich habe sie ein paarmal durchgeblättert, aber nie gespielt.

Ich muss gestehen: mittlerweile sind alle Noten ziemlich eingestaubt. Vielleicht sind es einfach nicht die richtigen Stücke, und ich brauche eine größere Auswahl. Im Zeitalter der Digitalisierung ist nichts einfacher als das. Man kann Noten auf ein Tablet laden (das stellt man dann hochkant auf das Klavier).

Es gibt sicherlich Anbieter von „Noten-Flatrates“ mit direktem Zugriff auf unendlich viele Notenhefte. Alle Noten stünden immer zum Download bereit. Meinen Notenstapel könnte ich entsorgen. Nein, das wäre nichts für mich. Schuld an der Staubschicht auf den Noten sind selbst gesetzte Prioritäten. Noten auf Papier finde ich sehr viel charmanter als jedes PDF, und kein PDF der Welt macht mir so zuverlässig ein schlechtes Gewissen mal wieder Klavier zu spielen, wie der Notenstapel im Bücherregal.