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Gründen - aber wie?

Gute Geschäftsideen unterstützt der GATEWAY Gründungsservice der Universität zu Köln jetzt schon. In Zukunft soll der Service ausgebaut, das Lehrangebot erhöht und ein Gründungszentrum gebaut werden. Fünf Beispiele für erfolgreiche Start-ups.

Die Freude war beim Team des GATEWAY Gründungsservice der Universität zu Köln riesig: Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW in Düsseldorf hatte Anfang des Jahres die Universität zu Köln mit ihrer Bewerbung als »Exzellenz Startup Center.NRW« ausgewählt. Damit kann sie in den kommenden fünf Jahren mit einer Förderung von 25 Millionen Euro rechnen.

»Das ist ein toller Erfolg, den wir gemeinsam erzielt haben«, freute sich Professor Axel Freimuth, Rektor der Universität zu Köln. »Jetzt können wir den nächsten großen Schritt bei Gründung und Innovation gehen.«

Die nächsten großen Schritte hat die Universität schon geplant: Mit dem GATEWAY Gründungsservice der Universität zu Köln verfolgt die Hochschule zwar bereits erfolgreich das Ziel, die Anzahl der Gründungen deutlich zu erhöhen. So ist die Uni Köln im Start-up- Monitor 2018, einer Befragung der jungen Branche durch den Bundesverband Deutsche Startups, zum ersten Mal unter den Top Ten gelistet. Doch das unternehmerische Potenzial von rund 50.000 Studierenden und mehr als 5.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Uni Köln ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Gerade einmal ein Prozent werden überhaupt für die Themen Innovation und Unternehmertum sensibilisiert.

GATEWAY Gründungsservice der Universität zu Köln — Wer eine Geschäftsidee im Kopf hat, erhält hier Beratung, Hilfe durch den Förderdschungel und hilfreiche Kontakte. Bereits 2008 entstand als Teil des »hochschulgründernetz cologne« das »Gründerbüro der Kölner Hochschulen« als Anlaufstelle für Gründer-beratung der Uni Köln, der Technischen Hochschule Köln und der Deutschen Sporthochschule Köln. Daraus entwickelte sich 2011 das »hochschulgründernetz cologne e.V.«, dem 22 Institutionen angehören. Um das Gründerangebot sichtbarer zu machen richtete die Uni Köln 2015 den Gründungsservice GA TEWAY ein, der seinen Sitz in einem 530 Quadratmeter großen Gebäude hat. 2016 vergab die Hochschulleitung dem GATEWAY-Team den Universitätspreis.

»Wir wollen in Zukunft auch die fachliche Vielfalt der Gründungsprojekte aus der Uni heraus steigern«, sagt Marc Kley, Geschäftsführer des GATEWAY Gründungsservice. So stehen unter anderem die Themen Life Sciences und Digitale Bildung aber auch die Forschungsschwerpunkte der Exzellenzcluster im Fokus. Weiteres Ziel ist, universitätsweit eine Kultur des Unternehmertums zu schaffen und Studierende, Wissenschaftler und 

Wissenschaftlerinnen umfassend für Data Science und Entrepreneurship zu sensibilisieren und qualifizieren. »Wir wollen die Zahl der Gründungen in den nächsten fünf Jahren um den Faktor fünf bis zehn erhöhen«, gibt Kley das ehrgeizige Ziel aus.

Ein Unternehmen zu gründen soll dafür über alle Fächer hinweg viel stärker in das Blickfeld von Forschern und Forscherinnen, Studierenden und Lehrenden rücken. »Es soll schick sein, ein Start-up auf die Beine zu stellen«, sagt Kley. Denn die Ergebnisse des Start-up-Monitors 2018 zeigten auch, dass die meisten Gründerinnen und Gründer fachlich vor allem aus zwei großen Blöcken stammen: Jeweils rund 41 Prozent kommen aus den Wirtschaftswissenschaften und den MINT-Fächern, also Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie Technik. Allerdings hat die erste Gruppe mit Herkunft aus der Betriebswirtschaftslehre, der Volkswirtschaftslehre oder Ähnlichem um vier Prozentpunkte zugenommen, die zweite um sechs Prozentpunkte abgenommen. Die MINT-Fächer schwächeln also etwas.

Die Durchleuchtung der deutschen Start-up-Szene ergab außerdem, dass der Mythos vom Gründer in der Garage, der wie Bill Gates mit abgebrochenem Studium ein globales Unternehmen à la Microsoft auf die Beine stellt, eher die Ausnahme ist: Ein Hochschulabschluss gehört zum Gründen meist dazu: 25 Prozent der Gründerinnen und Gründer haben einen Master- Abschluss, nur etwas weniger, 23,9 Prozent, ein Diplom, 19 Prozent einen Bachelor und rund 13 Prozent sind promoviert.

Damit die Vielfalt der Start-up-Szene bunter wird, hat der GATEWAY Gründungsservice in den nächsten fünf Jahren jede Menge Pfeile im Köcher:

  • Um die Studierenden für Unternehmertum zu sensibilisieren will die Uni grundständige Lehrangebote schrittweise ausbauen. Bis zu acht Professuren sollen an vier Fakultäten aufgebaut werden. Sie werden vor allem Data Science und Entrepreneurship-Kompetenzen vermitteln und zugleich die Möglichkeiten des Transfers in die praktische Anwendung aufzeigen.
  • Das Beratungsangebot für gründungsinteressierte Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie das Transferscouting, also zur Frage der Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis, soll ausgebaut werden.
  • Die Uni Köln kann die notwendige räumliche Infrastruktur, ein neues Innovations- und Gründungszentrum, das Teil des Exzellenz Startup Center.NRW (ESC) GATEWAY wird, aus eigener Kraft bereitstellen. Durch eine Spende stehen dafür 20 Millionen Euro zur Verfügung.

Schon heute gibt es Erfolgsgeschichten von innovativen Gründerinnen und Gründern. Lesen Sie auf den folgenden Seiten über fünf Start-ups aus unterschiedlichen Reifegraden. Sie haben den Sprung in die schwarzen Zahlen bereits geschafft, feilen noch an ihrem Konzept oder denken über Möglichkeiten nach, ihr originelles Produkt an den Mann und an die Frau zu bringen. Kölner Gründerinnen und Gründer stellen beispielsweise aus Insekten hochwertige Proteinriegel her, digitalisieren die Altenpflege oder reduzieren den Autoverkehr im Rheinland.
 


Swarm – Insektenteller gemischt

»Verrückte Ideen« wollten sich Christopher Zeppenfeld und Timo Bäcker nach der gemeinsamen Schulzeit gegenseitig zurufen. Im Jahr 2015 flog Zeppenfeld eine zu, als er den 200 Seiten langen Bericht Edible Insects der Welternährungsorganisation FAO zu essbaren Insekten verschlang. Zeppenfeld hatte derweil in Köln Betriebswirtschaft studiert und forschte gerade im Rahmen seiner Promotion in den USA. Sein Freund und Mitstreiter Timo Bäcker ist Designer. Die FAO-Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zählten rund 1.400 essbare Insekten. Sie zu essen ist in Ländern wie Thailand, China oder Afrika zwar bereits Alltag. In westlichen Ländern erzeugt die Vorstellung herzhaft in eine Grille oder eine Larve zu beißen bestenfalls ein unangenehmes Kribbeln unter der Haut.

Bereits zwei Tage nach seiner Promotion in Volkswirtschaftslehre saß Zeppenfeld im Flieger nach Thailand, dem weltgrößten Markt für Insektennahrung. Mit Schulfreund Bäcker vertilgte er fast alles, was sechs Beine hat oder kriegt: grüne Käfer, dicke bleiche Hornissenlarven, Heuschrecken. Oder sie lutschten Wasserwanzen aus. Gemischter Insektenteller sozusagen. »Am Anfang kostete es Überwindung, eine Wasserwanze auszulutschen, auch wenn der Eigengeschmack der meisten Insekten eher neutral ist«, sagt Zeppenfeld. Aber der antrainierte Widerwillen legte sich. Alle Fakten sprachen für sich: Insekten bestehen zu rund 70 Prozent aus hochwertigem Eiweiß (Protein) mit allen neun essentiellen Aminosäuren, die beispielsweise für den Muskelaufbau wichtig sind und die der Körper selbst nicht bilden kann. Dazu kommt das lebensnotwendige Vitamin B12, das nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt und für die Bildung roter Blutkörperchen und das Nervensystem gebraucht wird. Als ideales Insekt kristallisierte sich die Europäische Hausgrille heraus. Mit Unterstützung der Deutschen Sporthochschule in Köln reifte die Idee, dass es ein hochwertiger Riegel mit Insektenstatt Milcheiweiß werden sollte.

Auch beim Thema Nachhaltigkeit schneiden Insekten gut ab: Insekten wie die verwendete Grille verwerten als wechselwarme Tiere das Futter 12 Mal produktiver als gleichwarme Tiere wie Rinder, die einen Großteil des Futters für die Erhaltung der Körpertemperatur verwenden. Im Vergleich zu Rindfleisch verursachen Grillen zudem weniger als ein Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase. Zudem erfordert die Zucht von Insekten für Bauern einen geringen Aufwand mit wenig Investitionen. Für den Anfang reicht schon eine 80 Zentimeter hohe, zwei Meter auf vier Meter große Betonschale, die mit Eierkartons ausgekleidet wird, damit sich die Insekten artgerecht verstecken können. Ihre Nahrung besteht aus Mais, Soja und Reis. Als Idee und Konzept standen, sollte es endlich losgehen: In Thailand die Insekten züchten, erhitzen, trocknen und zu Pulver verarbeiten, in Europa den Riegel produzieren und verkaufen.

Doch zunächst folgte ein mehr als dreijähriger Hindernislauf durch die Lebensmittelbehörden, Zoll und Zertifizierungsstellen. Immerhin wollten die beiden Gründer ein neuartiges Lebensmittel nach Europa einführen. »Das hat nicht nur Zeit, sondern auch zigtausende Euro verschlungen, bis wir unseren ersten Riegel produzieren durften«, sagt Zeppenfeld. Finanziell über Wasser gehalten haben sich die beiden Gründer aus Fördertöpfen der EU und dank der Unterstützung durch den GATEWAY Gründungsservice, einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne und aus eigenen Ersparnissen.

Mittlerweile ist das Start-up-Unternehmen swarm auf Erfolgskurs: Die Riegel in verschiedenen Geschmacksrichtungen sind bei Einzelhändlern wie Edeka, Rewe, Drogeriemärkten und Fitnessstudios zu kaufen und seit kurzem auch in den Einrichtungen des Kölner Studierendenwerks. »Vielleicht verkaufen wir schon dieses Jahr mehr als eine Million unserer Riegel«, freut sich Zeppenfeld. Es gibt Anfragen aus Österreich und der Schweiz. Und seit diesem Februar gönnen sich die Gründer und sechs weitere feste Mitarbeiter erstmals ein festes Gehalt. »Das ist ein super Gefühl, weil sich unsere verrückte Idee endlich auszahlt«, sagt Zeppenfeld.


Plastic2beans – Plastikgranulat für Kaffee

 Plastic2beans – Plastikgranulat für Kaffee Es begann mit einer Begegnung im Agrippa-Bad im April 2018: Der Chemiker Kalie Cheng war mit seiner Tochter schwimmen, da fragte ein kleiner Junge, ob er sich mal ihre Schwimmflügel ausleihen dürfe. Cheng und der Vater des Jungen - der äthiopische Geschäftsmann Abiye Dagnew – kamen miteinander ins Plaudern. Was sie damals noch nicht ahnten: Das war der Startschuss für ein gemeinsames Start-up, das sie zwei Monate später gründen würden. Plastic2Beans exportiert hochwertiges Plastikgranulat nach Äthiopien und importiert im Gegenzug erstklassigen Kaffee nach Deutschland.

Im Juni 2018 zogen Cheng und sein Mitgründer Dr. Thomas Giang mithilfe eines NRW-Gründungsstipendiums in ein Büro im GATEWAY ein. Dagnew war von Beginn an ihr Geschäftspartner auf äthiopischer Seite. Der Kölner ist schon längere Zeit im Bereich Import/Export für kunststoffverarbeitende Maschinen nach Äthiopien tätig. Dort ist es bislang unüblich, Plastik systematisch zu recyceln. Es fehlt an der grundlegenden Technik und dem Know-how dazu.

Cheng hatte vor drei Jahren seine Promotion in Polymerchemie an der Mathematisch- Naturwissenschaftlichen Fakultät abgeschlossen und danach in einer kleinen Forschungs- und Entwicklungsfirma gearbeitet. Während seiner Elternzeit wurde ihm klar, dass er gerne in einem Bereich arbeiten möchte, der Nachhaltigkeit vorantreibt. Mit Plastic2Beans können er und sein Team nun Wertstoffe aus Deutschland weiterverkaufen. »Wir laden in Äthiopien aber nicht unseren Müll ab, sondern liefern hochwertige Granulate, die vor Ort zu Rohren verarbeitet werden«, sagt Cheng. Neben der Lieferung des Kunststoffgranulats unterstützt Plastic2Beans durch Schulungen vor Ort und den Export von Maschinen den Aufbau einer lokalen Recyclingwirtschaft.

Äthiopien belegt schon seit einigen Jahren Spitzenpositionen im weltweiten Wirtschaftswachstum. Anfang 2018 ist eine neue Regierung ins Amt gekommen, die das Land weiter reformiert und mit dem langjährigen Feind Eritrea Frieden geschlossen hat. Der Handel blüht und es herrscht Aufbruchsstimmung in dem ostafrikanischen Land, das früher von Hungersnöten und Gewalt geprägt war. Da Äthiopien jedoch kaum über Devisen verfügt, wickelt Plastic2Beans seine Geschäfte in der Landeswährung Birr ab: Kunststoffgranulat wird verkauft, Kaffeebohnen eingekauft. In Deutschland vertreibt das Team den Kaffee in Betrieben, in ihrem Webshop oder auf lokalen Märkten in Köln. In Zukunft werden sie die Bohnen auch nach China und Taiwan exportieren – dort erlebt Kaffee gerade einen Boom.

Plastic2Beans entwickelt keine neue Technologie. Aber das Start-up ermöglicht mehr Umweltschutz und faire Arbeitsbedingungen in Äthiopien. Cheng resümiert: »Unser Unternehmen bringt keine technische, sondern eine soziale Innovation auf den Markt: Wir wollen ein gesellschaftliches und ökologisches Problem wirtschaftlich lösen.«


Goflux – In Sekunden eine Mitfahrgelegenheit finden    

Dass Öffentliche Verkehrsmittel so manche Gründerinnen und Gründer auf gute Ideen bringen, zeigt goFLUX. Das junge Unternehmen organisiert Mitfahrgelegenheiten auf kurzen Strecken innerhalb des Stadtgebietes. Das Start-up von Wolfram Uerlich, Nitesh Singh, Nils Kittel und Dennis Pütz verdankt seine Existenz einer Beobachtung von Uerlich während seines Studiums: »Ich musste wieder mal den Bus Richtung Ehrenfeld nehmen, die 142. Der war wie häufig total überfüllt. Als ich einstieg habe ich gesehen, wie gleichzeitig unglaublich viele Autos vorbeifuhren, die aber alle nur mit einer, maximal zwei Personen besetzt waren.« Da fragte sich der BWL-Student und Nutzer von Mitfahrgelegenheiten auf langen Strecken, warum das nicht auch auf kurzen Strecken funktionieren sollte.

Die Idee ging ihm nicht mehr aus dem Kopf: Könnte man nicht eine App entwickeln, die Fahrgäste und Fahrer innerhalb Kölns zusammenbringt? Und wie müsste der dahinterstehende Algorithmus aussehen? Glücklicherweise wohnte Uerlich in einer Studenten-WG mit Nitesh Singh zusammen. In Gesprächen mit dem Informatiker wurde ihm klar, dass das System funktionieren kann. Das war im Spätsommer 2017. Da waren die erforderlichen Technologien gerade zur Marktreife gelangt und verfügbar. Der Informatiker stieg in das Projekt mit ein.

Die Idee hinter goFLUX ist einfach: Das »Date« zwischen Fahrer und Mitfahrer kommt über eine App zustande. »Man kann innerhalb weniger Sekunden seine Mitfahrgelegenheit finden«, sagt Uerlich. Der Fahrer gibt seine Fahrtstrecke an und der Kunde seinen Standort und sein Ziel. Der Treffpunkt wird dann automatisiert durch die Software festgelegt. Am Ende des Monats wird das Geld für den Fahrer vom Konto des Kunden abgebucht.

Im Moment wird das System in einem Pilotprojekt zusammen mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg erprobt. Mit dem ersten Erfolg ist Uerlich sehr zufrieden. »Das Interesse ist da und die App funktioniert«, sagt er. Nun will das Team die App großen Arbeitgebern anbieten, Verhandlungen mit ersten Interessenten laufen bereits. goFLUX hat sich das Ziel gesetzt, die App für jeden Menschen in der Region Köln/Bonn/Düsseldorf zugänglich zu machen.

»Die Erfahrungen mit GATEWAY waren von A bis Z sehr positiv«, resümiert Uerlich. »Im Herbst 2017 gab es die ersten Kontakte und im Januar sind wir dann schon ins GATEWAY eingezogen. Damals noch zu zweit, heute mit deutlich größerem Team.« Neben den vier Gründern hat goFLUX jetzt auch vier Angestellte. Uerlichs Tipps an zukünftige Gründerinnen und Gründer: »Man sollte seine Idee möglichst schnell live testen. Dann fallen einem Sachen auf, die man übersehen hat. Und man sollte die vielen Möglichkeiten nutzen, sich ein Netzwerk aufzubauen und mit seinen Kontakten über seine Idee sprechen.«


Tavla – Alltag und Pflege in Senioreneinrichtungen digitalisieren  

Das junge Unternehmen TAVLA verbannt schwarze Bretter und Aushänge aus Senioreneinrichtungen. Denn es hat ein Produkt entwickelt, das den analogen Blätterwald ersetzt. Speisepläne, Veranstaltungskalender, Fotos und Eindrücke von Ausflügen – das alles bieten die Geräte von TAVLA digital an. In den Foyers der Einrichtungen installiert das Team dazu seine Geräte KIOSK und HUB: große Bildschirme, die auf Touch oder auf Sprachbefehle reagieren. »Wir haben lange an der Technologie gefeilt, damit sie einfach zu bedienen ist und niemand Berührungsängste haben muss«, sagt Martin Petzold, der TAVLA mitbegründet hat. Mittlerweile ist das System in über zehn Einrichtungen deutschlandweit im Einsatz.

Begonnen hat alles 2015, als Petzold ein EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie beantragte. Zuvor hatte er an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät Wirtschaftsinformatik studiert und arbeitet derzeit an seiner Promotion. »Ohne das GATEWAY hätten wir es nicht dahin geschafft, wo wir heute sind«, meint Petzold im Rückblick. Nicht nur half GATEWAY-Geschäftsführer Marc Kley beim Antrag, auch der Austausch mit anderen Gründern und Gründerinnen war für die junge Firma sehr hilfreich. 2016 ging es dann richtig los: mittlerweile hatte Petzold ein kleines Team zusammen, das in den GATEWAY-Büros an einem Prototyp für die Software tüftelte.

Am Anfang brauchte das Team einen langen Atem: Die Entwicklung der komplizierten Technologie dauerte und der Markt entwickelt sich langsam. Denn Senioreneinrichtungen stellen erst nach und nach auf digitale Systeme um. Das Team erwartet für 2019 den Durchbruch: einen Wachstumssprung von mindestens 200 Prozent. TAVLA hat sich in den vergangenen Jahren einen guten Ruf am Markt erarbeitet. Seine Kombination von Touch- und Sprachbedienung ist bisher einzigartig.

Gerade entwickelt das Team das Gerät TOUCH, ein Assistenzgerät zur Wandmontage, das in Einrichtungen für betreutes Wohnen zum Einsatz kommen soll. Die Geräte sind in jedem Zimmer montiert und erkennen auch verbale Hilferufe oder einen Sturz. Und die Fachkräfte in den Einrichtungen können die gesamte Pflegedokumentation an den Bildschirmen erledigen – je nach Vorliebe per Sprache oder Touch. Mittlerweile interessieren sich auch Kunden in Österreich, der der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich und Polen für die Geräte von TAVLA. Der lange Atem hat sich also gelohnt.


Loloco – Stempelkarte in digital

»Unser Ziel ist, Big Data in den lokalen Handel zu bringen«, erklärt Fritz Fried von LOLOCO. Die Idee des Start-ups besteht darin, die Technologie von Payback-Karten für kleine Händler verfügbar zu machen. »Das ist eine Digitale Stempelkarte für das Geschäft um die Ecke: das Café, der Bäcker, der Gemüsehändler«, sagt Fried, der das Unternehmen mitbegründet hat. LOLOCO versteht sich als eine umfassende online und offline Marketingplattform für kleine Gastronomien, Händler und Dienstleister.

Die verfügen nämlich nicht über das Netzwerk eines Franchises und damit über die großen Technologien. LOLOCO eröffnet diesen Händlern einen digitalen Kanal zu ihren Endkunden.

»Das funktioniert so, dass wir ein Bonuspunktesystem errichten, ungefähr wie eine ›Stempelkarte in digital‹. Nutzerinnen und Nutzer verfügen über eine Karte oder eine App mit QR-Code, die sie jedes Mal beim Einkaufen einscannt. Sie können beim Händler dann Punkte einscannen, LoloCoins, und wenn sie eine bestimmte Punktzahl erreicht haben, können sie diese LoloCoins gegen Prämien oder Rabatte einlösen.« Für den Händler ist das System attraktiv, weil er zum ersten Mal über die gleichen Möglichkeiten wie die großen Ketten und Franchise-Unternehmen verfügt: Er kann Gutscheine, Rabatte oder Gewinnspiele bei sich einstellen, um die Kundenbindung zu fördern. Außerdem kann er durch die Daten mehr über seine Kunden und Kundinnen erfahren und sie gezielter ansprechen: zum Geburtstag zum Beispiel. »Der kleine lokale Händler kann mit LOLOCO ganz neue Möglichkeiten der digitalen Analyse erreichen«, sagt Fried. »Dabei braucht er kein technisches Knowhow, das haben wir. Die Bedienung ist für ihn einfach und intuitiv.«

LOLOCO ist aus einem Studentenprojekt in der Wirtschaftsinformatik entstanden. Das Kernteam besteht aus drei Absolventen dieses Fachs: Malte Hendricks, Rasit Güven, Fritz Fried. Dazu kamen zwei Partner aus der Wirtschaft: Sebastian Kleinschmager und Malte Lantin.

»Wir wurden relativ zufällig zusammengewürfelt, als wir ein Projekt zusammen mit Experten von Unternehmen bearbeiten sollten. Bei uns war das Microsoft«, erinnert sich Fried. Malte Lantin von Microsoft hatte dann die Idee für eine digitale Stempelkarte. Die Gruppe entwickelte aus dieser Idee dann das Konzept von LOLOCO. »Wir dachten uns: Das hat Potential – warum machen wir da kein Business draus? Lasst uns ein Start-up gründen.« Nach dem Studienende im Sommer 2018 begannen die Gründer das Projekt anzugehen. Im GATEWAY Gründungsservice bekamen sie einen Büroplatz. »Malte Hendricks und ich arbeiten dort jetzt Vollzeit daran«, sagt Fried. »Für uns war es ein großes Glück, durch GATEWAY ein richtiges Netzwerk zu bekommen.«

Im April 2019 wird das Start-up in die Pilotphase in Köln-Longerich gehen. LOLOCO hat dort ein Netzwerk aus 15 Händlern aufgebaut, die kostenlosen Zugang zur Technologie erhalten. Nach der Testphase sollen dann neue Geschäfte zu zahlenden Kunden werden. Für die Konsumenten ist die Nutzung immer kostenlos. Zwei Dinge möchte Fried angehenden Gründern und Gründerinnen ans Herz legen. Erstens: Man sollte für die Idee brennen. Und zweitens: Das Team ist wichtig, die Mitglieder müssen sich ergänzen.