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Gibt es in Deutschland noch die Todesstrafe?

Sie denken vielleicht: „Was für eine Frage! Die Todesstrafe ist hierzulande doch schon lange abgeschafft!“ Werfen Sie aber einmal einen Blick in Artikel 21 der Hessischen Verfassung...

... dort heißt es in Absatz 1: „Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden worden, so können ihm auf Grund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.“ 

Könnte nun also in Hessen tatsächlich noch die Giftspritze, der Galgen oder der elektrische Stuhl zum Einsatz kommen? Diese Frage lässt sich eindeutig verneinen, auch wenn es sonst oft heißt: „Zwei Juristen, drei Meinungen“. Die hessische Verfassung stammt nämlich aus dem Jahr 1946 und damit aus einer Zeit, in der es das Grundgesetz noch nicht gab. Es ist erst drei Jahre später in Kraft getreten und verbietet in Artikel 102 die Todesstrafe. 

Da Bundesrecht nach Artikel 31 des Grundgesetzes Landesrecht bricht, kann auch in Hessen niemand mehr zum Tode verurteilt werden. In der Vergangenheit ist zwar immer wieder über eine entsprechende Änderung der hessischen Verfassung debattiert worden. Zu einer Streichung der die Todesstrafe betreffenden Passage ist es jedoch bis heute nicht gekommen. Das liegt u.a. daran, dass die Hürden für eine Verfassungsänderung in Hessen vergleichsweise hoch sind, denn neben eines Landtagsbeschlusses bedarf es zusätzlich noch einer Volksabstimmung. Das ist aufwändig, weswegen Verfassungsreformen häufig als „Paketlösungen“ versucht werden – es sollen also gleich mehrere Änderungen auf einmal vorgenommen werden. 

Ein solches Vorgehen ist zwar rationell, erschwert aber zumeist eine Einigung zwischen den politischen Parteien. Auch die derzeitige schwarz-grüne Landesregierung hat sich eine Streichung der Todesstrafe aus dem Verfassungstext vorgenommen, aber wiederum nur als Teil einer umfassenderen Reform. Man darf somit gespannt sein, ob die Todesstrafe diesmal „hingerichtet“ wird.

Es antwortete Dr. Mario Bachmann vom Institut für Kriminologie 

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