Mit den jüngsten Wahlergebnissen weltweit – einschließlich der Rückkehr von Donald Trump ins Amt des US-Präsidenten – steht der Populismus wieder im Rampenlicht. Dabei bleibt die genaue Bedeutung des Begriffs oft im Unklaren. Ab wann kann man jemanden definitiv als Populisten oder Populistin bezeichnen?
Ein Großteil der politikwissenschaftlichen Literatur zum Populismus konzentriert sich auf die Klärung der Mehrdeutigkeit des Begriffs. Wissenschaftler*innen schlagen unterschiedliche Definitionen vor, darunter Populismus als politische Logik, Strategie oder Kommunikationsstil. Dabei hat sich vor allem der ideelle Ansatz (ideational approach) durchgesetzt, der den Populismus als ›dünne Ideologie‹ (thin-centered ideology) begreift. Diese Perspektive beschreibt den Populismus als rhetorisches Mittel, das von Politiker*innen eingesetzt wird (die Angebotsseite), und als eine Reihe von Einstellungen der Bürger*innen (die Nachfrageseite).
Populismus ist in diesem Ansatz ein moralisches (kein programmatisches) Gedankengut, das einen schmalen und anpassungsfähigen Rahmen für das Funktionieren der Demokratie bietet. Das eröffnet dem Populismus die Möglichkeit, sich an ›breite‹ Ideologien wie den Liberalismus oder den Sozialismus anzuheften. Diese Ideologien bieten umfassendere Weltanschauungen und strukturierte Lösungen für gesellschaftliche und politische Fragen.
Im Kern definiert sich der Populismus durch die moralische Unterscheidung zwischen zwei gegensätzlichen Gruppen: das ›reine Volk‹ und die ›korrupte Elite‹. Diese Dichotomie befeuert seinen anti-elitären Charakter. Populistinnen und Populisten behaupten, den Willen des ›wahren‹ oder ›einfachen‹ Volkes zu vertreten. Sie stellen die Eliten als eigennützig, abgehoben und gleichgültig gegenüber den Bedürfnissen normaler Bürger*innen dar.
Dabei ist Populismus nicht grundsätzlich der politischen Linken oder Rechten zuzuordnen. Populisten aus dem linken Spektrum richten sich oft gegen große Unternehmen, Finanzinstitutionen oder reiche Eliten, die als ausbeuterisch wahrgenommen werden. Rechtspopulisten hingegen nehmen liberale Intellektuelle, kosmopolitische Eliten oder politische Einrichtungen ins Visier, denen sie vorwerfen, die nationale Identität oder traditionelle Werte zu untergraben. Diese Erzählung reduziert oft komplexe gesellschaftliche Dynamiken auf ein emotional aufgeladenes ›Wir gegen die anderen‹, was die Ideologie ansprechend und zugänglich macht.
Ein weiteres charakteristisches Merkmal des Populismus ist seine antipluralistische Haltung. Populistinnen und Populisten lehnen die Vorstellung ab, dass sich Gesellschaften aus verschiedenen Gruppen mit gleichermaßen legitimen Interessen zusammensetzen. Stattdessen erheben sie den Anspruch, allein ›das Volk‹ zu vertreten, und tun Kritiker und Oppositionelle als illegitim oder sogar als Feinde ab. Diese Tendenz kann zur Schwächung (liberaler) demokratischer Normen führen, da Populisten in ihrem Streben nach unangefochtener Autorität institutionelle Kontrollmechanismen untergraben können.
Wann also überschreitet jemand die Grenze zum Populismus? Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede Kritik an Eliten oder Institutionen populistisch ist. Demokratien leben von konstruktiver Kritik und der Rechenschaft der Herrschenden gegenüber den Beherrschten. Davon heben sich Populisten durch ihre Neigung ab, ihre Gegner (die Elite) zu delegitimieren und gleichzeitig einen ausschließlichen Anspruch auf Vertretung des Volkes zu erheben. Indem sie politische Konflikte als moralische Kluft zwischen einer tugendhaften Mehrheit und einer korrupten Minderheit darstellen, riskieren Populistinnen und Populisten eine Verschärfung der gesellschaftlichen Polarisierung; dadurch können sie zu einer Bedrohung für liberale demokratische Prozesse werden.