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Abgetaucht

Forschung mal anders - Haben Sie schon mal von dem Daphnientest gehört?

Daphnien, das sind Kleinkrebse, landläufig auch Wasserflöhe genannt, die ein höchst empfindliches Nervenkostüm tragen. Kaum schnuppern sie Gefahr, schon tauchen sie von der Wasseroberfläche ab in die dunkelsten Schichten des Sees, wo kein Licht sie erwischt und kein Feind sie finden wird. Ein solches angstbedingtes Abtauchen ist auch unter Menschen nicht unbekannt und soll ja in den besten Teams vorkommen.

Am Tag legt die Daphnie bis zu 60 Meter auf der vertikalen Achse zurück. Dieses Leben auf der Flucht ist also eine echt kraftraubende Überlebensstrategie, doch sie ist – und das ist der traurige Teil der Geschichte – mitunter auch das Ergebnis reiner Sinnestäuschung. Wer sendet die nach Gefahr riechenden Stoffe aus, die die Daphnie fliehen lassen? Dank Kölner Forschung wissen wir, dass es sich um einen Botenstoff aus der Galle des Rotauges, einer Karpfenart, handelt. Aber: Möglicherweise sondern Dreck und Pestizide im Wasser ganz ähnliche Moleküle ab wie die der Karpfen. Sie könnten Fehlalarm auslösen und den feinsinnigen Floh mit seinem neurotischen Gefahrennäschen total verwirren.

Neben der Flucht gibt es noch einen zweiten Extremzustand, in den der Kleinkrebs als Reaktion auf solche trügerischen molekularen Signalstoffe fallen kann: die Schockstarre. Als »Daphnientest«, so kommen wir zur Auflösung, wird deshalb die Untersuchung der Toxizität eines Gewässers bezeichnet. Der Test überprüft, wie gehemmt Daphnien sind, sich überhaupt noch zu bewegen. Ob in Action oder stocksteif ist ein Indikator für den Grad der Gewässerverunreinigung. Vielleicht zeigt der Daphnientest auch in Ihrem Team, wie gallenbelastet die Stimmung gerade ist? Probieren Sie es einfach mal aus.

Vermutlich fragen Sie sich, was denn so schlimm daran ist, wenn die Daphnie öfters mal in den Schatten abtaucht oder sich totstellt. Es kann ja schließlich nicht jeder auf der Sonnenseite leben, jeder braucht mal Rückzug. Nun, problematisch ist das vorallem für ihre Umgebung. So kann die Daphnie am Boden der Tatsachen nicht mehr die obenauf schwimmenden Algen verspeisen – die eigentliche Paradenummer im Wasserflohzirkus. In der Folge breiten Algen sich herrlich aus und das Gewässer beginnt so langsam aber deutlich zu müffeln. Die Angst legt ein ganzes Ökosystem lahm.