zum Inhalt springen

Antwort auf das Schreiben „Decolonize und entnazifier Universität zu Köln“

Die in dem Schreiben genannten Sachverhalte sind der Universitätsleitung grundsätzlich bekannt. Im Zuge der längerfristigen kritischen Aufarbeitung der Geschichte der Neuen Universität zu Köln finden sie in angemessener Weise Berücksichtigung. Viele wesentliche Schritte sind dazu bereits unternommen worden und weitere in Vorbereitung. Sie betreffen derzeit vor allem die Universität im Nationalsozialismus und hier insbesondere die Frage von NS-Belastungen. Die umfangreichen Untersuchungen insbesondere in den letzten Jahren wurden zudem durch einen unabhängigen wissenschaftlichen Beirat aus international einschlägig ausgewiesenen ExpertInnen begleitet. 

Die Universität zu Köln verfolgt die genannten Untersuchungen mit der gebotenen wissenschaftlichen Sorgfalt und Gründlichkeit. Bei Vorliegen eindeutiger Befunde ergreift sie zudem angemessene Maßnahmen, wie bereits 2005 durch die Wiederzuerkennung von akademischen Graden, die während der NS-Zeit in unrechtmäßiger Weise aberkannt worden waren. Wichtige Ergebnisse bisheriger Befassungen sind in der kürzlich erschienenen Chronik der Universität zu Köln in einem eigenen Kapitel zusammengefasst. Erste Ergebnisse der laufenden Untersuchungen wurden im letzten Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt und zugänglich gemacht. Die Universität zu Köln hat auch die in den letzten Jahren zunehmend ins öffentliche Bewusstsein gerückte Kolonialgeschichte und ihre Nachwirkungen im Blick. 

  1. Im Zusammenhang mit dem im Schreiben genannten Gutachten zu den NS-Belastungen von Geehrten, An-Instituten und Förderern der Universität zu Köln werden auch Benennungen von Räumen, Ehrungen und Veranstaltungen nach Personen überprüft, bei denen Hinweise auf NS-Belastungen vorliegen. Zu allen im Schreiben benannten Personen, die Angehörige der Universität waren, finden derzeit entsprechende Recherchen statt. Dies schließt unter anderem alle Rektoren der Universität bis in die 1970er Jahre ein. Die damit verbundene, fundierte Untersuchung von NS-Belastungen bildet die erforderliche Grundlage, um über den weiteren Umgang mit den Rektorenporträts zu entscheiden. Der Abschluss dieser personenbezogenen Recherchen hat sich durch die coronabedingte Schließung von Archiven und Bibliotheken verzögert, ist aber im kommenden Jahr zu erwarten. Bei Vorliegen eindeutiger Befunde und Empfehlungen wird die Universitätsleitung entsprechende Umbenennungen oder Streichungen von Benennungen vornehmen. Es ist zudem beabsichtigt, einen Gedenkort für die vom Nationalsozialismus verfolgten Angehörigen der Universität zu schaffen. Ebenso hat die Universität eine Studie zur Geschichte der Universität im Nationalsozialismus in Auftrag gegeben und fördert eine Reihe von Einzeluntersuchungen, etwa zur Berufungspolitik von der Weimarer Republik bis zur frühen Bundesrepublik, zur Wissenschaft im „Dritten Reich“ sowie der Universität als politischem Raum in den 60er Jahren. 
  2. Kolonialismuskritische Forschungen sind seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Universität zu Köln. Daraus sind bereits zahlreiche wegweisende Arbeiten entstanden, auch zum Umgang mit sensiblen Sammlungsobjekten sowie zur Geschichte kolonialer Forschungen im Zusammenhang mit der Kölner Universität, ihrer Vorläufer und ihrer Zusammenarbeit mit städtischen Einrichtungen. Jüngst ist dieses Engagement gerade zur Frage der Restitution kolonialer Objekte über mehrere Forschungsprojekte, Lehrveranstaltungen und eine große, federführend aus der Universität zu Köln und in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt verantwortete internationale Tagung besonders sichtbar geworden. Die erst im Laufe des Jahres mit Blick auf den Namensgeber des Robert-Koch-Instituts in Berlin intensivierte Debatte um seine kolonialen Experimente mit arsenhaltigen Medikamenten zur Bekämpfung der Schlafkrankheit 1906, die seit längerer Zeit bekannt sind, wird von der Universitätsleitung aufmerksam verfolgt.
  3. Hinsichtlich des Umgangs mit historisch sensiblen Sammlungsobjekten finden an der Universität seit geraumer Zeit verschiedene Projekte zur Bestimmung von Provenienzen statt. Eine Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats des genannten Gutachtens zu den NS-Belastungen aufgreifend, wird die Universitätsleitung den Bereich ihrer Sammlungen in einem nächsten Schritt die kritische Aufarbeitung ihrer Geschichte eigens behandeln. Die Universität strebt grundsätzlich an, ihre Sammlungen im Einklang mit den geltenden Empfehlungen des Museumsbundes sowie von Bund und Land zum Umgang mit historisch belastetem Sammlungsgut zu führen.

Die hier benannten Aktivitäten, soweit sie abgeschlossen oder zu ersten belastbaren Ergebnissen gekommen sind, wurden der Öffentlichkeit vorgestellt und angemessen publiziert. Darüber hinaus steht die Abteilung Presse und Kommunikation der Universität gern für weitere Informationen zur Verfügung oder vermittelt Kontakte zu den Verantwortlichen der genannten Maßnahmen und Projekte.  

Axel Freimuth
Rektor der Universität zu Köln